...Kalter schauer,Gänsehaut und tränen verdrücken, weil sooo wahr;-)):
Die Wälder schweigen
Die Jahreszeiten wandern durch die Wälder.
Man sieht es nicht. Man liest es nur im Blatt.
Die Jahreszeiten strolchen durch die Felder.
Man zählt die Tage. Und man zählt die Gelder.
Man sehnt sich fort aus dem Geschrei der Stadt.
Das Dächermeer schlägt ziegelrote Wellen.
Die Luft ist dick und wie aus grauem Tuch.
Man träumt von Äckern und von Pferdeställen.
Man träumt von grünen Teichen und Forellen.
Und möchte in die Stille zu Besuch.
Man flieht aus den Büros und den Fabriken.
Wohin, ist gleich! Die Erde ist ja rund!
Dort, wo die Gräser wie Bekannte nicken
und wo Spinnen seidne Strümpfe stricken,
wird man gesund.
Die Seele wird vom Pflastertreten krumm.
Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden
und tauscht bei ihnen seine Seele um.
Die Wälder schweigen. Doch sie sind nicht stumm.
Und wer auch kommen mag, sie trösten jeden.
Einfach schöön....
: Hallo, zusammen,
: Hier das Kästner-Gedicht zum Monat August.
: (Ich hatte Euch versprochen, die Monats-Gedichte des Lyrikers jeweils zum
: Ersten zu posten – bin wieder mal in Verzug...)
: Das August-Gedicht ist für mich eines der schönsten des ganzen Zyklus (und
: für mich etwas vom schönsten, was uns in deutscher Sprache je geschenkt
: wurde).
: Es ist sinnlos, wenn ich versuchen würde, Euch zu erklären, was das Gedicht
: für mich in meinem Leben bedeutet.
: Es spricht für sich selber: Der August
: Nun hebt das Jahr die Sense hoch
: Und mäht die Sommertage wie ein Bauer.
: Wer sät, muss mähen.
: Und wer mäht, muss ... säen.
: Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
: Stockrosen stehen hinterm Zaun
: In ihren alten, brüchigseidnen Trachten.
: Die Sonnenblumen, üppig, blond und braun,
: mit Schleiern vorm Gesicht, schaun aus wie Frau’n,
: die eine Reise in die Hauptstadt machten.
: Wann reisten die? Bei Tage kaum.
: Stets leuchteten sie golden am Stakete.
: Wann reisten die? Vielleicht im Traum?
: Nachts, als der Duft vom Lindenbaum
: An ihnen abschiedssüss vorüber wehte?
: In Büchern liest man gross und breit,
: selbst das Unendliche sei nicht unendlich.
: Man dreht und wendet Raum und Zeit.
: Man ist gescheiter als gescheit, -
: Das Unverständliche bleibt unverständlich.
: Ein Erntewagen schwankt durchs Feld.
: Im Garten riechts nach Minze und Kamille.
: Man sieht die Hitze. Und man hört die Stille.
: Wie klein ist heut die ganze Welt!
: Wie gross und grenzenlos ist die Idylle...
: Nichts bleibt, mein Herz. Bald sagt der Tag Gutnacht.
: Sternschnuppen fallen dann, silbern und sacht,
: ins Nirgendwo, wie Tränen ohne Trauer.
: Dann wünsche Deinen Wunsch, doch gib gut acht!
: Nichts bleibt mein Herz. Und alles ist von Dauer.
: Bei einem anderen seiner Gedichte hatte Kästner die Nachbemerkung angebracht:
: „Über diesem Gedicht musste Lisa beinahe weinen.“
: Der Satz fällt mir immer ein, wenn ich dieses Gedicht lese...
: Lieben Gruss, Harald Andres
: Hier die bisherigen Gedichte:
: http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=63279
: http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=64340