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Pilze Pilze Forum Archiv 2004

Muschelinge - Teil 1

Geschrieben von: Kazuya
Datum: 24. März 2004, 18:24 Uhr


Beitrag - Teil 1
Muschelinge – Gattungen Arrhenia, Crepidotus, Hohenbuehelia, Panellus, Pleurotus, Resupinatus, Sarcomyxa, Tapinella

Hallihallo,

der vorliegende Beitrag ist schon seit geraumer Zeit geplant, leider hatte ich in den letzten Tagen resp. Monate nicht genügend Zeit für die Aufarbeitung dieses „Kapitels“, in dem es sich vorrangig um Lamellenpilze mit rudimentären Stielen handelt. Hierbei wurde der Speisewert wie auch der Bekanntheitsgrad der aufgeführten Arten beiseite gelassen, die größtenteils (mit Ausnahme des Austernseitlings) ungenießbar bzw. wertlos im Bezug auf die Verwertung sind. Damit werden die eigentlichen Beschreibungen der jeweiligen Arten in den Vordergrund gestellt, wobei ich versuche, auf Verwechslungsmöglichkeiten (vor allem auch Austernseitling – Gelbstieliger Muscheling) möglichst detailliert hinzuweisen. In den Beschreibungen selbst sind wie üblich keine Mikromerkmale zu finden, d.h. ich habe nach makroskopischen Kriterien gearbeitet, wobei ich besonders kritische (also makroskopisch unbestimmbare) Arten weggelassen habe (vor allem aus der Gattung Crepidotus).

1) Übersicht
In allen oben aufgeführten Gattungen befinden sich Arten mit fehlenden oder zumindest rudimentär ausgebildeten Stielen. Die Größe der Fruchtkörper schwankt dabei zwischen 5 – 10 mm für Arten aus den Gattungen Hohenbuehelia und Resupinatus und 40 – 100 mm für einige Arten aus der Gattung Pleurotus sowie auch für Sarcomyxa serotina. Alle erwähnten Arten bilden Lamellen (bisweilen rudimentär) aus, aber nicht alle sind in der Familie Agaricales (Lamellenpilze) zu finden, sondern z.T. sogar bei den Polyporaceen (porlingsartige) zuhause. Die Arten sind zudem durchgängig Saprophyten, wobei man unterschieden muss zwischen lignicol (holzbesiedelnd = siehe Austernseitling), herbicol (krautbesiedelnd = siehe Hohenbuehelia) und terrestrisch (Arrhenia acerosa). Eine der hier beschriebenen Arten ist nachweislich bryocol (moosbesiedelnd = siehe Arrhenia lobata).

2) Die Gattungen
Adermooslinge – Arrhenia (früher auch Leptoglossum)
Die Adermooslinge sind im mitteleuropäischen Raum mit kaum mehr als 6 Arten vertreten, die häufig an diverse Moosarten gebunden sind, seltener auch terrestrisch wachsen. Gekennzeichnet sind die Arten üblicherweise durch ihre rudimentär ausgebildeten Lamellen, d.h. es sind auf der Hutunterseite mehr aderartige Auswüchse als wirklich Lamellen erkennbar (siehe Gattungsname). Die Ausnahme bildet insofern der Grauweiße Zwergseitling (Arrhenia acerosa). Diese Art ist ein typischer „Gattungswanderer“, von Phaeotellus über Omphalina bis hin zur aktuellen Gattung Arrhenia war sie schon zu finden gewesen. Die gut ausgebildeten Lamellen passen aber auch hier nicht so recht ins Gattungskonzept, wobei man sagen muss, dass die Fruchtkörper mit ihrer geringen Größe und der z.T. spatelartigen Form durchaus zu den typischen Merkmalen der Gattung passen. Die meisten Arten werden kaum mehr als 20 (-30) mm breit und sind durchgängig rudimentär gestielt. Lediglich der Ohrlöffelseitling (Arrhenia auriscalpium) bildet mit seinem seitlich angewachsenen Stiel eine Ausnahme.

