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Rote Liste, Pfifferling, Böhmische Verpel

Geschrieben von: Christoph
Datum: 16. April 2004, 00:23 Uhr


Die Verpeldiskussion aufgreifend, dachte ich, es sei ne gute Idee, das Problem Rote Liste vs. Küche aufzugreifen.

Es gibt in der Tat gefährdete Arten, die lokal noch (zum Glück) richtig häufig sein können. So z.B. das Schweinsohr, Gomphus clavatus. In den Allgäuer und Ammergauer Alpen ist es richtig häufig, lässt sich theoretisch kiloweise sammeln und schmeckt ausgezeichnet. Findte man hingegen außerhalb der Kalkalpen Schweinsohren wäre es fast ein Verbrechen, diese zu verspeisen.

Klar, wegen Sammelns ist noch keine Art ausgerottet worden. Wenn eine Art aber sehr selten ist, sollte man nicht zusätzlich die Sporenverbeitung behindern. Es gibt leider genug (Idioten), die z.B. Königsrhrlinge sammeln und essen, obwohl die Art bundesweit fast ausgestorben ist. Klar wächst sie an manchen Stellen jedes Jahr. Trotzdem - wenn das Mycel mal stirbt ist er ganz weg... und er wird erst recht spät wirklich reif.

Was ich damit sagen möchte? Ganz einfach... bitte dem Pilzschutz zuliebe nur sammeln, was man kennt - und nicht z.B. alle Röhrlinge, die kein Satanspilz sind und auch nicht bitter sind, mitnehmen und spachtln.

Zu ajuga und der Böhmischen Verpel. Es ist klar, in vielen Gegenden ist sie eine absolute Rarität. ich habe sie z.B. erst einmal in natura gesehen. war ein großer Bestand, aber vermutlich nur ein (?!) Mycel. Dort kommt sie jedes jahr (ich wurde hingeführt). Vielen tut es zurecht in der Seele weh, wenn jemand angibt, dass er davon 30 Stück gesammelt hat und sie nun verzehren will. Auch hier gilt: bitte nicht alles morchelartige Sammeln, nach dem Motto, es ist keine Lorchel...
Wenn aber Verpa bohemica großflächig in Massen auftritt, tut es ihr sicher nicht weh, wenn einer mal davon knabbert. Aber leider ist es dann oft nicht nur einer. Daher ist auch klar, dass hier im Forum (ich finde berechtigt) Gegenwind kommt. Man hätte es ja auch diplomatischer ausdrücken können (war heuer so häufig bei mir, dass ich mal ein paar wenige zum Probieren mitnahm - gut, dass es sich eh nicht lohnt).

Zum Pfifferling...
Der ist auch RL 3. Die Aussage, dass egal wo man ihn findet er in der Pfanne landen muss finde ich ehrlich gesagt auch nicht so toll. Man muss vielleicht anfügen, dass es mehrere Pfifferlingsarten gibt. So z.B. ab Juni in Buchenwäldern Cantharellus subpruinosus, oder montan vor allem Cantharellus amethysteus (meist als C. cibarius gesammelt). Der "echte" Cantharelus cibarius im engen Sinne (Flachlandpfifferling ohne dunkleren Hut, ohne angedeutete Schupen, auf Druck nicht sofort rostig fleckend, jung nicht weiß bereift etc.) geht wirklich seit längerem deutlich zurück. es wird der Stickstoffeintrag in die Wälder als Auslöser vermutet. Und Pfiffelringe werden von skrupellosen Sammlern oft schon als Babys aus dem Boden gerissen. Die Art ist in Großstadtnähe zudem einfach übersammelt. Schade, dass man hier keine Rücksicht nehmen kann und ihn immer und überall verputzen muss. Wenn er in größeren mengen vorkommt, warum nicht. Aber immer, überall?

Die Roten Listen sind keine Rechtsnorm. manche Arten wurden auch subjektiv dort eingestuft (und manches ist sicher nicht richtig). Aber sie sind besser als nichts. Übrigens werden sie demnächst überarbeitet werden. Bundesweit läuft das Vorhaben mit Ziel 2008. leider gibt der Staat keinen cent dafür aus und hofft auf rein ehrenamtliche Arbeit. Wäre doch schade, wenn sich viele kostenlos und mit viel Enthisiasmus die Mühe machen - und dennoch ignoriert werden...

Um dem Posting eine Frage anzuschließen...:
Wie sehen es die Teilnehmer hier im Forum - egal ob Mykophage (Pilzesser) oder Pilzinteressierter allgemein. Ist Seltenheit und Schutz egal? Hauptsache es schmeckt? Sollte man regional differenzieren (was mit den Ländelristen eh schon geschieht)?! So kann man dem Bayerwäldler den samtpfiffelring Canth. friesii essen lassen, den Allgäuer seine Schweinsohren lassen und der Starnberger-See-Anwohner kann auch mal ne Schleiereule essen (den Pilz!). oder sollte man streng auf eine Art Etiquette achten, dass RL-Arten für den Kochtopf generell tabu sein sollten und gegengesetzte praktiken geächtet werden müssten?

Vielleicht ergibt sich so eine Diskussion... ich hoffe zumindest (und möglichst kontrovers)

Grüße
Christoph

Beiträge in diesem Thread

Rote Liste, Pfifferling, Böhmische Verpel -- Christoph -- 16. April 2004, 00:23 Uhr
Re: Rote Liste, Pfifferling, Böhmische Verpel -- fungopracticus -- 16. April 2004, 02:18 Uhr
Re: Rote Liste, Pfifferling, Böhmische Verpel -- Dedimyk -- 16. April 2004, 10:14 Uhr
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Re: gewerbliches Sammeln -- Christoph -- 16. April 2004, 18:57 Uhr
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waidgerecht mit den Funden umgehen *oT* -- Karl-Heinz -- 17. April 2004, 07:46 Uhr

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