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Pilze Pilze Forum Archiv 2001

Re: Frage zu gallertigen Pilzen

Geschrieben von: Christoph Hahn
Datum: 2. April 2001, 21:49 Uhr

Antwort auf: Frage zu gallertigen Pilzen (DieterB)

: Hallo,

: auf meinem heutigen Spaziergang waren wiederholt auf Fichtenästen/-stämmen am
: Boden glänzende, gallertige, lappig-klumpige dunkelbraune Pilze zu sehen,
: die oft meterweise den Ast/Stamm überzogen. Es würde mich interessieren,
: wie die ihre Sporen verbreiten, denn auf der feucht-klebrigen Oberfläche
: verbreitet der Wind vermutlich keine. Sind die Sporen da überhaupt auf der
: Oberfläche oder vielleicht gar im Inneren und warten, daß der Pilz
: vertrocknet und zerfällt? Bin auf Euere Antwort gespannt.

: Grüße
: Dieter

Servus Dieter,

eine gute Frage! Die Basidien sind in der Lage, die Sporen ein klein wenig abzuschleudern. Hierbei sind sie lange nicht so effektiv wie die Schlauchpilze (drum zeigen Becherlinge gerne nach oben, weil sie die Sporen sehr weit schleudern können). Daher ist es eigentlich sehr ungünstig, wenn die Fruchtkörper nach oben zeigen.
Jetzt zu den "etwas primitiven" Gallertpilzen. Die Gallerte hat zunächst einen ganz einfachen Effekt, der so nützlich ist, dass dies auch von manchen Schlauchpilzen erfunden wurde: Wenn es regnet, saugt die eingetrocknete, gelartige Matrix das Wasser in windeseile auf und der Fruchtkörper kann aufquellen. Wird das Wetter aber trocken, so gibt das Gel nur sehr langsam das Wasser wieder ab. So kann der Pilzfruchtkörper sehr lange Wasser speichern, gibt es nur langsam ab, kann aber sehr schnall neues aufnehmen. Sehr prktisch also...

Für das Ausschleudern der Sporen brauchen Basidiomyceten Wasser. Zwischen Spore und Sterigmum befindet sich ein kleiner Wassertropfen (drum gibt es häufig eine "suprahilare Depression", z. B. bei Röhrlingen, wo sich der Tropfen anschmiegt, oder ähnliche Strukturen (Plage etc.). Dieser verdunstet in kurzer Zeit, da er ja winzig ist. Hierbei biegt sich die Spore, an der ja auch der Tropfen hängt, durch die Adhäsion des Wassers in Richtung Sterigmum um. Exakt dort, wo die Spore am Sterigmum ansitzt, entsteht dadurch eine Spannung. Irgendwann ist sie so gross, dass der Wassertropfen dem Druck nicht mehr standhalten kann, die Spore wird durch die Spannung, die freigesetzt wird, weggeschleudert (nennt man Ballistospore). Da die Spore sehr leicht ist, reicht der kleinste Windhauch, um sie davonzutragen.
Also kann nur der feuchte, aufgequollene Pilz Sporen abwerfen. Die Sterigmen (bzw. hier die Epibasidien) sind bei den Gallertpilzen nun so lang, dass sie aus dem Schleim herausragen. Die Sporen kleben also nicht fest, im Gegenteil.Sie sind nicht nur an der Oberfläche, sonder kurz darüber!!!

Da der "gemeine" Gallertpilz aber nicht gerade ausgeklügelte Fruchtkörper mit nach unten hängenden Lamellen, Röhren oder Stacheln bildet (Ausnahmen gibts aber auch hier - Pseudohydnum sei genannt), muss er sich damit begnügen, dass genug Sporen vom Wind weggetragen werden, dass genügend Hymenium an den Seiten irgendwie nach unten zeigt etc.
Zudem gibt es eine "kleine Rückversicherung": Die Sporen können, wenn sie ungünstig landen, so z. B. auf dem eigenen Fruchtkörper, selber ein Sterigmum ausbilden, an dessen Spitze eine zweite Spore keimt, die "Sekundärspore". Auch diese wird abgeschleudert und hoffentlich dann vom Wind weggetragen...

Dass es viele nicht schaffen, sieht man manchmal bei reifen Exidien am weisslichen Schimmer auf dem Fruchtkörper.
Sporenabdrücke kann man übrigens auch von Gallertpilzen erhalten, aber nur feucht! Da die Fruchtkörper dank des Gallertgels lange aushalten, auch völlig eintrocknen können, wieder quellen usw., müssen sie nicht in extrem kurzer Zeit so viele Sporen abwerfen, wie z. B. ne kleine Psathyrella, aber es geht meist sehr gut mit Abdrücken. Wer das mal macht, sieht, dass nicht jeder Gallertpilz weisses Sporenpulver hat...

Mit besten Grüßen,
Christoph Hahn

Beiträge in diesem Thread

Frage zu gallertigen Pilzen -- DieterB -- 31. März 2001, 20:53 Uhr
Re: Frage zu gallertigen Pilzen -- Huperzia -- 31. März 2001, 22:39 Uhr
Re: Frage zu gallertigen Pilzen -- Christoph Hahn -- 2. April 2001, 21:49 Uhr
Danke, Christoph ! *oT* -- DieterB -- 3. April 2001, 17:50 Uhr

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