Hi Andreas,
grundsätzlich hast du recht, mit dem was du sagst. Aber angesichts der Tatsache,
dass mittlerweile fast monatlich neue Erkenntnisse zur Pilzsystematik
veröffentlicht werden, macht es meiner Meinung nach keinen Sinn, irgendwelche
von anderen angewandten Systeme zu kritisieren. Beispielsweise habe ich kürzlich
einen sehr interessanten Artikel gelesen, in dem die Pilze mittels Gensequenzierung
eingeteilt werden. Es wurden die wichtigsten Vertreter der Agaricales behandelt
(über 800 Arten). Zu lesen hier: 117clade.pdf
Dabei zeigte sich, dass viele althergebrachte und auf rein morphologischen
Gesichtspunkten basierende Einteilungen nicht haltbar sind (einige
aber doch sehr gut die Natur wiedergeben)
Beispiele:
Die Stäublinge (Lycoperdon) und Stielboviste (Tulostoma) gehören zu den Agaricaceae
(Champignonartige). Das hatte vorher niemand aufgrund der Morphologie vermutet,
wird aber durch biochemische Befunde gestützt.
Galerina ist keine natürliche Gruppe und muss wohl auf verschiedene Gattungen
aufgeteilt werden
Coprinus wird aufgeteilt in neue Gattungen und nur der Schopftintling
und Coprinus sterquilinus heißen weiterhin Coprinus, sind aber den
Champignons nahe verwandt. Der Rest der ehemaligen Tintlinge steht bei den
Psathyrellaceae verteilt auf 3 Gattungen.
Dachpilze (Pluteus) und Weichritterlinge (Melanoleuca) sind vielleicht nahe verwandt.
Auch das ist morphologisch kaum naheliegend.
Die Rettichhelmlinge bilden eine eigene Gattung (Prunulus)
und vieles mehr.
Was ich damit sagen will ist, dass meiner Meinung nach die Einteilung der
Pilze nach rein anatomischen Gesichtspunkten an ihre Grenzen stößt. Ein wesentliches
Merkmal der Pilze sind jedoch ihre biochemischen und ökologischen Eigenschaften.
Diese spiegeln vielfach besser die natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse
wider als Sporengröße, Zystidenform und Schnallenverhältnisse.
Wir können uns also noch auf viele Überraschungen gefasst machen, und bis sich das
Pilzsystem stabilisiert hat, ist ein System so gut wie das andere.
Georg