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Tintlinge - Coprinus - Teil 3

Geschrieben von: Kazuya
Datum: 28. Dezember 2003, 20:09 Uhr


Hallihallo,

hier nun ein dritter Teil aus der „Serie“ TINTLINGE (Coprinus), indem die Arten Coprinus domesticus, Coprinus lagopus, Coprinus latisporus und Coprinus micaceus abgebildet und beschrieben werden. In der letzten Folge, die an Silvester erscheinen wird, werden noch 4 weitere Tintlinge vorgestellt. Danach ist ein Beitrag über „MUSCHELINGE – Pilze ohne Stiel“ geplant.

1) Die Arten

Ein etwas weniger bekannter Tintling ist der Haus-Tintling (Coprinus domesticus). Die Fruchtkörper werden mit einer Hutbreite von über 50 mm schon recht groß, vor allem wenn man die Art mit oft sehr kleinen Verwandten vergleicht. Der Hut ist anfangs fast walzenförmig bis zylindrisch, breitet sich dann aber rasch breitkegelig bis glockig aus und ist im Alter meist flach ausgebreitet. Die Oberfläche ist radialfurchig bis –rillig und mit weißglimmerigen Körnchen bedeckt, die im Alter verschwinden können. Dort, wo sich die Radialfurchung befindet, ist der Hut mausgrau bis graubraun, während die glatte „Kappe“ im Zentrum hasel- bis orangebräunlich ist. Die Lamellen sind anfangs weißlich bis grauweißlich, färben sich aber mit zunehmendem Alter grau bis schwarzgrau. Sie sind fast frei bis schmal angeheftet und zerfließen nicht oder nur an der Randpartie, wobei diese oftmals einreißt. Der Stiel ist zylindrisch und basal mit einer kleinen Knolle versehen. Oberflächlich ist er weitgehend weiß bis weißlich, nur gegen die Basis bisweilen auch cremeockerlich und fein weißlich überfasert. Die Basis zeigt auffällige Merkmale: Zum einen ist sie oft stark abgesetzt und sogar mit einer umlaufenden Kante versehen und zum anderen findet man dort häufig einen rostbraunen Myzelfilz, den man auch Ozonium nennt. Dieser Myzelfilz durchwuchert bisweilen ganze Partien des Substrates und ist auch bei anderen Tintlingen nicht ungewöhnlich (z.B. Coprinus radiatus). Der Haus-Tintling kann zwar auch an verfaultem, feuchtliegendem Holz innerhalb oder um Wohnungen herum vorkommen, doch bevorzugt er grundsätzlich abgestorbene, entrindete und meist größere Strünke oder teils vergrabene Stämme. Er scheint nicht selten zu sein, doch bestehen Verwechslungen mit vielen anderen Tintlingen, vor allem mit C. xanthotrix, der sich durch kleinere Fruchtkörper und vor allem durch sein Vorkommen vorwiegend auf kleineren Ästchen unterscheidet. Nach Beachtung der Merkmale, vor allem der oft deutlich abgesetzten Knolle dürfte der Haus-Tintling eher leicht bestimmbar sein.
Haus-Tintling – COPRINUS DOMESTICUS (Bolt.: Fr.) Gray

Eine häufige und wohl auch gut bekannte Art ist die Hasenpfote oder auch der Hasenpfoten-Tintling (Coprinus lagopus). Der Hut wird bis 40 mm hoch und bis ca. 25 mm breit, er ist anfangs walzenförmig bis zylindrisch, später jedoch zunehmend glockig bis breitkegelig, bis er schließlich ganz ausgebreitet ist und zerfließt. Die Oberfläche ist vor allem jung von einem dicken, hellbräunlichen bis hell graubraunem Velum überzogen. Der Hut verkahlt meist von der Mitte her und zeigt dann erst seine dunkelbraune Färbung, während die abgeflachte Mitte mit Brauntönen vermischt ist. Häufig ist die Oberfläche auch fein radialriefig oder –streifig. Die Lamellen sind zunächst hellgrau, dann rasch schwarzgrau bis rabenschwarz. Sie zerfließen recht schnell und sind fast frei bis schmal am Stiel angeheftet. Der Stiel ist zylindrisch und oberflächlich stark filzig-faserig bis striegelig und weiß, im Alter dann aber glatt. Der ganze Fruchtkörper ist ziemlich zerbrechlich und sehr vergänglich. An einem Standort erscheinen aber immer wieder zahlreiche neue Fruchtkörper, die meist einzeln wachsen und unter Kräutern vorkommend leicht übersehen werden können. Meist findet man die Hasenpfote aber an freien, mit Rindenmulch bedeckten Stellen. Sie ist überaus häufig und dürfte kaum irgendwo fehlen. Verwechselt werden kann sie mit verschiedenen anderen Tintlingen, die ebenfalls mit einem Velum versehen sind und an ähnlichen Standorten vorkommen können. Hier seien vor allem der Wollstielige Misttintling (Coprinus cinereus) und der Rundsporige Hasenpfotentintling (Coprinus lagopides) zu nennen. C. cinereus unterscheidet sich deutlich durch andere Substratwahl (Misthaufen) und durch größere Fruchtkörper, während C. lagopides bevorzugend Brandstellen besiedelt. Es gibt noch eine Reihe weiterer, meist kleinerer Tintlinge mit grauen Hüten mit oder auch ohne Velum.
Hasenpfote – COPRINUS LAGOPUS (Fr.) Fr.

