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Pilze Pilze Forum Archiv 2003

Schöne kleine Becherchen, von Kazuya

Geschrieben von: Notizbrettbildservice
Datum: 6. Oktober 2003, 21:01 Uhr


hallo,

in diesem Beitrag möchte ich ohne lange Texte einige kleine, teils weniger auffallende Becherling-Arten vorstellen. Die Fotos wurden alle in diesem Jahr gemacht.

1) Aufsitzender Kotling - ASCOBOLUS IMMERSUS

Einer der kleinsten Kotlinge (Ascobolus), der schnell übersehen werden kann. Der Standort auf feuchten Kuhfladen ist für einen "normalen" Pilzinteressierten auch nicht gerade eine alltägliche Erscheinung. In der Tat gibt es auf diesem außergewöhnlichen Substrat relativ viele Schlauchpilze zu entdecken: Auf dem gleichen Kuhfladen fand ich auch den Körnigen Kotbecherling (Coprobia granulata; hier nicht abgebildet). Der Aufsitzende Kotling hat kleine, kugelige, grüngelblich gefärbte Fruchtkörper, welche anfangs glatt erscheinen, später jedoch ein auffallendes Merkmal aufweisen: Die für die Gattung Ascobolus typischen, schwarzen Pünktchen auf der Fruchtschicht. Dies sind (z.B. bei A. furfuraceus) unzählige Sporenschläuche mit schwarzen oder dunklen Sporen. Bei der hier beschriebenen Art ragen diese Sporenschläuche (Ascus; pl. Asci) soweit heraus, dass sie bei voller Reife unter einer 10-fach Lupe sichtbar werden, und zwar als Individuen (!). Das Bild zeigt eine mindestens 14-fache Vergrößerung und ist deshalb nicht besonders scharf (Grenze der Vergrößerung!). Trotzdem sind die entsprechenden Merkmale gut erkennbar.

2) Zitronengelbes Reisigbecherchen - BISPORELLA CITRINA

Dieser kleine Becherling bringt immer wieder überraschende Bilder. Die zitronengelb leuchtenden Fruchtkörper sind aufgrund des rasigen Wachstums schon von weitem zu sehen. Sie besiedeln ausschließlich Buchenholz, meist umgefallende, größere Stämme. Die Fruchtkörper werden bis 5 mm breit und sind anfangs kugelig, später becherförmig mit etwas aufgebogenem Rand. Im Herbst scheint diese Art relativ häufig zu sein.

3) Gekrönter Stängelbecherling - CYATHICULA CORONATA

Mit bloßem Auge sind sie nur an größeren Fruchtkörpern zu erkennen, unter der Lupe bieten sie ein wunderschönes Bild: Die kronenartig geformten Zacken des kleinen Gekrönten Stängelbecherlings. Die Art ist auf toten Pflanzenresten (Brennnesselstängel, tote Blattstiele usw.) relativ häufig anzutreffen. Junge Fruchtkörper können mit bloßem Auge für Arten der nahe verwandten Gattung Hymenoscyphus (siehe unten) gehalten werden. Durch den zackenartigen Rand ist die Art aber unverwechselbar.

4) Fruchtschalen-Becherling - HYMENOSCYPHUS FRUCTIGENUS

Man findet diese Art häufig in abgestorbenen Fruchthüllen von Hasel (Corylus, Haselnüsse) oder Eichen (Quercus, Eichelschalen). Meist tritt der Fruchtschalenbecherling rasig auf. Er ist erkennbar an den weißlichen bis cremefarbenen, oft recht lang gestielten Fruchtkörpern swoie am typischen Standort. Der kleine Ascomyzet ist vor allem ab September sehr häufig. Etwas später findet man auf Buchen-Cupulen eine sehr ähnliche, aber meist kürzer gestielte und ockergelbliche bis dunkelcremefarbene Art vor: Hymenoscyphus fagineus (ebenfalls fotografiert, folgt zu einem späteren Zeitpunkt).

5) Erlenzäpfchen-Weichbecherchen - MOLLISIA AMENTICOLA

Man muss schon genau hinschauen, um die kleinen Becherchen auf oder sogar in den ohnehin schon kleinen Erlenzäpfchen finden zu können. Denn die Fruchtkörper werden nur in Einzelfällen größer als 1 mm, meist bleiben sie darunter. Sie kennzeichnen sich durch eine graublaue, später ausblassende Fruchtschicht mit dem helleren Rand sowie durch den fehlenden Stiel (Funde mit Stielen sind mit Calycina alniella zu vergleichen, die aber ohnehin heller gefärbt sind und im Frühjahr erscheinen).

