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Pilze Pilze Forum Archiv 1999
Mykophagie und Mykomanie
Geschrieben von: Boris Antwort auf: Rosemarie Dähnke? (Leonie)
Datum: 19. Juli 1999, 11:46 Uhr
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: Cheers! : Vielen Dank für das Kompliment! Wer ist eigentlich Rosemarie Dähnke, ist wahrscheinlich oberpeinlich sie nicht zu kennen. Hätte mal ihren Namen in eine Suchmaschine eingeben sollen? Rosemarie Dähncke war ehemalige Leiterin des Pilzmuseums in Hornberg/Schwarzwald bis Werner Pätzold diesen Posten übernahm und Dähncke sich im Süden (Mallorca??) niederliess. Dähncke ist eine recht erfolgreiche Studio-Pilzfotographin und Pilzköchin. 200 Pilze ist ein gutes Bestimmungs- Buch für den Küchenmykologen. 800 Pilze und 1400 Pilze eher wissenschaftlich. Dabei ist zu beachten dass wer die 1400 hat die 800 nicht mehr braucht. Es mag zwar recht geschäftstüchtig sein, alte Bilder mit in neue Bücher zu übernehmen, aber ich ziehe Enzyklopädien im Stil eines Bruno Cetto (italienischer Pilzpabst, leider verstorben) vor. : Der Vorschlag ein Pilzkochbuch zu schreiben ist überlegenswert. Aber ich würde Ärger mit meiner Chefin kriegen. Was kann denn deine Chefin gegen deine Freizeitbeschäftigung haben?? : Und ich bin auch noch nicht gut genaug dafür, brauche viel mehr Erfahrung! Kenne viele gute Speisepilze nicht mal. Nur die, die hier wachsen und davon viele zu selten und was es auf dem Markt gibt! Mit den Pilzen muß man dann experementieren! So eine gewisser Perfektionismaus sollte schon sein. : Aber die Zusammenarbeit mit einem Experten, wie Dir Boris wäre schon reizvoll! Vielleicht später? Du bist ja verdammt cool drauf! Vielen Dank für die Blumen. Aber ich bin auch nur Amateur, möchte auch nicht mehr sein. Georg, z.B. hat dasselbe Wissen wie ich, in einigen Bereichen wie Toxikologie ist er besser als ich wohingegen meine Stärke die Pilzökologie ist. Ich finde es schade dass Georg die letzte Zeit ein wenig selten ins Forum postet. (Übrigens grosses Lob für die neue Button-Gestaltung auf der PilzePilze Homepage, sieht toll aus!) : Du findest also Mykophage ok? Naja, sicher nicht wenn ich den letzte Kaiserling ausrupfe, um in in den Kochtopf zu schmeißen! Da hast du ein sehr sensibles und kontroverses Thema angeschnitten und ich werde versuchen dir meinen eigenen Standpunkt zum Thema nahezubringen: Meiner Meinung liegt die Seltenheit mancher Arten nicht im Sammeln begründet. Ausnahmen bestätigen die Regel. So reagiert der Pfifferling z.B. sehr empfindlich auf das Aufreißen der Moosdecke. Das ist aber meiner meiner Meinung nach Vandalismus und hat mit Pilzsammeln nichts zu tun ausser dass es die ganze Branche in Verruf bringt! Ansonsten hat man im Feldversuch mehrfach nachgewiesen, dass das Absammeln der Fruchtkörper keine negativen Auswirkungen auf den Bestand hat, diese dienen lediglich der Verbreitung der Art, mehr nicht. Mit seltenen Pilzen wie dem Kaiserling ist das so eine Sache. Dass solche Pilze selten sind hat drei Ursachen, zwei davon sind natürlichen Ursprungs. Zum einen stellt dieser Pilz gewisse Ansprüche an den Boden. Selbst im Süden ist er nicht überall anzutreffen. Einem Gespräch mit einem Franzosen entnahm ich dass er wie Schleiereule, Schweinsohr und einige andere Speisepilze nur an bestimmten Stellen vorkommt, in diesem Fall Silikatböden mit leichtem Kalkanteil. Zum zweiten stellt der Pilz knallharte Ansprüche an die Witterung. Ich kenne einen Eichen- und Kiefernwald