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Pilze Pilze Forum Archiv 2002

Re: Chemische Reaktionen

Geschrieben von: spinne
Datum: 19. August 2002, 13:01 Uhr

Antwort auf: Chemische Reaktionen (Thomas Pruß)

hallo,
zu den chemischen reagentien hier einen Auszug aus

Kleine Kryptogamenflora, Bd.IIb/2 Moser: Die Röhrlinge und Blätterpilze, Jena, 1978:

Makrochemische Reaktionen und Reagentien dafür:

In vielen Fällen vermag heute auch dem Amateur, der sich kein Mikro-
skop leisten kann, das Arbeiten mit einigen Reagentien weiterzuhelfen. Für
wenig Geld sind die meisten in Drogerien oder Apotheken zu bekommen,
und es beschwert bestimmt keinen Rucksack, wenn man fünf oder sechs
kleine 5 ml-Fläschchen mitführt. Zur Untersuchung bringt man einen klei-
nen Tropfen, je nachdem wie angegeben, auf die Huthaut, die frische
Schnittfläche oder die Stieloberfläche (bisw. auch Lamellen). Man ver-
wende dabei möglichst frische Stücke, vor allem aber keine zu alten oder
vom Regen stark durchnäßten Fruchtkörper. Wer sich nur ein wenig in
diese Methode einarbeitet, wird auch als Amateur damit Freude haben,
auch ohne viel Ahnung von den sich dabei abspielenden chemischen Vor-
gängen zu haben. Die dafür wichtigsten Reagentien sind:

Langen:

KOH und NaOH 30-40 %ige wässrige Lösungen. Für manche Reaktio-
nen besser nur 20 %ige Lösung (z. B. bei vielen Cortinarien).
Ammoniak: ca. 25 % (handelsüblich). Für manche Reaktionen genügt
der Dampf aus dem Fläschchen, (z. B. bei Dermocyben, Cort. elegantior
in der Stielbasis).

Säuren:

Salzsäure (HCI) handelsüblich (ca. 36-38 %).
Salpetersäure (HNO,) handelsüblich, ca. 65 %
Schwefelsäure (H,SO,) 60-70 % 13 ml Wasser + 4 ml konz. H,SO, -
Wasser zuerst vorgeben (!)]
Gelb, grünlich oder bräunlich verfärbte Säuren durch frische ersetzen!

Salzlösungen:

Eisensulfat (-Vitriol) (FeSO„): l g Kristalle in 10 ml H,O lösen, dazu ei-
nige Tropfen konz. H,SO.(. Luftempfindlich, verfärbte Lösungen nicht
mehr verwenden !—Ev. kann man auch ungelöste Kristalle für die Reak-
tion verwenden. Schnittfläche des Pilzes damit bestreichen.
Silbernitrat: (AgNOi): l g in 10 ml Wasser lösen. Lichtempfindlich!

Sonstige Reagentien:

Anilin: rein (oder als Anilinwasser, eine mit Anilin gesättigte, wäßrige
Lösung): z. B. für Schäfferreaktion: auf der Huthaut von Egerlingen
(Agaricus) wird eine Linie mit Anilin, kreuzweise darüber eine solche
mit Salpetersäure gezogen. Wenn positiv, wird die Kreuzungsstelle
feuerorange. (Licht- und luftempfindlich! Giftig!)
Benzidin: l %ige alkoholische Lösung. (Krebserregend!)
Formol (F): (Formalin, Formaldehyd), 35-110 %ige, handelsübliche Lö-
sung.
Guaiak-Tinktur (G): l Teil Guaiak-Harz in 5 Teilen 60-70 %igem Al-
kohol lösen. Jährlich frisch ansetzen! Blaue Oxidationsreaktion bei mei-
sten Arten. Daher negative Reaktion systematisch interessant.
Lugol- Lösung: l Teil Jod, 2 Teile Jodkali in 150 (od. 300) Teilen Wasser
lösen.
Melzer-Reagens: 0,5 g Jod, 1,5 g Jodkali. 20 ml Wasser. 20 ml Chloralhy-
drat. (Chloralhydrat am besten erst vor Gebrauch zusetzen). (Anwen-
dung siehe unter «amyloid», «dextrinoid» (S. 6)
a-Naphtol: 0,1 g in 2 ml Alkohol lösen. Oxidationsreaktion. Fehlen der
Reaktion systematisch bedeutsamer.
Phenol: 2-3 %ige wäßrige Lösung. (Vor Licht schützen! Ätzend!)
Sulfoformol: (SF): Formol (ca. 40 %ig) und H,SO, (60-70 %) im Ver-
hältnis l: l mischen.

