Hallo Harald Andres,mir läuft das Wasser im Mund zusammen,gut dass ich bereits gegessen habe!Ich koche nicht mehr ganz so aufwendig, bin aber mit mit allen Deinen Ausführungen voll einverstanden.Meine Frau ist geb.Ungarin Gulasch (Gulyas) mh mh vom feinsten, köcherln köcherln,am Schluss etwas Rahm. Bin gespannt auf Dein Rezept!Es lebe das Fastfood freie essen! gruss Hans
: Kaninchenschlegel an Herbsttrompeten-Rotweinsauce
: Ich finde, man sollte seine liebsten Gerichte nicht zu lange ruhen lassen.
: Sie verlangen danach, regelmässig gekocht zu werden, sonst läuft man Gefahr,
: sich zu entfremden.
: Man verliert den Überblick beim Würzen, ist nachlässig oder überheblich.
: Das Resultat ist entsprechend.
: So habe ich letzte Woche an einem Regentag folgendes Rezept wieder mal in
: Ruhe und Musse gekocht, es ist schlicht umwerfend fein!
: Man kaufe sich zwei bildhübsche, frische Kaninchenschenkel.
: Sie werden bei nicht zu grosser Hitze angebraten. In Butter und Olivenöl. Mit
: Mehl bestäuben (ausgiebig) und wenden.
: Nochmals bestäuben. Wer will, kann jetzt schon salzen und Pfeffern.
: Nochmals wenden. Die Butter-Öl-Mischung sollte nicht zu heiss werden.
: Daneben dünstet man Zwiebelringe in einem weiten Topf und gibt kleine
: Speckwürfelchen zu.
: Dabei ist Vorsicht geboten: In den klassischen Rezepten (z.B. Coq auf vin,
: der Ähnlichkeit mit unserem Rezept hat) wird meist eine viel zu grosse
: Menge Speck angegeben.
: Eine deftige Speck-Rotweinsauce schmeckt natürlich immer gut.
: Nur: sie übetüncht jeden anderen, feinen Geschmack im Topf.
: Wir belassen es also bei einer sehr kleinen Handvoll Speckwürfelchen, so ein
: halbes Dutzend.
: Zu den Zwiebelchen und dem Speck geben wir in Stäbchen geschnittene Karotten
: und zum Schluss eine kleingewürfelte Tomate.
: Jetzt nehmen wir die Kaninchenstücke aus der Bratpfanne und geben sie in den
: anderen Topf zum Gemüse und dem Speck.
: Den Bratensatz lösen wir mit einem tüchtigen Schluck Rotwein auf, kratzen
: alles vom Boden weg und erhalten eine schöne, durch das Mehl sehr sämige
: Saucengrundlage.
: Die kippen wir nun zum Rest in den zweiten Topf.
: Jetzt füllen wir mit dem Rest der Rotweinflasche auf, bis die
: Kaninchenschenkel genau bedeckt sind.
: Wir geben eine oder zwei ganze Knofizehen dazu, und frischen Thymian, evtl.
: wenig breitblättrige Petersilie, Salz. Topf nicht zudecken.
: Das wär's vorläufig!
: Der Rest ist Geduld. Die Hitzezufuhr ist auf Minimum, es darf nur hie und da
: fein blubbern im Topf, wie in einem schottischen Hochmoor (ich war noch
: nie in Schottland).
: Zum Wein: Wer einen schönen Burgunder hat, soll ihn bitte verkochen. Die
: Sauce ist schlicht umwerfend. Eine zweite Flasche zum Trinken ist
: allerdings Bedingung.
: Wer weniger opulent einsteigen möchte, versuche es mit einem ehrlichen,
: einfachen Fleurie oder Beaujolais.
: Der Wein darf nicht zu säuerlich sein.
: Wer es nicht hinkriegt, mit einem einfachen Wein eine Sauce zu kochen, bei
: der ich verzückt die Augen verdrehe, kriegt es auch mit einem teuren Wein
: nicht hin.
: Warnen muss ich vor allen modischen Weinen aus Kalifornien, Chile,
: Australien, etc.
: So gut sie heute bewertet werden -wenn man sie kocht, enthüllen sie ihre
: Existenz als Blender: Man riecht penetrant die zugegebenen Vanille-
: etc.-Aromen heraus. Das schmeckt schrecklich.
: So, nun darf das Ganze mindestens eine Stunde blubbern. Ich sage: mindestens!
: Bei mir blubbert das schon bald mal gegen zwei Stunden.
: Man vermeide aufgeregtes Herumwuseln um den Kochtopf, und schaue statt dessen
: lieber den Krimi im Fernsehen.
: Unverfrorenen Mitessern, die vorwitzig aus dem Topf probieren wollen, haue
: man liebevoll aber dezidiert auf die Finger. Die Sauce schmeckt jetzt noch
: nicht. Das heisst, sie schmeckt nach Glühwein.
: Es reicht, die Schenkel einmal zu wenden.
: Da der Deckel nicht drauf ist, verdunstet nach und nach der Wein, das heisst,
: er dickt ein.
: So liegen die Schenkel mit der oberen Hälfte nur noch im Dampf.
: Zu diesem Zeitpunkt geben wir die getrockneten und in Wasser eingeweichten
: Herbsttrompeten dazu. Wir reissen sie in feine Streifen und lassen sie
: mitköcheln.
: Es gibt wenige Dinge, die man länger als Al Dente (mit Biss) kochen sollte.
: Die meisten Gerichte bleiben zu lange auf dem Feuer.
: Die wenigen Ausnahmen sind allerdings schlicht umwerfend fein: Ungarisches
: Gulasch, unsere Kaninchenschenkel, Ossobuco Milanese (Rezept folgt - das
: absolute Highlight!), Coq auf vin.
: So, wenn nur noch wenig Flüssigkeit da ist, wickeln wir die Schenkel rasch in
: Alufolie, damit sie warm bleiben.
: Die Sauce binden wir vorsichtig mit in kaltem Wasser aufgelöster Maisstärke.
: Sie darf nicht zu sehr eindicken! Sirupartige Konsistenz ist erlaubt.
: Dann geben wir die Schenkel wieder dazu. Lassen sie noch etwas wärmen.
: Dazu haben wir einen Reis (z.B. Reis-Mix mit wildem Reis) gekocht.
: Man gibt die Schenkel auf vorgewärmte Teller, etwas Sauce darüber, (nicht
: über den Reis!) und Reis daneben.
: Was soll ich sagen? Ich bin entzückt. Das Fleisch sollte fast von selbst vom
: Knochen fallen.
: Wenn ihr mich vor die Wahl stellt: Fleisch oder Sauce - ich nehme die Sauce!!
: Gruss, Harald Andres