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Pilze Pilze Forum Archiv 2003

Weiße Lamellenpilze mit weißen Lamellen, v. Kazuya

Geschrieben von: Notizbrettbildservice
Datum: 24. September 2003, 13:54 Uhr


hallihallo,

Bemerkungen: In diesem Beitrag sind mehrere Gattungen vorzustellen, die z.T. wenige Arten haben, so dass man keine "Gattungsbeiträge daraus machen könnte, da dies zu kurz werden würde. Deshalb führe ich hier mehrere Gattungen zusammen, indenen sich Arten mit gänzlich oder überwiegend weißen Fruchtkörperfarben befinden. In der Reihenfolge der Gattungen richte ich mich nach Breitenbach&Kränzlin (s. auch Literaturverzeichnis).

1) Die Gattungen:

RIPARTITES (Filzkremplinge)
Hierbei handelt es sich um eine recht kleine Gattung mit kaum mehr als 10 mitteleuropäische Arten, die zumeist innerhalb von Wäldern zu finden sind. Sie sind nahe mit den Kremplingen (Paxillus) verwandt und wurden z.T. auch in diese Gattung gestellt. Aufgrund der fein bewimperten (ist nicht bei jeder Art vorhanden) Hutränder wurde die Gattung Filzkrempling aufgestellt. Die Arten kennzeichnen sich durch kleine Fruchtkörper unter 50 mm Hutbreite und jung weißliche, später grau bis rosagrau gefärbte Lamellen sowie durch den lange eingerollten Hutrand, der bewimpert oder auch völlig glatt sein kann. Alle Arten haben breit angewachsene bis leicht herablaufende Lamellen, die sich ebenso wie bei den Kremplingen leicht vom dünnen Hutfleisch trennen lassen. Es zeigt sich hier also eine entfernte Verwandtschaft mit den Röhrlingen, auch wenn die Paxillaceae keine Röhren, sondern eindeutig Lamellen bilden. Die Fruchtkörper der Ripartites-Arten sind meist recht schlank und weißlich bis grauweißlich, seltener auch rosafarben oder cremegelblich gefärbt. Die Stiele zeigen keine auffallenden Merkmale, sie sind unberingt und glatt oder weißfaserig. Die Filzkremplinge sind in Laub- wie Nadelwäldern anzutreffen. Gerne erscheinen sie im Spätherbst unter Gebüschen, an Wegrändern, auf dicken Laubschichten an feuchten Stellen.

HYGROCYBE (speziell Ellerlinge; "Camarophyllus")
Hier halten sich besonders bei den Ellerlingen, die lange Zeit unter einem eigenen Gattungsnamen Camarophyllus geführt wurden, Arten mit völlig weißen Fruchtkörpern auf. Diese sind vor allem durch herablaufende, etwas wachsige Lamellen, die zudem meist ziemlich entfernt stehen, sowie durch nicht trichterige Hüte gekennzeichnet. Manchmal wirken die Fruchtkörper etwas glasig, es zeigt sich also eine Verwandtschaft mit den Saftlingen. Den Ellerlingen fehlen aber die bei den Saftlingen insgesamt viel kräftigeren Farben. Eine weiße Ellelingsart ist der Weiße Ellerling (Hygrocybe virginea), lt. B&K soll der gar schon "Weißer Saftling" genannt werden. Zu beachten ist jedoch auch, dass B&K sowie auch andere Autoren verschiedene Ellerlinge noch in ihrer ursprünglichen Gattung (Camarophyllus) belassen, so z.B. auch die größte Art, der Wiesen-Ellerling (Camarophyllus pratensis). Hier ist die Hutfarbe aber orangebraun, weshalb dies hier aus dem Rahmen fallen würde.

HYGROPHORUS (Schnecklinge)
Weiße Arten sind in dieser umfassenden Gattung (ca. 50 Arten in ME) nicht selten. Allgemein sind Schnecklinge durch eine +/- dicke Schleimschicht auf der Hutoberfläche gekennzeichnet, außerdem noch durch wächserne Lamellen, die oft am Stiel herablaufen und bei vielen Arten entfernt stehen. Und genau eine weiße Art bricht hier die Regel mit dem schleimigen oder zumindest schmierigen Hut: der Trockene Schneckling (Hygrophorus penarius), der mehr trocken als wirklich schmierig ist. Alle anderen weißen Schnecklinge sind zumindest feucht schleimig resp. schmierig. Der Goldzahn-Schneckling (Hygrophorus chrysodon) weist zudem noch einen wunderschön goldgelb gefärbten Hutrand auf, womit die Art unverwechselbar wäre. Andere weiße Schnecklinge sind da eher bestimmungsfeindlich, lassen sich z.T. aber durch unterschiedliche Standorte (Birkenschneckling bei Birken usw.) leicht trennen.

