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Pilze Pilze Forum Archiv 2003

Exkursion nach Vorgestern, illustr.

Geschrieben von: pilzmel
Datum: 24. August 2003, 19:15 Uhr



Hallo Pilzfreunde!
Nein, keine neue Ossi-Show. Ich habe übers Wochenende jenen Wald aufgesucht, in dem ich erstmals entdeckte, daß Pilze wirklich existieren und keine bloße Propaganda waren.
Gelegen ist der etwas nördlich von Chemnitz, wo der gleichnamige Fluß einen scharfen Linkshaken schlägt und eine Art Halbinsel umschließt, mit einem Mischwald auf Glimmerschiefer darauf. Hier kannte ich sozusagen jedes Eckchen, mußte aber nun feststellen, daß wir älter und dicker geworden sind, die Bäume und ich.
Meine Hoffnung ist, in Ufernähe etwas Restfeuchte vorzufinden, der Fluß entpuppt sich jedoch als ein wie nie gesehen klägliches Rinnsal.


Vor ca. einem Jahr hätte ich noch gut einen Meter Wasser über dem Kopf gehabt. Von den Parasolen, die hier mal gediehen, natürlich keine Spur.
Aber es gibt ein wenig Licht am Ende des Tunnels!

Am anderen Ende weiß ich ein Talmoor, und außerdem ist der Nordhang immer sonnengeschützter als der Süden. Ich schreite sodann forsch durch den Tunnel. Züge verkehren hier nicht mehr, aber vor knapp 30 jahren war das abenteuerlich. Die Begegnung mit einer Dampflok verlief immer dramatisch, zumal die Heizer gern mit Kohlen schmissen.
Der unterminierte Berg trägt einen vielgestaltigen Mischwald, in dem ich immer reiche Pilzbeute machte. Bei Steinpilz, Birkenpilz und Rotkappe (alles nicht weiter diffierenziert) konnte ich nicht viel falsch machen, zumeist fand ich jedoch mir unbekannte Wesen. Fachliteratur war nicht ohne weiteres greifbar. Ich besaß zwar M/H/(K) Bd. II und III, aber die brachten mich nicht wirklich weiter. (Diagnose: Hexenei der Hundsrute - das war sicher ein Bleigrauer Bovist). Zum Glück gab es in der Nachbarschaft erwiesene Experten, welche die Pilze kannten. Ganz global. Warum mühte sich KREISEL am Mikroskop? Er hätte nur meine Nachbarn fragen müssen. Jedenfalls habe ich meine Sammlungen (ohne die geheimen Pfifferlinge) jenen Experten vorgelegt, und einhellig wurde in zwei Kategorien sortiert: Gute Pilze und Rest. Erste umfaßten außer Röhrlingen alle Champignons und den Perlpilz. Dessen Bruder Pantherpilz wurde davon deutlich unterschieden (es war aber der Graue Wulstling, wie ich heuer weiß). Zum Rest gehörten noch die Gruppen Ungenießbare Baumpilze (sprich Booohmpilze) und die Boviste (sprich Buhwiste, alle Stäublinge inclusive - und giftig). Der Rest vom Rest gehörte sowieso auf den Kompost.

Im Norden herrscht die übliche staubige Trockenheit wie überall. Kein Pilz mit Hut & Stiel. dafür aber viel Konsoliges an Totholz, z.B. Zunderschwämme, Flache Lackporlinge, Birkenporlinge und an liegenden, noch berindeten Birken jene:

Hier frage ich gern in die Runde, um was es sich handelt? Oberseite frisch glänzend und kahl, später beim Biegen knirschend. Geruch sehr pilzig. Unterseite zunächst mattweiß, später ocker bis hellbraun. Keine Reaktion auf Druck. Poren eng und rundlich.
Ein Waldweg verläuft auf dem Scheitel der Halbinsel. Von den ehedem wabendichten Trampelpfaden ist nichts mehr zu sehen. Pilz-Enthusiasten schufen diese. Es war nicht mehr die Zeit des Pilzesammelns aus Notwendigkeit, der Spaß stand im Vordergrund, aber eine Weisheit hielt sich: Möglichst zeitig aufbrechen. Hab´ ich auch oft gemacht - und war prompt der einzige Mensch im Wald. Heute auch. Pilze sammelt hier niemand mehr. Höchstens die Hunde bekommen Auslauf.
Blick abwärts in den Fichtenhochwald.

