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Pilze Pilze Forum Archiv 2003

Re: Wissenschaft ist ein Glaube

Geschrieben von: Birgit
Datum: 1. August 2003, 22:03 Uhr

Antwort auf: Wissenschaft ist ein Glaube (Huperzia)

Hallo Tanja,

: Wissenschaft ist ein Glaube.

: Die Fortentwicklung spricht ja nicht dagegen. Natürlich strebt die
: Wissenschaft nach "Erkenntnis" inerhalb ihres eigenen logischen
: Systems - die Esoterik aber auch und eigentlich jeder Glaube. Deswegen
: entwickelt sich jeder Glaube fort - das Christentum mutet zwar etwas
: langsamer an als die Wissenschaft, aber das sind eher graduelle
: Unterschiede.

Ein Glaube, wie meinetwegen das Christentum besitzt unanzweifelbare Gesetze, bei aller Fortentwicklung(?), bleibt der Glaube an Gott unangetastet, sonst wärs ja keine Religion. Genau dies ist der Unterschied zur Wissenschaft.

: (Das sich die Erkenntnisse in der Wissenschaft wandeln spricht ja auch
: eigentlich für einen gewissen Glauben, immerhin gilt in vielen
: Wissenschaftsgebieten immer wieder eine neue "Wahrheit", die
: geglaubt werden muß, weil man danach handeln soll, solange bis ein mutiger
: das infrage gestellt hat undman wasanderes glauben darf -aber geglaubt
: werdenmuß trotzdem,weilman nie weiß,wasnoch kommt.)

Wie kommst du drauf, daß es geglaubt werden muß? Es ist richtig, daß sich jemand der sich wissenschaftliche Dinge aneignet, nicht bei jedem neuen Thema , alles beweisen kann, sondern darauf vertrauen muß, daß die Wissenschaftler vor ihm gewissenhaft gearbeitet haben. Und doch gibt es immer wieder Beispiele wo die Wissenschaft sich weiterentwickelt hat, weil eben jemand an Althergebrachtem gezweifelt hat. Die Existenz Gottes kann/darf ich als gläubiger Christ nicht anzweifeln, sonst bin ichs nämlich nicht mehr. In der Wissenschaft und jetzt nehmen wir mal die Physik, weil ich mich damit am besten auskenne, gehe ich nie davon aus, daß ich eine aufgestellte Hypothese wirklich felsenfest und für immer beweisen kann. Eine Aussage die ich treffen kann ist die, daß meine Hypothese oder Theorie dem Versuchsergebnis nicht widerspricht. Ich kann nicht an meine Theorie "glauben", weil ich sie nie endgültig als richtig beweisen kann. Eine Theorie kann nur als endgültig falsch bewiesen werden, wenn sie dem Experiment widerspricht, endgültig richtig geht nicht. So funktioniert Physik. Nimm das Gravitationsgesetz von Newton, es ist vielleicht möglich, daß ein Körper irgendwo im Universum auf ne andere Art "zu Boden" fällt und daß das Gravitationsgesetz, das wir kennen nur ein Spezialfall davon ist (da ich mich nur wenig in entsprechenden Spezialgebieten auskenne, mags sein, daß man sowas vielleicht sogar schon weiß). Anderes Beispiel, Licht breitet sich hier auf der Erde geradlinig aus , im gekrümmten Raum um sehr schwere Körper im Universum "fliegt es um die Kurve".

: Jede Wissenschaft/Glaube geht von bestimmten Voraussetzungen aus und andere
: Dinge werden eben ignoriert. Manches wird als wichtiger als anderes
: gewertet und so entstehen unterschiedliche "Wahrheiten". Die
: "Esoterik" hat zum Beispiel ein anderes Verständnis von Zeit als
: unsere vermessende Wissenschaft.

Mir ist dies alles zu schwammig und zu wenig konkret, hast du denn nicht mal ein paar konkrete Beispiele wo die Wissenschaft so etwas tut? Was das beispiel mit der Zeit in diesem Zusammenhang bedeutet verstehe ich auch nicht.

: Das glaubst du,ich glaub das eben nicht. Da haben wir hier eben einen
: unterschiedlichen Glauben. Ich glaube eben nicht, daß wissenschaftliche
: Messungen jemals die Wahrheit einfangen können.

Dazu habe ich ja oben schon etwas gesagt, es wird nur versucht sich der Wahrheit anzunähern. Manche Naturgesetze wie z.B. daß ein Apfel von oben nach unten in bestimmter Weise vom Baum auf den Boden fällt, werden sich höchstwahrschienlich nie ändern und das kommt der Wahrheit dann schon ziemlich nahe ;-).
Mal konkret, ich kann mir mögliche wissenschaftliche Beweise eventuell bei Homöopathie oder bei sowas wie Wünschelrutengehen vorstellen. Die Existenz eines Gottes wird man aber sicherlich nie wissenschaftlich nachweisen können.

