Mittlerweile hatte ich einen kurzen Briefwechsel mit Felix Kerl und habe klargemacht bekommen dass die "Rechtschreibpruefung" von seiner Seite durchaus nicht so schulmeisterisch gemeint war wie ich sie empfunden habe. Ich bin durchaus faehig meine Fehler einzugestehen und moechte mich fuer meine etwas ruede Antwort oeffentlich entschuldigen. Wenn man die herablassende Art in einigen Computer-Foren mehrmals miterlebt hat und mitkriegt wie die Alteingesessenen die Neulinge beim kleinsten Fehler abkanzeln ist man manchmal ein wenig voreingenommen. Generell empfehle ich Fehler weder zu ignorieren noch belehrend darauf aufmerksam zu machen, einfach in den eigenen Postings die richtige Bezeichnung verwenden und damit hat's sich. Ich sehe das Forum mehr als einen Ort zur Beantwortung von Fragen und nicht als einen Pilz-Duden mit Anspruechen auf hundertprozentige sprachliche Korrektheit.
Zum Beispiel habe ich hier mindestens fuenf verschiedene Schreibweisen fuer "Psilocybin" gelesen und ich bin trotzdem sicher dass jeder Pilz-Crack weiss was gemeint ist. Zu viel Buchstabenklauberei bremst nur die Diskussion und ist kontraproduktiv.
Ein anderes Thema was mich immer extrem reizbar macht ist die extreme Buerokratie bei der wissenschaftlichen Namensgebung. Ich hatte einmal eine laengere Diskussion mit einem offiziellen Pilz-kartierer der noch bemaengelte dass ich gelegentlich den Artnamen gross schreibe; eine sehr "klein"liche Einstellung in meinen Augen. Ich sehe botanische Namen in erster Linie als Richtlinie um die Arten eindeutig zu benennen und Vergiftungen zu verhindern. Aber in einer Zeit in der Pilze haeufiger umbenannt werden als manche Pilzprofessoren ihre Hemden wechseln, in einem Lee(h)rsystem in dem man Entdeckerruhm nicht bekommt in dem man Arten entdeckt sondern indem man rausfindet dass jemand anders die Art zwei Jahre frueher entdeckt hat und dann mit kaltbluetiger Arroganz alle etablierten Begriffe in der Literatur umschmeisst und die Verwirrung nur vergroessert anstatt sie zu verringern, in so einem System haben solch naive Ueberlegungen keinen Platz.
Was bitte ist der Sinn wenn ploetzlich Boletus luridis zu Boletus erythropus gemacht mird und Boletus erythropus zu Boletus luridiformis? Ich kann angehende Pilzbuchautoren nur dringend empfehlen etablierte Artnamen zu verwenden, dieser Umbenennungswahn hat naemlich kein Ende solange noch Geld und Ruhm darin steckt.
Auf der anderen Seite hat die Buerokratie in der Nomenklatur auch eine eigene Unlogik. Waehrend wir hier ueber die Geniessbarkeit von Butterpilzen diskutieren heisst einer der gefaehrlichsten Pilze ueberhaupt mit dem botanischen Namen immer noch "essbar". Die Rede ist von der Fruehjahrslorchel (Gyromitra esculenta), einem Pilz der gefaehrlicher ist als Fliegen- und Pantherpilz zusammen. Viele Autoren bezeichen sie als den zweitgiftigsten Pilz und haben schon versucht die Art in G. vernalis umzunennen aber solche Bestrebungen sind immer im Sumpf der buerokratischen Sturheit untergegangen.
Diese zwei Beispiele zeigen nur zu deutlich dass die offizielle Nomenklatur nicht fuer das Volk gedacht ist, sie ist weder geeignet um Arten eindeutig zu bezeichnen noch um den Pilzsammler vor Vergiftungen zu schuetzen. Vielmehr ist sie ein buerokratischer Apparat geworden ohne Sinn und Zweck. So etwas macht mich immer ausgesprochen reizbar, daher bitte ich nochmals um Entschuldigung wenn ich auf manche Dinge etwas ueberreagiere. Ich habe schon bei meinen Exkursionen Foerster und Schafhirten mit beachtlichen pflanzensoziologischem Wissen kennengelernt, aber da diese Leute nur die landlaeufigen Pflanzennamen kennen, zaehlt ihre Meinung ohnehin nicht!
Schoene Gruesse, Boris
"Wir wollen mal ganz ehrlich sein. Wenn wir etwas finden was wir nicht verstehen geben wir ihm gern einen Namen den ihr nicht verstehen oder auch nur aussprechen koennt. Ich meine wenn wir euch einfach in der Gegend rumlaufen und ihn einen Regengott nennen lassen, dann legte das die Vermutung nahe dass ihr etwas wisst was wir nicht wissen und das koennten wir leider nicht zulassen. Nein, erst muessen wir ihm eine Bezeichnung geben, die zeigt dass er uns und nicht euch gehoert, dann machen wir uns an die Suche nach irgendeiner Moeglichkeit zu beweisen, dass er nicht das ist was ihr gesagt habt, sondern etwas wovon wir behaupten, er ist es."
Douglas Adams, "Per Anhalter durch die Galaxis", Buch IV