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Pilze Pilze Forum Archiv 2001
Re: Wenig Pilze und viele Unsitten im Wald
Geschrieben von: Christoph Antwort auf: Re: Wenig Pilze und viele Unsitten im Wald (Mine-O)
Datum: 19. Juli 2001, 23:51 Uhr
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Hallo zusammen, hallo Meino dass mit der Artenvielfalt im Naturwald ist nicht immer gesagt. Zum Teil sind naturnahe (!), aber bewirtschaftete Wälder was Großpilze angeht artenreicher als urwaldartige Bestände, zumindest, was die Anzahl Arten pro Fläche angeht (Bodenbewohner). Der Grund dafür ist nicht ganz klar. Aber nur so viel: die beiden beherrschenden Gesellschaften bei uns wären von Natur aus das Luzulo-Fagetum (saurer Buchenwald, u. a. durch Hainsimse gekennzeichnet) und das Galio-odorati-Fagetum (Waldmeisterbuchenwald, auf neutralen Böden). Dann kommt noch auf den wenigen reinen Kalkböden auch noch der Kalkbuchenwald dazu (z. B. Hordelymo-Fagetum). Die beiden ersten sind aber, was die Pflanzen angeht mit die artenärmsten Gesellschaften überhaupt. Wenige Arten werden dominant. Stört man immer wieder ein wenig, so gibt es immer neue Nischen, die wieder neu besetzt werden. Daher erhöht sich hier die Artenzahl vermutlich. Die große "natürliche" Artenvielfalt findet man meist nur auf Sonderstandorten (wieder in Bezug auf Gefäßpflanzen). Die obigen Gesellschaften bedecken wohl von Natur aus 95% Deutschlands. Im übrigen sehen "Urwälder" eines Luzulo-Fagetums auch aus wie Monokulturen: Hochwaldcharakter, wenn älter, kaum Pflanzenbewuchs, dafür viele tote, alte liegende Baumstämme. Das aber nur nebenbei. So richtig schöne "Mischwälder" waren auch eher (flächenmäßig) die Ausnahme. Sogar die meisten Flechten-Kiefern-Wälder waren früher Luzulo-Fageten. Was die Großpilze angeht, so scheint es auch so zu sein, dass kontinuierliche, leichte Störungen Artenvielfalt erhöhen können. Ich spreche hier nicht von Monokulturen wie Fichtenforste, sondern vom naturnahen Forst. Ich arbeite momentan in Dornfarn-Buchen-Tannenwäldern. Hier scheint es so zu sien. Beim Umbau von Monokulturen in naturnähere Gesellschaften (z. B. vom wiederum sehr artenreichen Flechten-Kiefern-Wald, z. B. in Brandenburg z. B. in Buchenwälder oder Eichen-Buchenwälder) scheinen aber zunächst allgemein die Artenzehlen zu sinken (Gefäßpflanzen), um dann wieder etwas anzusteigen. Der künstliche Flechtenkiefernwald bleibt aber deutlich artenreicher (ich sage nicht "besser"!!!). Es ist also sehr schwierig, hier zu argumentieren.
Fazit: Große Flächen Deutschlands sind eher artenarm gewesen (in Bezug auf Gefäßpflanzen und Boden-Großpilze, Holzpilze ausgenommen, diese besonders artenreich). Der "Urwald" sieht nicht aus wie ein Urwald, den wir uns vorstellen, bis auf's Totholz. Unsere Urwälder sind nur noch auf Sonderstandorten übrig, nämlich dort, wo der Mensch nicht holzen konnte (Fläche im Promille-Bereich, steile Berghänge, unzugängliche Gegenden etc.), daher sind wir hier auf Sonderflächen, die eben sehr "wild" aussehen, z. B. im Bayerischen Wald.
Dass Totholz im Wald bleibt, finde ich daher für unbedingt notwendig. Der Lebensraum für unsere heimischen Pilze (darunter eben auch "Cortis", Porlinge, Schlauchpilze etc.) ist doch sicher wichtiger, als ein ungestörter Spaziergang durch den guten deutschen aufgeräumten Wald, den wir früher mal hatten. So ein Wald ohne Brombeeren im Unterwuchs und ohne häßliche Äste, da wo auch der letzte
Ich weiß, dass manches etwas provozierend formuliert ist, aber vielleicht entsteht so eine weitere rege Diskussion. Insofern sage ich: Das Überleben der heimischen Pilzflora ist mir wichtiger als ein mühelos gefüllter Pfifferlings- oder Steinpilzkorb! In diesem Sinne: Macht weiter so, für einen "chaotischen" Wald, und gegen aufgeräumte Forste, egal ob im Westen oder ehemals kommunistischen Osten. Früher war eben nicht alles besser... ;=) ciao, Christoph P.S. Müll hat im Wald natürlich gar nichts zu suchen..., Holz und Streu schon : Hallo, Marcus. : Ich habe mich über Deinen Beitrag gefreut. Ich hatte mir ähnliche Gedanken
: Gruß Meino
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