: Widersprüche sind nicht logisch.
: Es gibt Widersprüche zwischen verschiedenen Logiken, aber nie in der Logik
: selbst. Religion (im gottesgläubigen Sinne) und Wissenschaft paßt eben
: schwer zusammen. Dazu braucht man dann wieder eine übergeordnete Logik,
: die beide eben nur als zwei Weltsichtmöglichkeiten betrachtet, aber keines
: als "Wahrheit".

wenn jetzt um beim Pilzbeispiel zu bleiben, die eine Glaubensrichtung vertritt, daß der Mond das Pilzwachstum verursacht und die andere, daß das Pilzwachstum meinetwegen durch periodische Schwankungen im Erdmagnetfeld verursacht werden, dann ist beides wahr? Und ne dritte, vierte, fünfte Glaubensrichtung auch noch?
Manche Menschen, die psychisch krank sind, haben Halluzinationen, für sie ist ihr Erleben in diesem Augenblick absolut real, es ist ihre eigene Wahrheit. Aber leider ist es eben nur ihre eigene ganz persönliche Wahrheit, natürlich darf ich sie Ihnen nicht absprechen, aber sie ist nur für sie selbst wahr, weil kein anderer sie wahrnehmen kann.

: Die "Esoterik" (was weiß ich, wie man´s am besten nennt)
: widerspricht meiner Meinung nach der Wissenschaft nicht, sondern ist eben
: eher etwas Übergeordnetes, indem die Wissenschaft auch ihren Platz hat.

Doch sie tut dies in Bereichen wo sie sich in Dinge "einmischt", die auch von der Wissenschaft bearbeitet werden. Oder dort wo zu esoterischen Theorien wissenschaftliche Begründungen aus dem Ärmel geschüttelt werden. Zum Beispiel bei der Homöopathie oder auch bei der Bioresonanztherapie, da stellen sich mir als Physikerin die Haare auf. Ich möchte nicht bezweifeln, daß Homöopathie wirksam ist, immerhin wird sie ja auch bei Tieren erfolgreich angewandt. Warum muß es aber eine haarsträubende pseudowissenschaftliche Begründung dafür geben? Auch die Medizin hat mit reiner Empirie angefangen, der erste Mensch der feststellte, daß Weidenrinde fiebersenkend ist, hatte keine Ahnung welche biochemischen Prozesse da ablaufen. Mir reicht da durchaus die allerdings wieder statistisch abgesicherte Feststellung, daß eine bestimmte Therapie helfen kann, ich muß nicht unbedingt wissen warum.

: Aber die "Esoterik" hat eben in der Wissenschaft wenig Platz, da
: diese sich an den meßbaren Dingen der Welt orientiert und zum Beispiel
: abhängig von der Zeit und vielem anderen ist.
: (Es gibt doch auch genug Wissenschaftler, die gottesgläubig sind, obwohl das
: auch den wissenschaftlichen Prinzipien widersprechen müßte.) Wissenschaft
: ist eben nicht allumfassendes, sondern wirklich nur etwas Dingliches.
: Aber die Übergänge von Wissenschaft zur Philosophie sind ja fließend und die
: von der Philosophie zum Glauben auch....

: Eine "Wahrheit" gilt immer für den, der dran glaubt - Wahrheit ist
: eben nur etwas zum "Dranglauben". Ich finde die
: Wissenschaftswahrheiten eben nicht "wahrer" als Mondwahrheiten,
: nur weil die einen "vermessen" wurden und die anderen sich auf
: zurzeit weniger anerkannte Methoden stützen.

Was sind das denn für Methoden? Auf irgendwelche Beobachtungen muß sich das ganze doch stützen? Oder warum sollte es sonst so sein?

: Das war ganz und gar nicht mein Anliegen.
: Mich stört nur manchmal die Art und Weise wie vorausgesetzt wird, daß die
: Wissenschaft bzw. die "wissenschaftlichen Methoden" hingestellt
: werden, als würden sie absolute "Erkenntnis" bringen.
: Natürlich kann man "wissenschaftlich" nicht belegen, daß der Mond
: Einfluß aufs Pilzwachstum hat, aber das wäre für mich eben kein Grund zu
: sagen, daß das dann so nicht ist.
: Auf andere Sicht ist es unumgänlich das der Mond Einfluß hat und ich
: persönlich gucke eben so ;-).

je nun, es wäre aber mal ganz nett zu erklären welche SIcht der DInge das denn unumgänglich macht? So - für mich ohne Begründung - ist es keineswegs nachvollziehbar und ein fantasievollerer Kopf als ich würde sich bestimmt ne schöne Theorie ausdenken warum es z.B. das Erdmagnetfeld sein könnte.

: Kann man doch in der Wissenschaft auch - zumindest nicht mehr oder weniger
: als in anderen Denkarten. In der "anderen Denkart" wäre es eben
: klar,daß der Mond Einfluß aufs Pilzwachstum hat - in welchem Maße und
: welcher Art wäre hier das Diskussionsthema - deswegen vielleicht die
: Unstimmigkeiten. Die Frage "Ob oder ob nicht" stellt sich für
: mich nicht.
: Ich bezweifle allerdings, daß der Mondeinfluß wissenschaftlich meßbar ist,
: aber denke dennoch, daß er erheblich ist.

