hallo,
jetzt machst mich wirklich ratlos.
Nicht, dass ich dich nicht verstehe, hast ja eigentlich alles, was man antworten könnte, schon vorweggenommen.
(pikanterweise solltest du auch mein Augenzwinkern bei meinen Formulierungen, die dich zu diesem Posting veranlasst haben, gemerkt haben - oder nicht? - wirklich nicht? - lies es noch mal nach...).
Dein Posting ist auch ein wenig eine Essenz vieler Diskussionen hier.
Was mich ratlos macht...
So einfach ist es nicht auf einen Nenner zu bringen...
ich überlege gerade...
Ich glaube, es gibt ein paar Grundprobleme:
(ich versuche es mal...)
- Pilze sind anders.
Sie sind bei den Menschen mit uralten, unbewussten Aengsten behaftet.
Gutes Beispiel: Unterschiedliche Wertung der Reaktionen auf Allergien bei Erdbeeren oder Pilzen.
Entsprechend kannst du viele andere Reaktionen (auch hier im Forum!) werten, vor allem solche, die emotionsgeladen und vorwurfsvoll an Verantwortungsbewusstsein anderer appellieren, etc.
Ich glaube, diesen Aspekt der Mykologie sollten wir nicht unterschätzen.
-Die unterschiedliche Auffassung, wie man den "pädagogischen" Aspekt handhaben sollte.
Tönt harmlos. Ist es aber nicht! Es ist wahrlich nicht zu unterschätzen!
Ich kann es am ehesten an einem Beispiel erläutern:
Die VAPKO in der Schweiz empfiehlt mittlerweile, Pilze generell nicht roh zu essen.
Wir geben diese Empfehlung natürlich weiter.
Nur: woher kommt sie?
Sie soll generalisieren, ein Problem an der Wurzel beseitigen.
Nicht mehr aufzuklären suchen, welche Pilze evtl. bei wem in welcher Situation evtl. roh Probleme bereiten könnten, sondern - im Sinne eines "Polizeilichen" Verbots, das Problem von Grund auf beseitigen:
"man isst halt keine rohen Pilze!"
Ich gebe zu, das ist eigentlich nicht mein "Stil".
Ich wäre eher geneigt, den Leuten (das ist kompliziert und schwierig!) klarzumachen suchen, dass sie vielleicht rohe Champignons auf dem Salat vertragen, dass das aber nicht heisst... etc. etc.
Ich sehe nämlich ein Problem in dem "polizeihaften", das Problem auf eine simple Lösung reduzierenden Verbot:
Wir sagen den Leuten: Pilze generell nicht roh essen, das verträgt man nicht!
Dann erinnert sich jemand daran, dass er Zuchtchampis auf dem Salat immer vertragen hat, oder manirierte Steinpilze, und schliesst daraus:
Quatsch! Ich vertage rohe Pilze! - und - isst einen rohen Perlpilz!
Da verkehrt sich das gutgemeinte Verbot in einen Rohrkrepierer!!!
Versteht ihr, dass mich das Beispiel ratlos macht?
Dass es für mich die Essenz vieler Diskussionen in unserem Fach darstellt?
Da prallen wirklich Weltbilder, wie man kaum vereinen kann, "pädagogische" Auffassungen, die wohl kaum miteinander kommunizieren können (hab ich leider in der Praxis schon festgestellt) aufeinander....
Ich glaube, das Beispiel illustriert viele Diskussionen in diesem Forum, was ihre Struktur betrifft.. (wie soll man Pilze "schonend" pflücken - wie soll man mit "geschützten" Pilzen umgehen - etc. etc.) - erstaunlich, wie emotional da die Auffassungen aufeinanderprallen - ist es nicht ein grundsätzliches Denk- und Auffassungsproblem, wie man sich diese Welt zurechtlegt, dass all dem zugrunde liegt?
Natürlich läuft das alles nicht einfach "negativ" ab.
Ich bin froh, wenn ich Gegenargumente für meine Auffassungen höre, wenn ich hinterfragt werde, mich neu orienterieren kann..
Gerade dieses Formun ist darin sehr lebendig, durchbricht für mich oft in den Diskussionen die festen "abgesteckten Grenzen".
wir lernen ja dauernd dazu...
Was will ich sagen... ?
Ah ja, das "pädagogische"...
Noch ein Beispiel:
Ich verhalte mich so, Sammlern, die z.B. ein paar Mohrenkopfmilchlinge freudenstrahlend in die Kontrolle bringen, zu sagen, das Teil sei eigentlich schützenswert, sie sollten doch darauf achten, vielleicht die Pilze eher stehen lassen, oder sich zumindest bewusst sein - o.k. - wenn sie gerade massenhaft herumgestanden sind, sei es wohl kein Problem, wenn sie in diesem Fall... etc.
Also: ich versuche sie für ihre eigene Verantwortung zu sensibilisieren.
Theoretisch sollte ich ihnen einfach verbieten, die Dinger zu sammeln.
Wenn ich dann aber sehe, wie unsere "Waldpfleger" die Forste mit ihren Maschinen gleich hektarweise umpflügen, dann finde ich es schlicht peinlich, einem glücklichen Sammler seinen Mohrenkopf wegzunehmen... ein blödes, para-polizistoides Verhalten... finde ich...
Kann man auch anders auffassen. Eben! ich akzeptiere andere Auffassungen!
Aber muss ich sie übernehmen? Muss ich mich anfahren lassen, wenn ich sie nicht übernehme?
Das meine ich ja...!
Nur, kann man diese Auffassungen irgendwo vereinen?
Ich habe manchmal schon - ich gebe es zu - ein wenig die Hoffnung verloren....
Ich glaube das Beispiel illustriert wieder eine ganze Reihe anderer Diskussionen in diesem Forum...
konnte ich mich verständlich machen?
Das gleiche gilt für die ganze Diskussion, ob man den Leuten im Forum noch bestätigen darf, dass sie einen Steinpilz gefunden haben, wenn das Bild eindeutig ist, oder ob man sich schon fast kriminell verhält, zu grobfahrlässigem Verhalten anstiftet, etc....
Da prallen wieder grundsätzlich-regulatorisch-kontrollierende, versus situationsbedingt-vernunftmässige Auffassungen aufeinander (die natürlich niemals beide grundsätzlich "falsch" sind!!!).
Nur: eine Morchel bleibt eine Morchel, bleibt eine Morchel - wenn es eine ist!
Soll ich mich zum Idioten machen, zu sagen:
Es hat Aehnlichkeit mit einer Morchel, nur kann ich dass in diesem Forum nicht als absolute Wahrheit sagen, weil grundsätzlich...
igitt!!!
Was wollte ich sagen?
... habe es wohl gesagt... was meint ihr?
lieben Gruss, Harald Andres