CALOCYBE (Schönkopf)
Den Maipilz kennt sicher jeder. Die Art ist mit ihren gänzlich weißen Fruchtkörpern, die recht robust sind und stark mehlig riechen kaum zu verwechseln. Die Jahreszeit teilt die Art aber mit dem Ziegelroten Risspilz (Inocybe erubescens), der zumindest jung ähnliche Fruchtkörper bilden kann. Die Lamellen dieser Art sind aber auch dann schon nicht mehr reinweiß wie beim Maipilz. Außerdem hat der Risspilz keinen mehligen Geruch.

CLITOCYBE (Trichterlinge)
In der Literatur wird immer auf mögliche Verwechslungen weißer, essbarer Lamellenpilze mit weißen Trichterlingen hingewiesen. Dabei wählt man absichtlich die Wortkombination "weiße Trichterlinge", d.h. man sollte alle Trichterlinge meiden, die eine irgendwie weiße Hutfarbe haben. Von den über 100 Me-Arten sind mindestens ein Duteznd als giftig einzustufen, davon befinden sich ca. die Hälfte bei den weißen Trichterlingen. Die Giftigkeit ist mit einem hohen Muscarin-Gehalt der Pilze zu begründen, ein Gift, dass vor allem auf das Nervensystem wirkt und sogar zum Kreislaufzusammenbruch führen kann. Deshlab gelten die weißen Trichterlinge auch als "sehr" giftig, dem bekannten Pantherpilz sicher ebenbürtig. Todesfälle sind trotzdem nicht sonderlich häufig. Dafür müsste man schon eine recht große Menge der ohnehin kleinen Fruchtkörper (Hut meist < 6 cm) sammeln. Die Erkennungsmerkmale der Trichterlinge im allgemeinen liegen an den meist (nicht immer!!) herablaufenden Lamellen und an der oftmals trichterigen Hutform. Einige Trichterlinge trotzen aber ihrem Gattungsnamen und wählen stattdessen genabelte oder gar konvexe Hutformen. Die Trichterlinge haben allesamt helles (weiß bis creme) Sporenpulver und immer weiße (oder hellcreme) Lamellen, niemals mit Rosaton (für C. phyllophila wird in der Lit. hin und wieder ein ganz schwacher Rosaton beschrieben, dieser wäre aber nicht stark genug um die Lamellenfarbe rosa erscheinen zu lassen). Der Geruch der Trichterlinge, vor allem der weißen Trichterlinge ist niemals mehlartig, sondern eher kraufig-muffig oder etwas aromatisch. Die meisten Arten wachsen in Wäldern, einige aber auch auf Wiesen und Weiden, an Wegrändern usw. Wer weiße Trichterlinge schon öfter gefunden hat, der wird sie meist gut wiedererkennen. Einige haben einen firnisartig bereiften Hut als zusätzliches Merkmal (Bleiweißer Firnistrichterling).

COLLYBIA (Rübling)
Nur eine weiße Art, der Gefleckte Rübling (Collybia maculata), die sich durch zumindest im Alter stark rostfleckige Hüte kennzeichnet. Zudem ist der ganze Fruchtkörper recht zäh und der Standort üblicherweise bei Nadelbäumen.
Ähnliches gilt für die Sklerotienrüblinge (Microcollybia, bisweilen auch zu Collybia), die gut kenntlich an ihrem Standort (verfaulte Blätterpilze) und an ihrem kleinen, basalen Sklerotium sind.

DELICATULA (Adernabeling)
Gattung mit wenigen Arten in ME, eine Art besonders häufig: Weißer Adernabeling (Delicatula integrella). Die Fruchtkörper dieser Art sind mit den fast hyalinen, schwach überfaserten Stielen und den rudimentären, aderigen Lamellen einmalig gekennzeichnet. Die Fruchtkörper sind zudem recht klein (Hut< 15 mm) und völlig weiß.

HEMIMYCENA (Scheinhelmlinge)
Die "halben" Helmlinge sind nahe mit den "echten" Helmlingen (Mycena) verwandt, haben aber meist völlig weiß gefärbte Fruchtkörper. Insofern können Scheinhelmlinge auch mit dem oben erwähnten Adernabeling verwechselt werden, der jedoch im Gegensatz zu den gut ausgebildeten Lamellen der Scheinhelmlinge nur rudimentäre "Adern" auf der Hutunterseite aufweist.

LYOPHYLLUM (Raslinge)
Sehr bekannt ist der Weiße Büschelrasling (Lyophyllum connatum), die einzige Art der Gattung mit reinweißen Fruchtkörpern, die zudem meist rasig erscheinen und recht kompakt sind. Der Hut kann bisweilen mehr als 100 mm Breite erreichen.