Hier könnte es normalerweise von Täublingen wimmeln, und auch die Stubben waren immer einschlägig gut besiedelt. Halblinks fand ich mal eine Krause Glucke, deren Zugehörigkeit zum Pilzreich noch nicht mal theoretisch anerkannt wurde. Ebenso verworfen wurde meine Theorie, daß man milde Täublinge essen könne. Als Speisepilze galten nur die bereits erwähnten. Hinzu kam die Marone - das war allerdings stets der Rotfuß-Röhrling. Ungebrochener Beliebtheit erfreute sich bei der älteren Generation aber der Kahle Krempling (Specker). Halbrechts entdeckte ich dunnemal eine große Gruppe frischer Grünspan-Träuschlinge, die mir regelrecht unheimlich vorkam. Solch Grün bei Pilzen?
Geradeaus befindet sich (theoretisch) ein Tümpel mit entsprechender Ufernässe. Dort herrschte immer Stinkmorchelgeruch. Kaum zu glauben, ein alter Bekannter hat all die Jahre ausgeharrt.

Unter meinen Füßen liegt eine einstweilen zugewachsene Lichtung zwischen einigen alten Buchen und anderem. Hier erschienen regelmäßig 1-2 Flockis. Ich persönlich drang bis Hexenröhrling vor. Befragung ergab, daß ich als todesmüde galt, weil ich einen Satanspilz anschleppte. Nun ja, von dem gab´s Bilder, von Hexenröhlingen nicht unbedingt.
Sollte irgendwann das Wetter mitspielen, werde ich die alten Plätze noch mal aufsuchen. Bin gepannt, ob ich die riesigen hellvioletten Täublinge jetzt bestimmen kann.
Also, kein "guter Pilz", aber ein Sixpack Zecken, die ich dazumal gar nicht kannte. Vermutlich wurden die zur Devisenbeschaffung in die BRD exportiert.


Beste Grüße! pm.

Beiträge in diesem Thread

Exkursion nach Vorgestern, illustr. -- pilzmel -- 24. August 2003, 19:15 Uhr
Re: Exkursion nach Vorgestern, illustr. -- Huperzia -- 24. August 2003, 19:34 Uhr
Re: Exkursion nach Vorgestern, illustr. -- Harry -- 24. August 2003, 21:26 Uhr
Re: Exkursion nach Vorgestern, illustr. -- Gerd-A -- 25. August 2003, 00:51 Uhr
Noch eins -- pilzmel -- 25. August 2003, 07:48 Uhr
Re: Noch eins -- Andreas -- 25. August 2003, 08:16 Uhr
Re: Noch eins -- Gerd-A -- 25. August 2003, 10:00 Uhr
"Rot"randiger Baumschwamm -- Karl Keck -- 25. August 2003, 11:36 Uhr
Feuerzeugtest -- Boletus -- 25. August 2003, 13:28 Uhr
Re: Feuerzeugtest -- Huperzia -- 25. August 2003, 19:22 Uhr
Re: Feuerzeugtest -- Rene -- 26. August 2003, 00:41 Uhr
Re: Exkursion nach Vorgestern, illustr. -- Thomas Pruß -- 25. August 2003, 09:29 Uhr
Er ist es! Kruste schmilzt. Danke an alle! *oT* -- pilzmel -- 25. August 2003, 17:26 Uhr
Daran an schließt sich die Frage… -- Thomas Pruß -- 26. August 2003, 08:06 Uhr

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