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Re: Diskussion zu den Sporenmassen

Geschrieben von: Andreas
Datum: 25. Mai 2002, 21:54 Uhr

Antwort auf: Diskussion zu den Sporenmassen (Werner)

Hallo Werner,

das sind ja gleich drei Fragen auf einmal ;-)

Also prinzipiell halte ich die Sporenmasse auch weiterhin für ein immens wichtiges Merkmal einer bestimmten Pilzart. U.a. auch weil sie doch weniger variabel sind wie man meinen möchte, im Besonderen verglichen mit äußerlichen Merkmalen wie Farben und Formen.

: 1. In der Literatur wird der gleiche Pilz gar nicht selten mit um 20-30%
: differierenden Massen angegeben. Hier ist es dann eigentlich fast
: unmoeglich, die Sporenmasse als Hilfsmittel zur Identifikation
: heranzuziehen.

Es gibt Arten bei denen die Sporen stärker variieren und Arten bei denen sie sicher in engerem Rahmen halten. Schau Dir z.B. Inocybe lacera an, mit einer Sporenbandbreite von 9-18 x 5-8 µm (etwa). Das heißt nun nicht unbedingt, dass Du die gesamte Variationsbreite innerhalb einer einzigen Kollektion findest! Meinetwegen hast Du mal eine Messreihe mit 9,5-12 µm Länge, nächstes Mal eine mit 10-13,5 µm, dann wieder eine mit 12-16(18) µm. Die Mittelwerte weichen dann deutlich voneinander ab, trotzdem kannst Du nicht an einer bestimmten Stelle einen Schnitt ziehen.
Und dennoch sind auch variable Sporenmaße nicht nur wichtig zur Artbeschreibung, sondern auch zur -bestimmung. Natürlich ist aber auch nicht so, dass JEDE Art alleine durch ihre Sporenmaße festlegbar ist, dass weißt Du ja selbst. Muss man eben von Fall zu Fall unterscheiden.

: 2. Oft wird auch relativ offensichtlich voneinander abgeschrieben und
: bestenfalls ein bisschen gerundet. Wenn man nun mehrere eigene Funde damit
: vergleicht, kommt man auf ganz andere Ergebnisse. Soll man nun den Fazit
: ziehen, dass man eine neue Art entdeckt hat, dass man falsch bestimmt hat
: oder soll man nur das Abkupfern mehrerer Autoren voneinander annehmen. Der
: Verdacht blieb jedenfalls nicht ganz aus.

Wenn Du auf "ganz andere" Ergebnisse kommst, dann ist was faul. Entweder Deine Bestimmung ist falsch oder es ist eine nicht beschrieben Art. Aber um dies beurteilen zu können mußt Du viele Sporen aus verschiedenen Fruchtkörpern messen, am besten vom gleichen Myzel in verschiedenen Jahren um die Konstanz zu prüfen. Aber nach meiner Erfahrung variieren bei Pilzen aus demselben Myzel die Sporenmaße in verschiedenen Jahren nur wenig.
Du solltest mal definieren welche Literatur du meinst. Wenn Du damit die Sporenmaße in Cetto, Dähncke und sonstigen "Bilderbüchern" (nicht abwertend gemeint!) mit knappen Platz meinst, dann kann man die wirklich nur als Anhaltspunkte nehmen und darf sie nicht überbewerten. Selbst im "Moser" sind oft recht gerundete Werte.

: 3. Wenn nun 2 schlecht voneinander unterscheidbare Arten hauptsaechlich durch
: die Sporenmasse unterschieden sind, was macht man wenn beispielsweise:
: Pilz A 6,5 x 3,9 und Pilz B 7,9 x 4,8 misst, das eigene Fundstueck aber
: irgendwie Sporen aufweisst, die entweder dazwischen liegen oder am oberen
: oder unteren Rand der angegebenen Masse eines der beiden liegen.

Wenn zwei Arten nur mittels wenig deutlich getrennten Sporenmaßen abgrenzbar sind, dann sind's keine. Bestenfalls Varietäten, wenn überhaupt. Und Du solltest Dich nicht auf den Mittelwert versteifen, sondern die ganze Bandbreite der Sporen beurteilen können. Wenn Dein Pilz A also Sporenmaße von (4,5)5-6,5-8(9) x 3,5-3,9-5 µm hat und Pilz B (6)6,5-7,9-9(10) x 4-4,8-6 µm, dann sollten Funde eigentlich klar zuordenbar sein. Du solltest auch noch das Verhältnis Länge : Breite anführen (Sporenquotient Q: gibt Auskunft über die Sporenform) und das Volumen (mach ich der einfachkeitshalber mit der Formel für Ellipsen: l x b x b x 0,523), natürlich für jede Spore separat.
Dass sich dann ein Fund partout nicht zur Art A der Art B zuordnen läßt, auch wenn Du aus mehreren Fruchtkörpern mehrmals 20 Sporen auswertest, kann dann meiner Meinung nach nur einen der folgenden Gründe haben:
a) Dein Fund ist weder Art A noch Art B
b) Bei Art A und Art B sind die Sporenmaße nicht zur Artabgrenzung voneinander geeignet.
c) Die Sporenvariabilität einer der beiden Arten ist nicht genügend ausgeleuchtet.

