Halo Pilzfans,
zuerst mal Danke an alle, die meinen Beitrag positiv bewertet haben. Als "zugereister" Schwabe interpretiere im natürlich die ausgebliebene Kritik als "Nicht geschimpft, ist gelobt genug".
Deshalb noch ein kleiner Nachschlag über die Argumente, die damals ausgetauscht wurden.
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Bevor ich die diskutierten PROs und CONs vorstelle, eine kurze Hintergrundinfo, deren Kenntnis zum Verständnis der vorgebrachten Argumentation notwendig ist:
- Die Fruchtkörperbildung läuft in zwei Schritten ab:
(1) Das Myzel bildet zuerst sog. Primordien , das sind „Fruchtkörperanlagen“, also kleine , kugelige Myzelverflechtungen.
(2) Bei geeigneten Auslösebedingungen, die meist nicht so genau bekannt sind, entstehen aus einem Teil der gebildeten Primordien zu einem späteren Zeitpunkt die Fruchtkörper.
- Salopp ausgedrückt kann man sich diese Primordien wie „schlafende Augen“ an einem Baum vorstellen. Die denken auch nicht daran alle gleichzeitig zu treiben. Aber, die werden z.B. aktiv, nach einem Baumschnitt.
- Und ähnlich, das ist z. B. aus der Champignonzucht bekannt, reagieren die Primordien. Durch Fruchtkörperentnahme kann (wenn die Bedingungen stimmen) ein erneuter Wachstumsschub angeregt werden.
===> Also „Küchenmykologen“, ihr braucht bei vernünftigem Sammeln und etwas Disziplin kein schlechtes Gewissen zu haben, dass Ihr für den Artenrückgang verantwortlich seid. Dieses Ammenmärchen ist längst durch Langzeitversuche widerlegt. Der Artenrückgang hat völlig andere Gründe.
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Und jetzt zu den PRO-CONs:
Gegner des Abschneidens argumentierten so:
- Der im Boden steckende Teil des Stiels fault und schädigt das Myzel und die Primordien in unmittelbarer Nähe des Fruchtkörpers.
===> Deshalb Raushebeln
Aus meiner Sicht ein sehr schwaches Argument:
- Man muss sich mal vorstellen, welch großer Anteil an Fruchtkörpern im Wald stehen bleibt und nicht von Mykophagen (Tiere, Menschen) entfernt wird. Und die faulen auch ziemlich schnell und würden nach der o. g. Argumentation Myzel/Primordien auch schädigen.
===> Für mich einfach unvorstellbar, dass das Myzel im Laufe der Evolution nichts dazugelernt hat und sich immer noch schädigen lässt.
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Gegner des Aushebels argumentieren so:
(1) Durch das Aushebeln entsteht ein Loch, das Myzel wird freigelegt, trocknet aus und wird dadurch geschädigt.
===> Dieses Argument kann man gleich in den Papierkorb werfen: Nach dem Raushebeln (nicht Rausreißen !!!) kann man das Loch zudrücken und dadurch die Austrocknung vermeiden.
(2) Durch das Heraushebeln werden auch Primordien (oder Winzlinge von Fruchtkörpern) mit rausgerissen:
- Ja jeder Pilzsammler hat beim Heraushebeln wohl schon solche Winzlinge mir entnommen.
===> Ein scheinbar gutes Argument gegen das Raushebeln. Doch, anders kann ich das „Hornberger Schießen“ (Raushebeln versus Abschneiden) nicht interpretieren:
(a) Primordien und „Winzlinge (das sind schon echte Fruchtkörper im Babyzustand)“ sind im Überfluss vorhanden.
(b) Und, das Myzel kann gleichzeitig nur eine begrenzte Energie zur Fruchtkörperbildung liefern, die in wenige Fruchtkörper gesteckt wird. Und wenn die entnommen oder verfault sind, dann erst kann der nächste Schub folgen.
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Zum Schluss:
Leider findet man zu diesem Thema wenig Hinweise in der Literatur. Also, das waren zum großen Teil nur Gedanken, die ich mir zum Thema gemacht habe.
Viele Grüße an alle Pilzfans
Gerd
PS.: Entschuldigung, dass ich das Wort Primordien benutzt habe, ist einfach kürzer als „Fruchtkörperanlage“.