Wenig bekannt und wohl auch nicht so häufig wie die vorangenannten Arten ist der Schneeweiße Breitsportintling (Coprinus latisporus). Der Hut dieser Art wird bis 20 mm breit und bis ca. 15 mm hoch, wobei er anfangs walzenförmig bis zylindrisch und später breitkegelig ist. Die Oberfläche ist gänzlich von einem schneeweißen Velum überzogen, das sich im Alter stellenweise verwischt und vor allem an der Randpartie die graue, etwas radialstreifige Oberfläche darunter erkennen lässt. Der Rand ist zunächst glatt, reißt später aber radial ein und biegt sich oft nach innen (lt. B&K) oder auch nach außen (m.A.). Die Lamellen sind anfangs graulich, später zunehmend schwarzbraun bis schwarz und schmal aufsteigend angeheftet. Der zylindrische Stiel ist auf ganzer Länge fein mehlig bestäubt bis körnig, später jedoch kahl und von der Spitze her geschwärzt (von herabgefallenen Sporen). Der Schneeweiße Breitsportintling erscheint bevorzugt auf feuchten Pferdeäpfeln oder Kuhfladen. Seine Erscheinungszeit liegt zwischen August und Oktober. Der „Schnee“ auf der Hutoberfläche besteht aus zahlreichen Sphaerozysten, die locker miteinander verbunden sind und dadurch leicht abfallen. Der größere Schneeweiße Tintling (Coprinus niveus) ist etwas bekannter und leicht mit der beschriebenen Art zu verwechseln, bildet aber größere Fruchtkörper.
Schneeweißer Breitsportintling – COPRINUS LATISPORUS Ort.

Sehr viel bekannter und ebenso häufig ist der Glimmertintling (Coprinus micaceus). Sein Hut erreicht kaum mehr als 30 mm Breite und etwa 25 mm Höhe, er ist zunächst kegelig bis glockig und später breitglockig bis ausgebreitet. Die Oberfläche ist vor allem jung fein glimmerig-körnig, wodurch die Art ihren Namen erhalten hat. Sie ist außerdem deutlich radialriefig bis streifig und zentral orangebräunlich, während alles drumherum anfangs hellbräunlich, später jedoch vom Rand her zunehmend graubraun gefärbt ist. Die Lamellen sind anfänglich cremefarben, dann vom Rand her schwarz und letztlich im ganzen schwarz gefärbt. Sie sind fast frei bis schmal angeheftet. Der zylindrische Stiel ist anfangs auf bräunlichem Grund feinfaserig bis körnig, später kahl. Die Basis ist leicht verdickt und etwas weißfilzig. Den Glimmertintling findet man häufig an Stämmen geschwächter oder abgestorbener Laubbäume, gerne an Erle (Alnus), daher in Erlenbrüchen recht gut verbreitet, aber auch an Buche (Fagus) oder Eiche (Quercus), auch an vergrabenem Holz, an Wurzeln usw. Die Erscheinungszeit reicht vom April bis in den November hinein.
Glimmertintling – COPRINUS MICACEUS (Bull.: Fr.) Fr.

2) Worterläuterungen

domesticus = aus dem lat. „zum Haus gehörend“, vgl. auch lat. domus „Haus“ oder domestizieren

Ozonium = rostbrauner Myzelfilz an der Basis einiger Tintlinge, vor allem bei C. domesticus und C. radiatus zu beobachten.

lagopus = Hasenfuß, von pus „Fuß“

lagopides = lagopus + oides: ...oid; ...oides, zu deutsch „ähnlich“, hierzu nimmt man den Namen der Art, auf der sich die „ähnliche“ Art bezieht und setzt ...oides oder hier kurz ...ides dahinter, findet sich vor allem auch noch bei collybioid, also rüblingsähnlich, bezogen auf die Gattung Rübling (ist ja eigentlich wieder Quatsch, weil die Gattung Collybia nicht mehr für alle Rüblinge, sondern nur noch für die Sklerotienrüblinge gilt, schlechtes Beispiel ;-) ). Ein besseres Beispiel findet sich in der Astronomie: Asteroid, von aster „stern“ und ...oid „ähnlich“. Ein Asteroid ist also ein Sternähnlicher.

cinereus = grau

latisporus = breitsporig

niveus = schneeweiß, vgl. auch nival

3) Fortsetzung folgt...

mit besten Grüßen,
Kazuya

Beiträge in diesem Thread

Tintlinge - Coprinus - Teil 3 -- Kazuya -- 28. Dezember 2003, 20:09 Uhr
Re: Tintlinge - Coprinus - Teil 3 -- Andreas 2 -- 30. Dezember 2003, 00:21 Uhr
Re: Tintlinge - Coprinus - Teil 3 -- Kazuya -- 30. Dezember 2003, 11:16 Uhr

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