Reagentien für mikroskopische Untersuchung:

Ammoniaklösung 2 %ig
Anthracengrün: 0,5 g in 100 ml 2,5 %iger Ammoniaklösung gelöst.
Baumwollblau (= Anilinblau, Methylblau, Chinablau, Wasserblau, Tin-
tenblau) Colour Index Nr. 42755:
a) 0,05 g Baumwollblau in 30 g Milchsäure gelöst; vor Gebrauch 24
Stunden stehen lassen, dann filtrieren.
b) 0,1 g in 100 ml H,O gelöst
Brillantkresylblau (= Kresylblau).
a) wäßrige, gesättigte Lösung. Weniger haltbar.
b) nach Clemencon: 0,2-0.5 g Kresylblau Ciba, 0,5 ml Invadin IFC, 17
ml Glycerin puriss., 27 ml Äthylalkohol 96 %. 55,5 ml destilliertes
Wasser. Nach einem Tag filtrieren. Lange haltbar.
Chloralhydratlösung: 20 g Chloralhydrat in 10 ml dest. Wasser.
Chlorawlschwan E (= Direkttiefschwarz EW): gelöst in L 4 (siehe dieses)
(Krebserregend!).
Essigsäure: 50 %ig.
Erythrosin: 0,5 %ige Lösung in 10 %igem Ammoniak.
FB, Fixier- und Beiztösung (zur Untersuchung siderophiler Granulation
nach Clemen(on):
5 ml Ferrichlorid krist. 10 % in 50 %iger Essigsäure
5 ml Kupferacetat krist. 10 % in dest. Wasser
5 ml Thoriumnitrat krist. l %ig in 50 %iger Essigsäure
5 ml Zirkonylchlorid krist., l % in 50 %iger Essigsäure
5 ml Pikrinsäure, gesättigte Lösung in Wasser
5 ml Ponnaldehyd, gesättigte Lösung in Wasser
l ml Bleiacetat krist, l % in 50 %iger Essigsäure.
(Lösung sehr giftig!)
Giernsa: handelsfertige Mischung.
Karminessigsäure (KES): gesättigte Lösung von Karmin in 50 %iger Essig-
säure.
KOH wird 2 %ig, 3 %ig oder 5 %ig verwendet.
Kresylblau: siehe Brillantkresylblau.
Kongorot: wäßrige Lösung des Farbstoffes.
L 4: (Untersuchungsflüssigkeit nach Clemen(on, für Frisch- und Trocken-
pilze geeignet).
0.72 g KOH p. a. 0,76 NaCI krist. p. a.
16 ml (20 g) Glycerin, 0,5 ml Invadin IFC (Ciba-Geigy)
konz., puriss.
84 ml destilliertes Wasser.
Variierbar durch Zusatz von Färbemitteln in 0,5—1 %, nach l Tag filtrie-
ren:
L4 C l % Chlorazolschwarz (siehe dieses)
L4 T l % Trypanblau (siehe dieses)
(alle von Fa. Chroma, Stuttgart-Untertürkheim)
Melzer-Reagens (siehe unter Reagentien f. makroskopische Reaktionen).
Methylblau (siehe Baumwollblau).
Methylenblau: 2 g in 100 ml 70 %igem Alkohol lösen. (Haltbare Stammlö-
sung). Gebrauchslösung: 30 ml der Stammlösung mit 100 ml destillier-
tem Wasser verdünnen und mit l ml l %iger KOH-Lösung versetzen.
(Lange haltbar, von Zeit zu Zeit filtrieren!)
Phtaxin B:
a) l %ige Lösung in Ammoniak
b) l %ige wäßrige Lösung (bei Herbarmaterial, nachdem dieses mit
3 %iger KOH gequollen wurde).
Pikroformol: (Fixierflüssigkeit).
a) nach Bouin: 15 ml konz. wäßrige Pikrinsäurelösung, 10 ml Pormol
(ca. 40 %), l ml konz. Eisessig (Essigsäure)
b) nach Holland: 100 ml Wasser, darin kalt 2,5 g Kupferacetat lösen.
dann 4 g Pikrinsäure langsam unter Rühren zusetzen, dann 10 ml
Formol (40 %ig) und 1,5 ml Hisessig zusetzen.
Sudan III: 0,1 %ige Lösung in Milchsäure oder gesättigte alkoholische Lö-
sung (oder in Chloralhydrat/Wasser l: l),
Sulfobenzaldehyd (SBA): 1,5 ml destill. Wasser, 5 ml konz. H,SO„ 4 ml
Benzaldehyd.
Sulfovanillin: 8 ml konz. Schwefelsäure zu 3 ml Wasser gießen (nicht um-
gekehrt wegen Erhitzung und Spritzgefahr) und darin l g reines Vanillin
lösen. Nur beschränkt haltbar, daher am besten jährlich frisch ansetzen.
Bei Herbarmaterial besser Lösung von Vanillin in konz. Salzsäure ver-
wenden (Chlorovanillin), da Schwefelsäure zu zu starker Schwärzung
führen kann.
Toluidinblau 0: 0,25-0.5 %ige wäßrige Lösung
Trypanblau (nach Clemenfon, modifiziert nach Mathein)'.
80 g H,O 0, l g Phenol krist.
0,8 g KOH p. a. 0,5 g Trypanblau Chroma
0,8 g NaCI 20 g Glycerin
0,5 g Invadin IFC konz.
in angegebener Reihenfolge mischen und 2 Stunden rühren. (Krebserre-
gend!)

