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Pilze Pilze Forum Archiv 2003

Re: Ich glaub mir hätte... (ein bißchen Off Topic)

Geschrieben von: Thomas Pruß
Datum: 30. September 2003, 11:40 Uhr

Antwort auf: Ich glaub mir hätte... (christoph G)

: ....der Finger an meinem Repetierer gejuckt :-))
Mir auch! Aber: Schonzeit!
Leider muss ich auch so noch ein wenig warten: mein Jägerkurs geht erst morgen los, und die Prüfung ist im nächsten März.

Aber wir hatten letztens auch ein Erlebnis, das aber mit Rehkeule & Co. endete. Mein Freund Peter fragte, ob ich Lust hätte, eine kleine Revierfahrt zu machen. Man könne doch auch gleich mal bei den Riesenbovisten und den Champis vorbeischauen. Da konnte ich nicht nein sagen. Also ab ins Auto und los. Auf einem Feldweg in der Treeneniederung näherten wir uns dem Moor. Plötzlich bremste Peter und blickte durch seinen Feldstecher. „Da hinten steht ein Bock“ sagte er, und als ich beobachtete, sah ich ihn auch: einen schönen, kräftigen 6er.
„Den willst du aber nicht schießen, oder?“
„Nein, der soll noch ein paar Jahre laufen, das ist ein Guter. Aber hier irgendwo muss auch ein Reh laufen. Das habe ich letztens beobachtet. Das Tier humpelt.“
Wir beobachteten das Gelände noch eine Weile, und kurz, bevor wir weiterfahren wollten, glaubte ich, durch den Feldstecher eine Bewegung zu sehen.
„Peter, warte mal, da hinten im Schilf bewegt sich was. Kann das das Reh sein?“
„Ja, das ist es.“
Er stieg aus dem Auto und nahm seine Büchse, eine 8x60, vom Rücksitz. Wie gebannt beobachtete ich das Reh. Tatsächlich, es humpelte – und es bewegte sich aus dem Reet auf die Koppel davor.
Peter hatte das Gewehr aufs Autodach gelegt, ein alter Kindersitz diente ihm als Unterlage. „Thomas, bleib im Auto!“
Ich wusste was er vorhatte und rührte mich nicht. Dafür starrte ich durch den Feldstecher, denn ich wollte natürlich sehen, was passierte, wenn er die Kugel fliegen ließ. Doch dazu kam es nicht: Das Reh stand breit, und der Knall war so enorm, dass ich meinen Feldstecher verriss. Ich vermeinte sogar, eine Druckwelle im Wageninnern gespürt zu haben. Auf jeden Fall pfiffen mir die Ohren. Immerhin: Das Kaliber 8 x 60 ist schon ganz schön groß. Zu groß eigentlich für ein Reh, aber wenn man auf die Jagd geht, sollte man das so effektiv wie möglich tun.
Als ich das Reh wieder in Sicht hatte, lag es schon.
Sofort rannten wir hin. und noch an Ort und Stelle weideten wir es aus.
Der linke Oberschenkelmuskel war viel schwächer entwickelt als der rechte, das sah man auf den ersten Blick. Vielleicht war es mal angefahren worden, und hatte sich von der Verletzung wieder erholt.
„Warum hast du denn so geflucht?“ fragte ich, nachdem ich ihm Weidmannsheil gewünscht hatte.
„Der Schuss war schlecht. Mein Gewehr ist auf 150 m eingeschossen, aber weil das Tier näher stand, habe ich diesen Hochschuss hingelegt. Ich hätte daran denken müssen.“
Wir fuhren dann nach Hause, ohne dass wir Riesenbovist & Co. gesehen hätten, dafür aber mit einer sehr schmackhaften Beute.
Eine Rehkeule wartet jetzt bei uns in der Tiefkühltruhe auf den Backofen, vielleicht zusammen mit den Hallimasch vom letzten Wochenende…

Was mich bei dieser Jagd so beeindruckt hat, war, wie ich reagiert habe. Immerhin war es das erste Mal, dass ich life dabei war, wie ein Reh geschossen wurde. Der Körper scheint förmlich zu vibrieren, voll gepumpt mit Adrenalin. Aber es ist kein schlechtes Gefühl, sondern eines äußerster Spannung, Erwartung und Vorfreude. Jeder Muskel ist gespannt, so, als ob man jeden Moment, nur bewaffnet mit einer Lanze, auf das Tier zustürmen müsse. Ich weiß, das klingt nach archaischer, nach primitiver Form von Lustgewinn. Und ich will das gar nicht abstreiten, denn als der Schuss brach, das Tier lag, und wir es abgenickt hatten, da kam ich mir für eine Weile vor, als liefe ich auf Wolken. Das Gefühl ist schwer zu beschreiben: Glück über den gelungenen Schuss, gepaart mit ein wenig Betroffenheit, ein Leben ausgelöscht zu haben. Aber das Glücksgefühl überwiegt.
Auch ein altgedienter Nimrod wie Peter, der schon seit über 20 Jahren jagt, wird immer wieder von diesen Gefühlen eingenommen. Nur mit dem Unterschied, dass er sich im Moment der Schussabgabe jedes Gefühls verwahrt, um den Schuss nicht zu versieben.
Es ist eine sehr direkte Art des Beutemachens, und jeder, der sich sein Steak aus der TK des Supermarktes kauft, sollte wissen, dass die Lieferanten dieses Fleisches nicht unbedingt einen würdigeren Tod gestorben sind.

Grüsslis
Thomas

Beiträge in diesem Thread

Mal ein ganz anderes Naturerlebnis -- Frank H. -- 29. September 2003, 13:24 Uhr
Re: Mal ein ganz anderes Naturerlebnis -- amanita -- 29. September 2003, 13:36 Uhr
Re: Mal ein ganz anderes Naturerlebnis -- Karin -- 29. September 2003, 16:07 Uhr
Ich glaub mir hätte... -- christoph G -- 29. September 2003, 19:09 Uhr
Re: Ich glaub mir hätte... (ein bißchen Off Topic) -- Thomas Pruß -- 30. September 2003, 11:40 Uhr
Und noch ein Tip..... -- christoph G -- 29. September 2003, 19:13 Uhr

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