: Die Verpeldiskussion aufgreifend, dachte ich, es sei ne gute Idee, das
: Problem Rote Liste vs. Küche aufzugreifen.
: Es gibt in der Tat gefährdete Arten, die lokal noch (zum Glück) richtig
: häufig sein können. So z.B. das Schweinsohr, Gomphus clavatus. In den
: Allgäuer und Ammergauer Alpen ist es richtig häufig, lässt sich
: theoretisch kiloweise sammeln und schmeckt ausgezeichnet. Findte man
: hingegen außerhalb der Kalkalpen Schweinsohren wäre es fast ein
: Verbrechen, diese zu verspeisen.
: Klar, wegen Sammelns ist noch keine Art ausgerottet worden. Wenn eine Art
: aber sehr selten ist, sollte man nicht zusätzlich die Sporenverbeitung
: behindern. Es gibt leider genug (Idioten), die z.B. Königsrhrlinge sammeln
: und essen, obwohl die Art bundesweit fast ausgestorben ist. Klar wächst
: sie an manchen Stellen jedes Jahr. Trotzdem - wenn das Mycel mal stirbt
: ist er ganz weg... und er wird erst recht spät wirklich reif.
: Was ich damit sagen möchte? Ganz einfach... bitte dem Pilzschutz zuliebe nur
: sammeln, was man kennt - und nicht z.B. alle Röhrlinge, die kein
: Satanspilz sind und auch nicht bitter sind, mitnehmen und spachtln.
: Zu ajuga und der Böhmischen Verpel. Es ist klar, in vielen Gegenden ist sie
: eine absolute Rarität. ich habe sie z.B. erst einmal in natura gesehen.
: war ein großer Bestand, aber vermutlich nur ein (?!) Mycel. Dort kommt sie
: jedes jahr (ich wurde hingeführt). Vielen tut es zurecht in der Seele weh,
: wenn jemand angibt, dass er davon 30 Stück gesammelt hat und sie nun
: verzehren will. Auch hier gilt: bitte nicht alles morchelartige Sammeln,
: nach dem Motto, es ist keine Lorchel...
: Wenn aber Verpa bohemica großflächig in Massen auftritt, tut es ihr sicher
: nicht weh, wenn einer mal davon knabbert. Aber leider ist es dann oft
: nicht nur einer. Daher ist auch klar, dass hier im Forum (ich finde
: berechtigt) Gegenwind kommt. Man hätte es ja auch diplomatischer
: ausdrücken können (war heuer so häufig bei mir, dass ich mal ein paar
: wenige zum Probieren mitnahm - gut, dass es sich eh nicht lohnt).
: Zum Pfifferling...
: Der ist auch RL 3. Die Aussage, dass egal wo man ihn findet er in der Pfanne
: landen muss finde ich ehrlich gesagt auch nicht so toll. Man muss
: vielleicht anfügen, dass es mehrere Pfifferlingsarten gibt. So z.B. ab
: Juni in Buchenwäldern Cantharellus subpruinosus, oder montan vor allem
: Cantharellus amethysteus (meist als C. cibarius gesammelt). Der
: "echte" Cantharelus cibarius im engen Sinne
: (Flachlandpfifferling ohne dunkleren Hut, ohne angedeutete Schupen, auf
: Druck nicht sofort rostig fleckend, jung nicht weiß bereift etc.) geht
: wirklich seit längerem deutlich zurück. es wird der Stickstoffeintrag in
: die Wälder als Auslöser vermutet. Und Pfiffelringe werden von skrupellosen
: Sammlern oft schon als Babys aus dem Boden gerissen. Die Art ist in
: Großstadtnähe zudem einfach übersammelt. Schade, dass man hier keine
: Rücksicht nehmen kann und ihn immer und überall verputzen muss. Wenn er in
: größeren mengen vorkommt, warum nicht. Aber immer, überall?
: Die Roten Listen sind keine Rechtsnorm. manche Arten wurden auch subjektiv
: dort eingestuft (und manches ist sicher nicht richtig). Aber sie sind
: besser als nichts. Übrigens werden sie demnächst überarbeitet werden.
: Bundesweit läuft das Vorhaben mit Ziel 2008. leider gibt der Staat keinen
: cent dafür aus und hofft auf rein ehrenamtliche Arbeit. Wäre doch schade,
: wenn sich viele kostenlos und mit viel Enthisiasmus die Mühe machen - und
: dennoch ignoriert werden...
: Um dem Posting eine Frage anzuschließen...: Wie sehen es die Teilnehmer hier
: im Forum - egal ob Mykophage (Pilzesser) oder Pilzinteressierter
: allgemein. Ist Seltenheit und Schutz egal? Hauptsache es schmeckt? Sollte
: man regional differenzieren (was mit den Ländelristen eh schon
: geschieht)?! So kann man dem Bayerwäldler den samtpfiffelring Canth.
: friesii essen lassen, den Allgäuer seine Schweinsohren lassen und der
: Starnberger-See-Anwohner kann auch mal ne Schleiereule essen (den Pilz!).
: oder sollte man streng auf eine Art Etiquette achten, dass RL-Arten für
: den Kochtopf generell tabu sein sollten und gegengesetzte praktiken
: geächtet werden müssten?
: Vielleicht ergibt sich so eine Diskussion... ich hoffe zumindest (und
: möglichst kontrovers)
: Grüße
: Christoph
hallo, christoph,
es tut richtig gut, deine nicht nur (natürlich!) fundierten gedanken zur "pilzernte" zu lesen, sondern einmal verstand und ethos derjenigen, die pilze für speisezwecke sammeln ( ich gehöre ja auch dazu) vereint vorgetragen zu sehen.
ich weisheite in binsen, wenn ich in diesem zusammenhang die pilzfotografie jedem pilzfreund ans herz legen möchte.viele bestimmungsmerkmale sind für den "normalverbraucher" auch an ort und stelle am lebenden exemplar festzustellen. wer's genauer wissen will, kann auch, zu allermeist, einige (wenige!) exemplare mitnehmen. und fotos sind ja nicht nur einigernmaßen aussagekräftig, sondern auch etwas für ein langlebiges archiv prädestiniert.
ich persönlich kann "massenernten" akzeptieren, wenn es a) es das vorkommen, die häufigkeit und die ökologie (mykorrhiza!) wirklich erlaubt und b) eine vernünftige (?) verwendung des sammelgutes gewährleistet ist.
immer sollte für den "mykophagen" oder auch für den gelegentlichen pilzverzehrer gelten: hauptsache, es schmeckt mit gutem gewissen.aber dazu sind andere fähigkeiten als ausschließlich mykologische gefragt. schade wäre es jedenfalls um jedes "schwammerl", wenn es geerntet wird, ohne dass ein vernünftiger grund dahinterstünde. der genussvolle verzehr der objekte unseres interesses ist davon eh auch einer.
adi