Anwendungsbereiche:

Sporen: a) Wände: l. amyloide. Färbung mit Melzerreagens, vor Gebrauch
am Objektträger l Tropfen Reagens und l Tropfen Chloralhydratlösung
mischen, nach einigen Minuten Einwirkung absaugen und evtl. l Trop-
fen konz. Salzsäure 'zusetzen. Färbung graublau bis schwarzviolett. 2.
dextrinoide: Behandlung wie amyloide, Färbung braun bis weinrot. 3.
cyanophile: Sporen in Baumwollblaulösung (Rezept a) bringen, bei kal-
ter Behandlung einige Stunden bis Tage einwirken lassen. Beschleuni-
gung durch Aufkochen während einiger Sekunden. Die Unterscheidung
von gefärbtem Plasma und gefärbter Wand macht dem Ungeübten oft
Schwierigkeit. 4. Färbung schwer sichtbarer Wände bei farblosen Spo-
ren: Baumwollblau (Rezept a oder b), Methylenblau. 5. metachromati-
sche Wände: Brillantkresylblau
b) Ornamentationen: L amyloide: Melzerreagens (Bsp. Russulales), 2.
bei Braunsporem, z. B. Cortinarien, KOH 2—5 %ig, 3, schwersichtbare
Skulpturen farbloser Sporen (z. B. Laccana) Phloxin B (Rezept a)
BaumwoUblau.
c) Inhalt: Öltropfen v. Sporen: Sudan III
Basidien: siderophile (karminophile) Granulation:
Lamellenfragment in kleinem Glas für mindestens eine Minute in ca. 0,.
ml FB legen, dann das Stück in KES-LÖsung übertragen und mit l-:
kleinen Siedesteinchen über kleiner Flamme zum Kochen bringen (ca
50 Sekunden). Dann kurz in warmer oder langer in kalter Essigsäuri
(50 %) entfärben, schließlich ca. l Minute in Chloralhydratlösung zu
Präparataufhellung geben. Dann Schnitte oder unter Deckglas Quetsch
präparat herstellen.
Hyphenfärbungen:
Kontrastierungsfarbungen: L4 C oder L4 T, Kongorot,
Bindehyphen: schwer färbbar in Kongorot, Giernsa u. a.
generative Hyphen: Wände gut m Kongorot, Inhalt gut mit Baumwoll
blau
Skeletthyphen: Kongorot, Giernsa, bisw. Baumwollblau oder Lugol
dextrinoide, amyloide, cyanophile Hyphenwände siehe unter Sporen.
gloeozystidiale Hyphen siehe Gloeozystiden.
gelatinöse Gewehe: oft geeignet Toluidinblau 0 (Gel rotbraun, purpurn
Hyphen blaugrün), bisw. auch Methylenblau geeignet.
Protoplasma: Kresylblau, Methylenblau.