: 4. Wie haltet Ihr es mit dem Vermessen selbst? Nun, ich weiss sehr wohl, dass
: man idealerweise 20 oder mehr Sporen vermisst. Ich selbst nehme aus
: Zeitgruenden und auch als Resultat meiner o.a. Zweifel normalerweise nur
: 10 Sporen eines Pilzes. Ich will ja auch kein wissenschaftliches Referat
: halten.

Das ist ein Widerspruch in sich! Du erhebst ungenügend genaue Daten und wirfst dann der Literatur Ungenauigkeit vor!
Wie schon gesagt kommt es darauf an, wie deutlich bzw. knapp die Sporenmaße Deiner fiktiven Arten A und B auseinanderliegen. Auch wenn die Literatur die Maße variabel angibt sollte doch ein klarer Unterschied bleiben. Dann reicht auch die Messung weniger Sporen, vor allem wenn sie gut in die Bandbreite einer der beiden Arten passen.
Wenn dem nicht so ist, dann mußt Du eben mehr messen, da bleibt nix anderes übrig. Und naürlich auch andere Merkmale mit zur Bestimmung heranziehen.
Es wäre dann auch sinnvoll mal in einer anerkannten Monographie nachzuschlagen was dort angegeben wird. Dabei wirst Du dann auch feststellen, dass die Bearbeiter im Normalfall sehr viele Kollektionen untersucht haben, aus verschiedenen Gegenden und Ländern, so dass oft hunderte wenn nicht tausende von Sporen vermessen wurden. Das gibt dann natürlich ein Gesamtbild, bei der sich eine Einzelkollektion auch mal ziemlich randlich befinden kann. Man sollte aber tunlichst darauf achten, dass es sich bei den untersuchten Kollektionen auch immer um dieselbe Art handelt .....

: Aber - waere es nicht besser, wenn man Sporen mehrerer Individuen (Pilze)
: naehme? Und - waere es nicht geradezu optimal, wenn man Sporen
: unterschiedlicher Individuen von unterschiedlichen Standorten naehme?
: Macht sich jemand ernsthaft die Muehe? Wie seht Ihr das?

Das macht jeder vernünftig arbeitende Monograph! "Bilderbüchern" haben andere ansprüche und andere Ziele, dort sind Angaben zu Mikromerkmalen oft nur Beiwerk. Nochmal anders liegt der Fall bei Pilze der Schweiz, wo die Mikromerkmale von exakt der abgebildeten Kollektion stammen, also nicht unbedingt der Bandbreite der Gesamtart entsprechen müssen (siehe wiederum Inocybe lacera)

: Oder haltet Ihr die Sporenmasse fuer i.d.R. zu wenig aussagekraeftig um
: eine Bestimmung wesentlich zu erhaerten?

s. oben!

Viele Grüße,
Andreas

Beiträge in diesem Thread

Diskussion zu den Sporenmassen -- Werner -- 25. Mai 2002, 21:10 Uhr
Re: Diskussion zu den Sporenmassen -- Andreas -- 25. Mai 2002, 21:54 Uhr
Dank und weitere Bemerkungen -- Werner -- 26. Mai 2002, 00:02 Uhr
Re: Dank und weitere Bemerkungen -- Christoph -- 26. Mai 2002, 01:45 Uhr
Re: Diskussion zu den Sporenmassen -- Alpenhans -- 26. Mai 2002, 07:19 Uhr
Re: Diskussion zu den Sporenmassen -- Christoph -- 26. Mai 2002, 12:26 Uhr
Re: Diskussion zu den Sporenmassen -- Andreas -- 26. Mai 2002, 16:16 Uhr
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Re: Diskussion zu den Sporenmassen -- Andreas -- 26. Mai 2002, 11:56 Uhr
Re: Diskussion zu den Sporenmassen -- Christoph -- 26. Mai 2002, 12:19 Uhr
Re: Diskussion zu den Sporenmassen -- Christoph -- 26. Mai 2002, 12:02 Uhr
Nachtrag -- Christoph -- 26. Mai 2002, 12:33 Uhr
sehr aufschlußreiche Diskussion, danke! *oT* -- Birgit -- 27. Mai 2002, 00:55 Uhr

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