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Pilze Pilze Forum Archiv 2003

Winterzeit - Rezeptzeit!

Geschrieben von: harald andres schmid
Datum: 13. November 2003, 19:04 Uhr


Ossobuco milanese

Die Warnung zuerst:
Dies Rezept ist nichts für Ungeduldige!
Es braucht einige Stunden Geduld, und bietet keine schnelle Abfuhr eines Heisshungers..
Ausserdem enthält es keine Pilze!
Warum?
Es ist die "Beilage" zum Pilzrisotto, dessen Herstellung ich hier beschrieben habe:

http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=56005

Nun ist Risotto ein so vollkommenes Gericht, das dazu eigentlich keine Beilage möglich ist.
Ausnahme ist der Ossobuco milanese, geschmorte Kalbshaxe Mailänder Art.
Die Italiener spotten gerne ein wenig über die Mailänder. Sie gelten nämlich als sehr fleissig.
Darum geht das Gerücht, die Mailänder würden nur deshalb den Risotto und den Ossobuco vom gleichen Teller essen, um schneller wieder an der Arbeit zu sein...
Dieses Rezept ist das absolute Highlight, und in Verbindung mit dem Risotto lässt es beim Verzehr mühelos an eine bessere Welt glauben...
In der guten, häuslichen Küche in Mailand gibt es drei hauptsächliche Risotto-Beilagen:
1. Ossobuco, 2. zarte, gedünstete Schweineschwänchen und 3. gebratene Lerchen.
Wir besorgen uns zwei flach geschnittene Stück Kalbshaxen.
Sie dürfen nicht tiefgefroren gewesen sein, sonst nehmen sie die Schmorflüssigkeit nicht auf und erlangen die Konsistenz von Schuhsohlen.
Dicke: höchstens ca. 2cm.
Am Rand schneiden wirs sie rundum drei Mal etwas ein (bis 1/3 Durchmesser).
Dies deshalb, weil die Haxe sich sonst beim Schmoren aufwölbt und entweder wie ein Becherling mit dem Rand aus dem Sud herausschaut, oder -wenn wir sie drehen - auf dem Rand im Sud liegt, oben mit dem Mittelknochen rausschaut und ertrunkene Schildkröte spielt.
Beides finden wir begreiflicherweise als ernsthafte Köche nicht lustig.
Nun hacken wir eine Schalotte in klitzekleine Stücke.
Dann hacken wir eine Karotte in noch klitzekleinere Stücke.
Dies ist nötig, weil das Gemüse im Sud vollständig verkochen sollte und verschwinden muss.
Die Karotte kann man natürlich auch durch die Reibe lassen.
Ich bilde mir jedoch ein, dass sie dadurch zu viel Saft lässt und zusehr musartige Konsistenz hat.
Also besser: mit viel Geduld klitzeklein hacken.
Nun hacken wir etwas Petersilie Klitzeklein.
Dann hacken wir zwei Salbeiblättchen klitzeklein.
Dies alles geben wir in einen Topf und dünsten es in viel Butter gemütlich an.
Dann löschen wir mit einem Gläschen gutem Rotwein ab und lassen den Wein völlig verdunsten.
Dann geben wir die Kalbshaxen nebeneinander in den Topf und löschen mit gutem, gesalzenem Kalbsfond ab, bis die Haxen genau bedeckt sind.
Wer keinen Kalbsfond hat, nimmt Würfelbrühe.
Dann geben wir ein klein wenig Tomatenmark dazu und - fertig!
D.h. fertig für uns, denn jetzt übergeben wir das Gericht zugedeckt der Ewigkeit.
Will heissen, wir lassen die guten Haxen in Ruhe! Mindestens zweieinhalb Stunden.
Die Hitzezufuhr ist so, dass es nur hie und da "blopp!" in der Pfanne macht. Das Fleisch absorbiert die Sauce nun nach und nach.
Wenn wir nachschauen wollen, nähern wir uns mit der gebotenen Ruhe dem Topf, heben sachte den Deckel und geben zuerst (genüsslich schnuppernd) angemessene Laute der Anerkennung von uns.
Dann dürfen wir evtl. etwas Kalbsfond nachfüllen, falls die Haxen dies wünschen, um wieder ganz bedeckt zu sein.
Dann geben wir den Deckel drauf und entfernen uns mit einem wohligen Seufzer.
Nach eineinhalb Stunden bereiten wir den Pilzrisotto zu.
Währenddessen haben wir genau 2 Mal das Recht, in den anderen Topf zu schauen, wie hoch die Flüssigkeit steht.
Wir sind nämlich mit dem Risotto voll in Anspruch genommen, und sollten keine Hektik in den anderen Topf gelangen lassen, wo sanft blubbernde Ruhe herrschen sollte.
Wenn der Risotto fertig ist, hat er seinerseits das Recht auf Ruhe und kann gar nicht lange genug neben dem Herd stehen und durchziehen.
Mittlerweile hat sich im anderen Topf, da wir schon seit längerem keinen Fond nachgiessen, (und evtl. zuletzt den Deckel weglassen) eine sämige Sauce gebildet, die wir vorsichtig (seeeeehr vorsichtig!) mit ganz wenig Pfeffer abschmecken.
Was soll ich sagen?
Falls ihr nicht selbst drauf kommt:
Man gebe je ein Stück Kalbshaxe auf einen vorgewärmten Teller, gebe Sauce darüber und Risotto daneben.
Ich denke, daneben haben alle anderen Gerichte zu schweigen.
Es gibt nichts vergleichbares.
Ausgenommen vielleicht einen Teller frische, gedünstete Morcheln mit schwarzem Pfeffer.
Oder Krause Glucke in Sahnesauce.
Oder...

Beiträge in diesem Thread

Winterzeit - Rezeptzeit! -- harald andres schmid -- 13. November 2003, 19:04 Uhr
Re: Winterzeit - Rezeptzeit! -- Mison -- 14. November 2003, 08:37 Uhr

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