Herbarmaterial: vor sonstigen Behandlungen Aufquellen in L4, KOt
(2—5 %), Ammoniak (2 %) oder Milchsäure nötig. (Vor Färbungen aus
waschen!
Zellkerne: Färbung nach Giernsa (Methode nach Kühner)
Fragment unfixiert oder in Alkohol fixiert in ca. 8 %ige Salzsäure leger
und bei 55-60 °C 5-15 Minuten (nach Objekt) belassen. Dann in kaltes
Wasser übertragen und dieses während 15 Minuten mehrfach wechseln
Dann in absoluten Alkohol übertragen und diesen 1-2 x wechseln. Da-
nach in Röhrchen mit 3-4 Tropfen Giemsa-Lösung überführen und don
mindestens eine Stunde belassen. Darauf 4—5 ml Wasser zusetzen unc
vorsichtig mischen und bewegen. Abermals mindestens l Stunde Steher
lassen. Danach Schnitte oder Quetschpräparate herstellen und in Wassei
oder 2%ieem Ammoniak beobachten
Zystidien:
Normale Cheilozystiden u. a. dünnwandige Typen zur Kontrastfärbung in
L4 C oder L4 T beobachten.
Pseudo- und Makrozystiden der Russulales: SV, SBA (blau bzw. schwarz
färbend). Einige Zystidentypen von Cortinarien in SV orangebraun, üb-
riges Gewebe rosa.
Gloeozystiden oft selektiv färbbar mit Baumwollblau oder SV und SBA
Chrysozysiiden (Strophariaceae p. p.): lichtbrechende Körper im Inne-
ren werden mit KOH oder Ammoniak meist gelb.
Oxalatkristalle an Zystiden oder im Gewebe: Färbung mit Anthracen-
grün

gruß spinne

Beiträge in diesem Thread

Chemische Reaktionen -- Thomas Pruß -- 19. August 2002, 09:45 Uhr
Re: Chemische Reaktionen -- spinne -- 19. August 2002, 13:01 Uhr
Re: Chemische Reaktionen -- Oktober -- 19. August 2002, 17:19 Uhr
Re: Chemische Reaktionen -- Florian -- 20. August 2002, 15:18 Uhr
Pilzzentrum -- Werner -- 20. August 2002, 15:30 Uhr
Re: Chemische Reaktionen -- Werner2 -- 19. August 2002, 18:09 Uhr
Re: Chemische Reaktionen, vielen Dank… -- Thomas Pruß -- 20. August 2002, 09:15 Uhr
Aqua dest. vs. Leitung, Melzer vs. Lugol -- Werner -- 20. August 2002, 15:23 Uhr
Re: Chemische Reaktionen -- Markus S -- 20. August 2002, 13:54 Uhr
Re: Chemische Reaktionen -- Oktober -- 20. August 2002, 14:22 Uhr

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