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Pilze Pilze Forum Archiv 1999

Re: Die Dosis macht's ?

Geschrieben von: Cadmium
Datum: 27. Juli 1999, 15:12 Uhr

Antwort auf: Re: Die Dosis macht's ? (MUFTI)

Hi, Mufti

: : "Allein die Dosis macht dass ein Gift kein Gift ist." Paracelsus
: Ist diese Einstellung nicht ein bisschen veraltet ?
: Beim kahlen Krempling scheint diese Philosophie
: nicht besonders gut zu funktionieren...

Eigentlich schon. EINE Kremplingsmahlzeit zum Beispiel ist per Definition der Vergiftung unbedenklich. 8-)
Ich gebe zu, was Paracelsus nicht erwähnt ist der kumulative Effekt mancher Gifte. Gyromitrin zum Beispiel wird von der Leber nur langsam abgebaut, daher kommt es bei Frühjahrslorcheln gern zu Vergiftungen wenn im Abstand von einigen Tagen mehrmals Lorcheln gegessen wurden.
Noch problematischer sind die körpereigenen Antikörper bei der Paxillus-Reaktion die jahrelang aktiv bleiben können. Ich überlege gerade ob man den Nachweis derselben im Stil einer Blutgruppen-Kreuzreaktion führen könnte??

Aber generell liegt Paracelsus gar nicht so schlecht. Diesen Effekt macht sich ja z.B. die Homöopathie zunutze die mit Giften in Mikroverdünnung versucht das körpereigene Immunsystem zu stärken.
: Ausserdem hab ich mal von einem Hausmittelchen
: gehoert, das nuetzlich als "harntreibend" gilt.
: Dummerweise produziert es den Harn, indem
: es auf mikroskopischer Ebene Teile der Niere
: zerstoert.

Würde mich interessieren was das ist. Ein Hausmittel welches ich kenne ist der Wacholder (Juniperus communis) dessen Beeren nachweislich nierengiftig sind und in größeren Mengen genossen Komplikationen verursachen können. Nichtsdestotrotz gibt es eine sehr populäre Kur, bei der man mit einer Beere startet und an jedem Tag die Dosis erhöht bis man auf einem Limit von 20 Beeren pro Tag angelangt ist, danach wird die Dosis wieder gesenkt.
Manchmal ist der menschliche Körper verblüffend anpassungsfähig gegen Gifte wenn man die Dosis langsam genug erhöht. Gute(!) indische Schlangenbeschwörer injizieren sich selbst Kobragift in wachsenden Dosen und machen sich so selbst gegen ihre Lieblinge immun. Schlechte Schlangenbeschwörer ziehen es allerdings vor den Tieren lieber die Giftzähne rauszubrechen... 8-(

: Andererseits nimmt man an, dass diverse
: Giftstoffe beim Rauchen und Saufen auch
: auftreten....

Das kannst du laut sagen.

: Und dann gibt es ja noch die Gifte, die sich
: im Koerper anreichern.
: Dazu passt auch die Meinung in meinem neuen
: Pilzbuch, dass man bei regelmaessigen
: Parasol-Mahlzeiten sehr vorsichtig sein soll,
: weil die Pilze selber dazu neigen
: Cadmium anzureichern 8-(

Oops. Gerade beim Parasol habe ich eigentlich noch nichts spektakuläres über Schwermetallfunde gehört. Meines Wissens sind es vor allem folgende Pilze: Marone (Xerocomus badius), Reifpilz (Rozites caperata) und Lacktrichterling (Laccaria spec.) die stark sammeln, speziell bei Cadmium kommen auch noch die gilbenden Anischampignons (Schaf-, Dünnfleischiger- und Schiefknolliger-) dazu.

Ich habe hier einen Text über Cadmium in Pilzen von Rosemarie Dähncke. Ich weiss du magst sie nicht besonders, aber der Pilz-Kompass ist auch das absolute Minimumsbuch. "200 Pilze" ist besser und enthält auch ein schönes Bild vom Gifthäubling!

Ich mag Dähncke sehr wegen der guten Aufnahmen, aber auch weil sie versucht Ängste abzubauen anstatt zu schüren, weil sie die Meinung vertritt dass Pilze für alle da sind, nicht nur für gewisse Leute die meinen die Mykologie sei nur für sie selbst da und die Pilze noch mit dem Elektronenmikroskop traktieren um ein paar Arten mehr herauszubekommen und sich den Entdeckerruhm aufs Banner zu schreiben. Kurzum, ich liebe Dähncke trotzdem oder gerade weil sie so herrlich kontrovers ist! ;-)

Viel Spaß beim Lesen, euer "Lumper", "Mykophage" und "Klugscheisser" Boris!

Cadmiumgehalt in Pilzen

Cadmium war auch schon vor hundert Jahren in Pilzen enthalten. Das beweisen die Trockenpilze (Exsikate), die als Belege in Universitätsherbarien usw. liegen. Man wusste es nur nicht und ass so viele Pilze wie man fand oder Lust hatte. Und es wurden früher viel mehr Pilze gegessen. Von Cadmiumschäden allerdings hat man nie etwas gehört. Nun haben aber die Umweltbelastungen so zugenommen und die modernen Untersuchungsmethoden sich so verbessert, dass man des Essens nicht mehr froh wird. In fast allen getesteten Lebensmitteln sind Schwermetalle und eben auch Cadmium enthalten: Die teure Kalbsleber, Nierchen und auch Gemüsearten sind damit gesättigt, die gesunde Petersilie damit verseucht, kurzum, in allen gebräuchlichen Lebensmitteln kann man Spuren davon finden. Warum sollte man dann gerade auf die wohlschmeckenden Pilze verzichten? Sie enthalten nachweislich weniger Cadmium als die vorgenannten Nahrungsmittel. Lediglich die gilbenden Champignons, als bekanntester der Schaf- oder Anis-Champignon, enthalten mehr Cadmium als die übrigen Pilze. Die dafür zuständigen Wissenschaftler haben errechnet, dass bei Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors und Anrechnung der übrigen cadmiumhaltigen Nahrungsmittel noch immer 250 g von dieser Pilzart pro Woche gegessen werden könnten, ohne dass das Mindestmass an Cadmium im Körper erreicht wird, das zu Störungen führen könnte. Aber das ganze Jahr über, versteht sich, das sind 13 kg allein vom Schafchampignon. Die übrigen Pilze sind harmloser als Gemüse und können in beliebiger Menge verzehrt werden. Lassen Sie sich also keine Angst mehr machen, und geniessen Sie Ihre Pilze gerade wegen des so geringen Cadmiumgehaltes.

Rose-Marie Dähncke, "200 Pilze"



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Re: Die Dosis macht's ? -- Cadmium -- 27. Juli 1999, 15:12 Uhr
Cadmium -- Boris -- 27. Juli 1999, 15:17 Uhr
Re: Die Dosis macht's ? -- MUFTI -- 27. Juli 1999, 20:27 Uhr
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Re: Delikate Reizker - nicht so leckere Reizker -- Leonie -- 24. Juli 1999, 00:25 Uhr

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