...und immer wieder schön zu lesen (oder gibt's hier jemanden, der sie noch nicht kennt?)
Der Pilz-Fachmann
Ein Mensch, als Schwammerlkenner groß,
Hat ein beklagenswertes Los:
Daß er sich ausruht und gut nährt,
Aufs Land er zu Verwandten fährt -
Statt dessen heißt es gleich: Hurrah!
Jetzt ist der Schwammerlonkel da!
Schon wird mit Freund und Freundesfreund
Den ganzen Tag der Wald durchstreunt;
Dem Menschen wird zur sauren Pflicht
Der ambulante Unterricht:
Man hetzt ihn wild bergauf, bergab:
"Schau her, was ich gefunden hab!"
Als Lehrkraft ist er sehr von Nutzen,
Besonders auch beim Schwammerlputzen,
Und nachts noch muß er überwachen
Die Kochkunst, Pilze einzumachen.
Und weil dort jeder Schwammerl mag
Und sie nicht aß seit Jahr und Tag,
Gibt's als Gemüs, Salat und Suppen,
Nur Schwammerl, ach, bis in die Puppen.
Die Kirchweihgans wird erst verspeist,
Wenn er schon wieder abgereist.
Der Waldgänger
Ein Mensch im Wald ging für sich hin
Und nichts zu suchen, war sein Sinn.
Doch welch ein Glück! Ein Steinpilz stand,
Ein Prachtstück, dicht am Wegesrand.
Der Mensch, nun schon voll Sucherdrang,
Trug ihn in Händen, stundenlang. -
Dann endlich sah er seufzend ein,
Wie wertlos solch ein Pilz allein.
Er warf ihn fort, ging unfroh weiter:
Da stand, nicht ganz so schön, ein zweiter.
Der Mensch, vom ersten Fall gewitzt,
Daß man mit einem - nichts besitzt,
Verzichtete und ließ ihn stehen,
Zumal's schon Zeit war, heimzugehen.
Doch tretend aus des Waldes Mitten,
Sah unverhofft er einen dritten:
Den pflückte er, mit wildem Eifer. -
Doch wie er auch, als Forstdurchstreifer,
Jetzt schwitzend durch das Dickicht hetzte,
Der dritte, kleinste, blieb der letzte.
Den hat er müde, in der Nacht,
Von seinem Waldgang heimgebracht.
Um die Moral nicht zu versäumen:
Glück in zu weiten Zwischenräumen -
Und schiene es auch einzeln groß -
Beunruhigt unsre Seele bloß...
(Eugen Roth)