2.1) Die Arten

Eine recht seltene Art der Gattung ist der Grauweiße Zwergseitling (Arrhenia acerosa). Die Art kennzeichnet sich durch relativ helle, bis zu 30 mm breite Fruchtkörper mit weißlicher oder grauweißlicher Hutoberseite und dunkelgrauen Lamellen. Typisch ist die farblich zonierte Oberseite, wobei die Farbe in unmittelbarer Nähe der Ansatzstelle am dunkelsten ist. Diese Ansatzstelle ist zumeist weißlich-filzig, m. W. ein gutes Merkmal. Die Lamellen sind recht gut ausgebildet und laufen zur Ansatzstelle. Man findet jedoch auch Fruchtkörper, deren Lamellen teils rudimentär oder aderig ausgebildet sind. Der Grauweiße Zwergseitling ist vor allem im Herbst (September bis November) zu finden. Er erscheint gerne an grasigen, moosigen Wegrändern, kommt aber auch auf völlig nackten Böden vor. Diese sind zumeist lehmig-feucht und durchsetzt mit kleinen Holzstückchen. Ich fand die Art abseits eines Weges an einer lichten Stelle in einem Buchen-Eichen-Mischwald.
Grauweißer Zwergseitling – Arrhenia acerosa

Noch etwas seltener als die oben erwähnte Art ist der Stiellose Adermoosling (Arrhenia lobata). Seine Fruchtkörper werden ca. 10 – 25 mm breit und sind zumeist unregelmäßig muschel- bis spatelförmig. Häufig ist der Hutrand wellig verbogen. Die Oberfläche des Hutes ist glatt, stellenweise etwas runzelig, hasel- bis olivbraun, etwas durchscheinend aderig, bisweilen auch etwas gezont. Der Hutrand ist häufig eingeschnitten und etwas eingerollt. Die Lamellen sind kaum oder nur andeutungsweise ausgebildet, man kann sie in Form von anastomosierenden Adern auf der Hutunterseite vorfinden, die der Oberseite gleichfarbig oder mehr graubraun gefärbt ist. Der Stiellose Adermoosling erscheint vor allem im Frühling und im Herbst an besonders feuchten Stellen ausschließlich an Moosen (Bryum, Hypnum usw.), gerne in Mooren, entlang von Bachläufen und ähnlichen Standorten.
Stielloser Adermoosling – Arrhenia lobata

3) Erläuterung der Fachbegriffe
rudimentär = undeutlich, nicht vollständig ausgebildet, verkrüppelt, wird häufig als Beschreibung von Lamellen oder Stielen verwendet.

Polyporaceae, Polyporaceen = Familie der Porlingsartigen, hier befinden sich Arten mit zumeist zähem Fruchtfleisch und typischem Vorkommen an Holz. Es gibt einige lamelloide Porlinge (Pleurotus u.a.), die sich z.T. nicht deutlich von typischen Lamellenpilzen unterscheiden lassen.

lignicol = holzbesiedelnd, das sind Arten, deren spezifischer Standort Holz ist, dies können Äste, Stämme, Rindenstücke oder auch Rindenmulch sein.

herbicol = krautbesiedelnd, das sind Arten, deren spezifischer Standort krautige Stängel sind, dies können Grashalme, Schilf, Stängel von Doldenblütler usw. sein.

terrestrisch = hiermit sind erdbewohnende Arten gemeint, die keine direkte Verbindung zu Holz oder sonstigen Pflanzenresten zeigen.

bryocol = moosbesiedelnd (nicht zu verwechseln mit bryophil = moosliebend), das sind Arten, deren spezifischer Standort Moosarten sind.

4) Fortsetzung folgt mit den Arten der Gattungen Crepidotus und Hohenbuehelia...

mit besten Grüßen,
Kazuya

Beiträge in diesem Thread

Muschelinge - Teil 1 -- Kazuya -- 24. März 2004, 18:24 Uhr
Re: Muschelinge - Teil 1 -- Christoph -- 24. März 2004, 22:58 Uhr

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