in dem ich im Herbst massenweise Grünlinge und Reizker sammle. Einmal habe ich dort im Sommer eine Gruppe von 10 Kaiserlingen gefunden und zwar im Juli, nach sintflutartigen Gewittern gefolgt von sengender Hitze, kurz vor der grossen Trockenheit im August. Im Mittelmeerraum tritt diese Wetterkombination recht häufig im Herbst auf, dann fängt es nämlich in diesen Breiten an zu regnen. In Deutschland hingegen können die Fruchtkörper jahrelang ausbleiben, nichtsdestotrotz kann der Pilz verbreiteter sein als man denkt und in besonders guten Jahren in Massen erscheinen. Ich selbst habe solche Jahre in denen sonst seltene Arten häufig auftreten schon oft miterlebt, z.B. beim Gelben Hexenröhrling (Boletus junquileus) vor drei oder vier Jahren. Auch der Steinpilz kann in manchen Jahren in Massen auftreten. Letzte Woche habe ich ich in besagtem Eichenwald massenweise Sommersteinpilze geerntet, auch den Schwarzen Steinpilz habe ich gefunden. Ich habe den Pilz stehenlassen, aber auch wenn ich ihn mitgenommen hätte wäre das nicht der eigentliche Grund für das Aussterben der Art gewesen. Ich komme somit direkt zum dritten Grund: Biotopzerstörung. Um zu dem besagten Wald zu gelangen ist ein Anfahrtsweg von etwa 100 km (!) nötig. In den meisten Gebieten die meiner Heimatstadt (Mannheim) nahe liegen waren Landwirtschaft & Verwaltung sehr effektiv wenn es darum ging die letzten Wälder auf gutem Boden abzuholzen. Im Raum Grünstadt z.B. gibt es im Umkreis von 50 km keinen einzigen Wald auf Kalkboden mehr, alles ist dem Weinbau zum Opfer gefallen. Lediglich zwei erbärmliche Waldstückchen beschränkter Ausdehnung sind geblieben, und hier finden sich dann auch gleich seltene Arten: Eines enthält das meines Wissens einzige Vorkommen von Leberblümchen (Hepatica nobilis) im Landkreis, und in dem anderen habe ich gleich mehrere seltene Pilzarten gefunden: Grauer Lärchenröhrling, Ringloser Butterpilz, Wurzelnder Bitterröhrling und Filziger Gelbfuss. Meiner Meinung nach ist die momentane Naturschutzpolitik und Öko-Diktatur reine Augenwischerei. Ich sehe keinen Grund warum man seltene Arten bei lokal häufigen Vorkommen nicht sammeln sollte. Hier wird vom eigenlichen Problem nur abgelenkt, höchstwahrscheinlich bewusst! Um seltene Arten zu erhalten müssen neue Biotope geschaffen werden, extreme Biotope mit ungewöhnlichen Standortbedingungen. Aber genau solche Bestrebungen werden vom rechten Flügel des Naturschutzes torpediert. Ob ihrs glaubt oder nicht, vor einigen Jahren hatte ich die schönsten und seltensten Orchideen im Garten, mit denen ich zur Arterhaltung beitragen wollte. Stattdessen bin ich von den Offiziellen beleidigt und angegriffen worden, bis ich in Frust meine Sammlung auflöste. Hier wird ein Mythos von der Nichtkultivierbarkeit der Erdorchideen bewusst aufrechterhalten um einige durchaus profane persönliche Interessen zu schützen. Ich werde in den nächsten Wochen eine politische Webseite eröffnen in denen ich die volle Story erzählen und auf einige Ausschreitungen im sog. Naturschutz hinweisen werde. So produziert ein bekannter Orchideenzüchter aus Hessen nach mehreren Zusammenstössen mit den Fanatikern im Naturschutz nur noch Hybriden, die in der Natur nicht vorkommen können, und zwar völlig legal. Verdenken kann man ihm´s nicht. Food for thought, Boris "Das kannst du laut sagen. Und ausbaden müssen es immer die Leute die die praktische Arbeit machen." Douglas Adams, "Die Letzten Ihrer Art"
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