AMANITA (Wulstlinge)
Entscheidende Merkmale, die sofort in die Gattung Amanita führen, sind die freien, weißen Lamellen, der vorhandende Stielring (außer bei den Scheidenstriflingen) sowie die irgendwie merkmalsreiche Stielbasis. Diese kann bescheidet, mit Warzengürteln versehen oder blumentopfartig sein. Sie kann auch einfach nur knollig sein, wie z.B. beim Grauen Wulstling. Wichtig ist aber, die weißen Wulstlingsarten zu kennen, hierunter befinden sich mit den beiden Knollis (A. verna und A. virosa) nämlich tödlich giftige Arten. Wichtige Merkmale sind hier die bescheidete (Universalvelumrest) Stielbasis, der eindeutig beringte Stiel (Teilvelumrest), keine Hüllreste (selten) auf dem Hut sowie für Amanita virosa einen deutlich faserig-genatterten Stiel. Die freien, weißen Lamellen wurden oben schon erwähnt. Der Stielring ist bei einem Knolli niemals verschiebbar, er hängt lediglich runter.

LIMACELLA (Schleimschirmlinge)
+/- bekannte Arten mit mittelgroßen Fruchtkörpern und auffallend schleimigen Hüten. Weiße Fruchtkörper kann der Glänzende Schleimschirmling (Limacella illinata) bilden, der gerne in Nadelwäldern auf Nadelstreu, ebenso aber auch in feuchten Auenwäldern anzutreffen ist. Die Art hat einen stark schleimigen Hut (Schleimtropfen hängen oft am Hutrand runter) sowie weiße, freie Lamellen. Das fehlen eines Stielrings macht die Bestimmung komplett.

LEUCOAGARICUS (Egerlingsschirmlinge)
Die Gattung enthält in ME etwa 30 - 35 Arten, die größtenteils schwer voneinander abzugrenzen sind. Einige Arten haben auffällige Merkmale, sodass sie auch makroskopisch zu bestimmen sind. Der häufige Rosablättrige Egerlingsschirmling (Leucoagaricus leucothites) ist leicht mit Arten verwandter Gattungen zu verwechseln. Von oben gesehen glaubt man, einen Champi vor sich zu haben, wenn man aber auf die Lamellen schaut, so wird man nur weiß sehen. Ein wichtiges Merkmal befindet sich am Stiel: Der Ring ist nicht verschiebbar, aber nach oben abziehbar, und die Basis ist nicht bescheidet, trägt auch sonst keine auffallenden Merkmale, ist aber etwas knollig. L. leucothites ist mit einer Hutgröße > 50 mm leicht von Sericeomyces-Arten abzutrennen.

SERICEOMYCES (Seidenschirmlinge, Egerlingsschirmlinge)
Eine kleine Gattung mit überwiegend weißlich gefärbten Arten, die allesamt ungenießbar sind. Die kleinen Fruchtkörper (Hut < 50 mm) weißen nur im Hutscheitel ockerliche bis blassgelbliche Töe auf. Der Hut ist ansonsten schneeweiß und reißt im Alter bisweilen vom Rand her faserig-schuppig auf. Die Lamellen sind weißlich bis ganz hell creme und frei. Der Stiel ist basal auffallend keulig verdickt und beringt. Der Ring ist aufsteigend angewachsen, lässt sich also nur nach UNTEN abziehen.

2) Die Arten

RIPARTITES TRICHOLOMA

CLITOCYBE DEALBATA

LYOPHYLLUM CONNATUM

CLITOPILUS PRUNULUS

LIMACELLA ILLINATA

LEUCOAGARICUS LEUCOTHITES

SERICEOMYCES SERENUS

3) Worterläuterungen

Hygrocybe = "wasserkopf"; hygro, hydro "wasser"; cybe "kopf"
chrysodon = "goldzahn"; chryso "Gold"; odon "Zahn"
Calocybe = "Schönkopf"
phyllophila = "Laubliebend"; phyllos "laub, Blatt"; phila "liebend, bevorzugend"
maculata = "gefleckt"

Literaturangaben:

Breitenbach&Kränzlin; Band 3 und 4 (1991 und 1995) "Pilze der Schweiz"
Ryman&Holmäsen (1990) "Pilze"

Beiträge in diesem Thread

Weiße Lamellenpilze mit weißen Lamellen, v. Kazuya -- Notizbrettbildservice -- 24. September 2003, 13:54 Uhr
Re: Weiße Lamellenpilze mit weißen Lamellen, v. Ka -- Andreas -- 24. September 2003, 14:53 Uhr
Lyophyllum connatum -- Kazuya -- 26. September 2003, 20:54 Uhr
Re: Lyophyllum connatum -- Andreas -- 26. September 2003, 22:36 Uhr
Re: Lyophyllum connatum -- Kazuya -- 27. September 2003, 20:29 Uhr
Re: Weiße Lamellenpilze mit weißen Lamellen, v. Ka -- harald andres schmid -- 24. September 2003, 18:44 Uhr
Re: Weiße Lamellenpilze mit weißen Lamellen, v. Ka -- Siegerländer Michel -- 24. September 2003, 21:13 Uhr
Re: Weiße Lamellenpilze mit weißen Lamellen, v. Ka -- Pilzpeter -- 24. September 2003, 21:43 Uhr
Ihr habt recht, da fehlt einer!!! *oT* -- Kazuya -- 26. September 2003, 20:51 Uhr

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