: : Im neuen Tintling ist ein Ergebnis zur woechentlichen Umfrage zu lesen.
: : Es ist erschreckend eindeutig (so perfekte Ergebnisse sieht man als Wissenschaftler selten),
: : wie das Pilzwachstum scheinbar von der Mondphase abhaengt.
: : Das Diagramm beschreibt eine wunderbare Sinuskurve aehnlich einem Biorhythmus.
: : Die biologische Guete scheint extrem fragwuerdig.
: : Wie kann sich ein Pilz evolutiv durchsetzen, wenn er davon abhaengig ist, dass der Mond am Myzel zerrt und zur Fruktifikation treibt.
: : Es regnet wie noch nie, der Pilzkoerper wird faulen oder der Mond zwingt den bedauernswerten Fruchkoerper in eine feindliche Wueste.
: : Es scheint nur dann sinnmachend, wenn die Fruktifikation ein biologischer Luxus ist, der fuer die Verbreitung einer Pilzart bedeutungslos ist. Dies waere dann wirklich interessant.
: : Wie ist Eure Meinung dazu, Johannes
: Hallo Joachim,
: Die Ergebnisse im Tintling sind wirklich sehr eindeutig.
: Aber woher kennt der Pilz die Mondphase?
: Als Laie könnte ich mir da eine Möglichkeit vorstellen: Bei Baumpilzen, die sich vollständig senkrecht ausrichten, könnten vielleicht die Gezeiten sich auswirken, zumindest haben solche geotrope Pilze ein "Schwerkraftmeßsystem".
: Aber wie siehts bei allen Anderen aus? Am Licht wirds nicht liegen, dazu ist der Einfluß der Bewölkung zu groß (siehe auch die Lichtverschmutzung in Ballungsräumen).
: Kann am Ende der Mykorrhizapartner Baum einen mondphasenabhängigen Stoffwechsel haben? Wie groß ist denn die Masse des Saftstromes in so einem durchschnittlichen Exemplar? Da kommt doch bestimmt ein sattes Gewicht zustande, vielleicht spricht dieses auf die Gezeitenkräfte an? Dann würde aber bei Frost und Winterpilzen keine Abhängigkeit der Mondphase herrschen.
: Was meint Ihr dazu?
: Tom
Moin zusammen!
Der Mond beeinflusst das Pilzwachstum nicht.
Tom hat hier ein paar Fragen aufgeworfen, die ich versuchen möchte, zu beantworten.
Die Gezeitenkräfte lösen zwar Ebbe und Flut in den großen Ozeanen aus, sind aber in Wirklichkeit extrem schwach (der Einfluss der Schwerkraft nimmt mit dem Quadrat der Entfernung vom schwerkraftausübenden Objekt ab). Ebbe und Flut gibt es nur in den großen Ozeanen. Mittelmeer, Schwarzes Meer, Ostsee oder Kaspisches Meer sind, obwohl sie eine gigantische Wassermasse haben, ohne Gezeiten. Also üben die Gezeitenkräfte auch keinen Einfluss auf die paar hundert Liter Baumsaft aus.
Pilzwachstum und Ausbildung der Fruchtkörper sind klar definiert über Tageslichtlänge, Bodenfeuchtigkeit und Temperatur.
Alle drei Faktoren beeinflussen sich gegenseitig: Stimmt die Tageslichtlänge aber die Temperatur stimmt nicht, wird der Pilz keine Fruchtkörper schieben. Stimmt die Temperatur aber der Tag ist zu lang oder zu kurz – kein Wachstum. Stimmen Temp. und Licht, aber es ist zu trocken – kein Wachstum!
Ich kenne die Kurve aus dem Tintling nicht, kann aber eine Vermutung aussprechen, warum Pilzwachstum und Mondphase zusammengedröselt werden:
In aller Regel ist es so, dass mit dem Wechsel der Mondphasen auch ein Wetterwechsel einhergeht. Ist das Wetter z. B. vor Vollmond schlecht, wird es nach Vollmond besser und umgekehrt. Das ist nun nicht buchstabengenau zu nehmen – hier gibt’s mehr Ausnahmen als Regeln – aber im Großen und Ganzen haut’s hin. Wenn nun jemand sich die Mühe macht und Mondphasen sowie Pilzwachstum versucht zu korrelieren, kann so eine Art Biorhythmuskurve dabei rauskommen. Um die aber rauszufiltern, bedarf es eines gigantischen Datenmaterials und aufwendiger statistischer Rechnerei. Mit den üblichen Formeln, die solche Kurven beschreiben, ist das nicht zu machen – wiewohl ich Bio- und sonstigen Rhythmuskurven, mit denen biologische Systeme beschrieben werden, mit Skepsis gegenüberstehe. Zwar gibt es diese Rhythmen in der Natur, doch so schön sinusförmig verlaufen sie nie!
Also: kein Mondeinfluss auf Pilzwachstum!
Gruß
Thomas