6) Gelbgrüner Stromabecherling - RUTSTROEMIA LUTEOVIRESCENS

Wenn man in einen kleinen Ahorn-Eschen-Erlen-Mischwald geht, glaubt man kaum, was man da alles finden kann. Der Grüngelbe Stromabecherling ist nur ein Beispiel für hierfür, es gibt jedoch viele weitere Arten (z.B. Hymenoscyphus albidus, Mollisia amenticola, Hymenoscyphus phyllogenus usw. usw.). Das sind alles kleine Becherlinge, die sich an faulende Blätter und/oder deren Blattstiele zu schaffen machen, um diese zu "entsorgen". Auf diesen Substraten sind sie den Ständerpilzen weit überlegen. Die hier beschriebene Art ist an den grüngelben bis olivfarbenen Fruchtkörpern, die insofern recht groß werden können, und an den langen Stielen sowie an dem typischen Substrat (tote Ahorn-Blattstiele) leicht erkennbar. Die Blattstiele sind zudem immer auffallend geschwärzt, ein Zeichen für die fortgeschrittene Stromatisierung des Substrates.

Holla, soviel wollt ich gar nicht schreiben, aber ich setz einfach noch einen drauf, auch wenns kein Schlauchpilz ist, ich denke, er gehört einfach hierhin:

Kugelschneller - SPHAEROBOLUS STELLATUS auf Brennnesselstängel (Urtica dioica)

Statistiken:

1) Ascobolus
Artenzahl = über 40, die meisten sind unter 2 mm breit, nur einige (z.B. A. furfuraceus, A. denudatus) erreichen mehr als 2 mm, alle Arten bilden keine Stiele
Substrate = etwa 90 % der Arten wachsen auf Kot, 5 % auf Holz und der Rest auf faulenden Blättern
Taxonomie = Schlauchpilze (Ascomycetes) - Becherlinge (Pezizales) - Kotlingsartige (Ascobolaceae)

2) Bisporella
Artenzahl = ca. 7 Arten, meist unter 4 mm Fruchtkörperbreite, oft kurz gestielt, unbehaart
Substrate = Holz, tote Pyrenomyzeten
Taxonomie = Ascomycetes - (kleine) Becherlinge (Helotiales) - Stängelbecherlingsartige (Helotiaceae)

3) Cyathicula
Artenzahl = wenige Arten, ca. 10 oder mehr, alle +/- deutlich gestielt, unbehaart, eine Art mit zackigem Rand
Substrate = tote Pflanzenstängel
Taxonomie = Ascomycetes - Helotiales - Helotiaceae

4) Hymenoscyphus
Artenzahl = ca. 80 (wahrscheinlich mehr), alle gestielt, alle unbehaart, Farbe der Fk. meist zwischen weiß und gelb, seltener rosafarben oder grünlich.
Substrate = tote Pflanzenstängel (etwa 60 %), Holz (etwa 18 %), Blattstiele oder Blätter (etwa 12 %), der Rest sonstige Pflanzenreste (Fruchthüllen usw.)
Taxonomie = Ascomycetes - Helotiales - Helotiaceae (Typusgattung der Familie!, da früher Helotius genannt)

5) Mollisia
Artenzahl = etwa 70 (wahrscheinlich mehr, da Tapesia dazukam), alle ungestielt, alle unbehaart (teils aber mit stuppiger Außenseite), meist blau, grau oder blaugrau gefärbt, einige mit Subikulum, alle unter 4 mm (evtl. M. perelegans größer als 4 mm).
Substrate = Holz, Pflanzenreste, Blätter, Fruchthüllen
Taxonomie = Ascomycetes - Helotiales - Dermateaceae

6) Rutstroemia
Artenzahl = etwa 24 Arten, alle gestielt, meist mittelgroße Fruchtkörper (> 4 mm breit), unbehaart, oft braun oder gelbbraun gefärbt, typisch ist das stromatisierte Substrat
Substrate = Holz, Pflanzenstängel (z.B. Binsen), Blattstiele, Blätter, Fichtenzapfen
Taxonomie = Ascomycetes - Helotiales - Sclerotiniaceae

Nächstes mal kommt die Fortsetzung des Helmlings-Beitrages...

Beste Grüße,
Kazuya

Beiträge in diesem Thread

Schöne kleine Becherchen, von Kazuya -- Notizbrettbildservice -- 6. Oktober 2003, 21:01 Uhr
Re: Schöne kleine Becherchen, von Kazuya -- Matt -- 6. Oktober 2003, 22:59 Uhr

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