Mir ist heute noch was anderes dazu eingefallen warum mir das mit dem Mond nicht eingeht. Die Erklärung ist meines Erachtens nach viel zu einfach. Gerade biologische Systeme sind mit derart vielen Einflußfaktoren versehen, daß z.B. eine Vorhersage darüber wie in welcher Größe, Form und wann genau ein Pilz wächst einfach nicht möglich ist. Es ist deswegen nicht möglich, weil ich die ganzen Faktoren meßtechnisch nicht erfassen kann, kleinste Abweichungen können in solchen Systemen zu gravierenden Abweichungen führen - oder auch nicht ;-), es ist zu komplex und oft auch chaotisch, um es wirklich wissen zu können. Und trotzdem folgt vermutlich fast jeder der vielen vernetzten Einzelschritte auf molekularer Basis, die nötig sind, daß ein Pilz wächst, bestimmten Naturgesetzen und vielleicht ist der Mond auch einer von über 100 Faktoren, die ne Rolle spielen (aber m.E. eben kein maßgeblicher). Für mich ist dieses Zusammenwirken von erstmal ungeplant und unorganisiert aussehenden, oft von Zufällen abhängenden Einzelschritten, zu einem vernetzten Ganzen das wirkliche Wunder der Natur. Die Wissenschaft kann heute nur für kleine Teilaspekte daraus erklärende Modelle aufstellen, die nachprüfbar sind und m.E. wird sie das auch vermutlich nie endgültig klären können. Kritische Wissenschaftler kennen heute ihre Grenzen ganz gut und es stellt sich immer öfter heraus, daß eben nicht alles machbar ist. SOmit geht der übertriebene Wissenschaftsglaube manifestiert als Machbarkeitswahn doch ohnehin schon lange seinem Ende entgegen.

: Wenn die Wissenschaft in sich selbst mehrere Wahrheiten akzeptiert und man
: vom kleinen auch aufs Große schließenkann, dann sollte die Wissenschaft
: sich selbst ja auch als nur "eine Wahrheit" neben mehreren sehen
: können.

Ich hatte ja schon gesagt, daß man wissenschaftliche Belege für beide Aspekte (Welle-Teilchen) je nach Versuchsanordnung finden kann.

: Das tun ja sicher viele auch, aber es kommt eben ziemlich häufig vor, daß
: Meinungen von Menschen, die der jeweiligen Wissenschaftswahrheit
: widersprechen ziemlich heftig verlacht werden und "wissenschaftliche
: Beweise" gefordert werden, die für diese Menschen jedoch im Grunde
: relativ unwichtig wären.

Ja nun wenns keine wissenschaftlichen Beweise gibt, dann fragt man sich doch unwillkürlich welche anderen Anhaltspunkte es dann geben kann? Ich wär wirklich neugierig was das sein könnte.

Wenn ich das im Nachhinein so durchlese, habe ich den Eindruck, daß ich teils vielleicht etwas "abseitig" geantwortet habe. Könnte aber auch daran liegen, daß mir dein Text an manchen Stellen zu unkonkret war und ich mir manchmal nicht so ganz was drunter vorstellen konnte. Hoffentlich gehts dir mit meiner Antwort besser ;-).

Liebe Grüße

Birgit
: Tanja

Beiträge in diesem Thread

Pilzwachstum -- Bertl703 -- 23. Juli 2003, 13:20 Uhr
Re: Pilzwachstum -- bleem -- 23. Juli 2003, 13:54 Uhr
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Re: Mond und Pilze -- 42 -- 24. Juli 2003, 09:14 Uhr
Wenn man fest dran glaubt ... -- Rainer_aus_AC -- 24. Juli 2003, 18:39 Uhr
Re: Mond und Pilze -- Gerd-A -- 25. Juli 2003, 21:55 Uhr
jaja, wer dran glaubt..... -- Huperzia -- 29. Juli 2003, 13:28 Uhr
Wunderschön gesagt, Hupi! :-))) *oT* -- harald andres schmid -- 29. Juli 2003, 17:27 Uhr
Re: jaja, wer dran glaubt..... -- Gerd-A -- 29. Juli 2003, 23:02 Uhr
Nachtrag: Viele Grüße Gerd *oT* -- Gerd-A -- 29. Juli 2003, 23:07 Uhr
Wissenschaft ist kein Glaube -- Birgit -- 31. Juli 2003, 00:53 Uhr
Re: Absolute Zustimmung!. Danke Birgit *oT* -- 42 -- 31. Juli 2003, 09:16 Uhr
Wissenschaft ist ein Glaube -- Huperzia -- 31. Juli 2003, 10:03 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Birgit -- 1. August 2003, 22:03 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Huperzia -- 1. August 2003, 22:42 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Gerd-A -- 2. August 2003, 14:24 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Matthias -- 2. August 2003, 14:43 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Huperzia -- 2. August 2003, 17:07 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Huperzia -- 2. August 2003, 17:04 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Birgit -- 5. August 2003, 14:19 Uhr
Re: Wissenschaft ist ein Glaube -- Huperzia -- 6. August 2003, 11:40 Uhr
Re: Pilzwachstum -- Gerd-A -- 2. August 2003, 15:22 Uhr

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