Robinson Freitag fuer den Coprinus:

"Herr Huhngesicht, wie erklaert sich Ihre unfassbare Guete, sich ausgerechnet fuer den Coprinus so intensiv zu engagieren?"

HG:"Der Coprinus hat, seit ich vermehrt fuer ihn Artikel verfasse, staendig an Profil gewonnen. Dies, weil er auf das Prinzip Leistung festgelegt ist.
Will sagen: Sie als Redakteur lassen den selbstbewussten Feingeist, der etwas vorzuweisen meint, zu Wort kommen und nicht nur den promovierten Prahlhans, der darauf Anpruch erheben will.
Sowas freut einen Menschen, der schon immer gern andere belehrt hat.
Unbedingt moechte ich hinzufuegen, dass meine vielen wichtigen Freunde bestaetigen koennen, dass ich natuerlich keinen Doktortitelkomplex pflege. Da lache ich drueber, haha. Haha, faellt mir da eine lustige Anekdote ein. Vor einigen Jahren haben wir eine Exkursion in die Kanalisation von Bitterfeld gemacht, um die Pilz-Vielfalt der Schachtwaende zu bewundern. Wie das so ueblich ist, wurden von dem Veranstalter Namensschildchen ausgeteilt; von denen es solche mit Mueller, Schulze, Friedelbert gab und solche, bei denen vor diesen Namen ein Dr. eindringlich prangte. Dies fuehrte beschaemend dazu, dass man sich zwar mehrheitlich den Doktor nicht aber das Dahinter merkte und so schwirrte es bei den abendlichen Begruessungen nur so von "Herr Doktor" hin und "Herr Doktor" her.
Ich aergerte mich darueber masslos, sodass ich am naechsten Tag auf mein Namensschild D.r phi.l na.t begabt schrieb.
Ein Trick, hehe. Es dauerte nicht lange, und jeder nannte mich Herr Doktor, worauf ich meinen Gegenueber auf die Punkte zwischen den Buchstaben hinwies, was fuer "der philleicht Naturbegabte" stehen sollte. Diese mehr als amuesante Anekdote machte schnell die Runde, sodass ploetzlich alle auf den nicht ignorierbaren Teil des Namens Dr verzichteten und ein sozial ausgewogenes zwischenmenschliches Miteinander endlich moeglich war und die Zweiklassengesellschaft ueberwand.
Es gibt kaum eine Alternative zum Coprinus, will man Texte didaktisch aufbereitet sehen, die verstaendlich und sachlich fundiert die Hochsprache nicht missachten. Verirrt man sich zB. nur kurz in den Muellhaufen internet, muss man mit entsetzen feststellen, dass wir unsere Flocki-Pudel braten und ihre und meine Kinder Maronenroehrlinge auf Baeumen suchen sollen. Wer den lateinischen Namen nicht ehrt, dem rutsch nur allzu bald die Nebelkappe uebers Schweinsohr und klingelt der Gloeckling, waehrend die gallerfleischigen Stummelfuesschen schmerzen. Wer glaubt, dass ihm gebratene Taeuberln das verpilzte Paradies versuessen, dem hat vielleicht schon jemand die Herkules-Keule uebergezogen."

Coprinus:"Ich weiss, dass sie permanent fuer Zeitschriften wie SC.IENCE Pfalz gestern heute morgen mit Pilzen auf Du und Du (Citation Index 0.000003 und einer Auflage von 12. Exemplaren), der alte Pilz - mein bester Freund, die Frisur des Myzels, ein Pilz wird nicht gebraut, Piep Piep Piep - wir haben Pilze lieb, die Geschichte der Madame P, der Mann den sie Pilz nannten, ein Pilz macht noch keinen Sommer, der mit den Pilzen tanzt, NAT.URE funghi und PILZ veroeffentlichen und daher von unzaehligen Redakteuren umworben werden. Wie bringen sie das zusammen?

HG:"Ein kleines Beispiel: Seit meiner Kinderzeit gehe ich durch den Wald. Da sehe ich Baeume und Baeume sind Pflanzen. Da sehe ich Steine und Mineralien und Fluesse und Voegel. Und da sammle ich Steine, fange Voegel und beschreite Pfade.
Erkenntnisse und Wissen bauen sich auf durch stete Beobachtung von Gegebenheiten und Vorgaengen in der Natur.
Das schafft Grundlagenverstaendnis, und der Kreis schliesst sich immer."

Coprinus:"Erhalten sie viele Rueckmeldungen auf Ihre Artikel und Artikel-Serien?"

HG:"Leider zu wenige muss ich gestehen. Es sei denn "ich kitzele sie heraus". Es wird schon mal sehr lebhaft, wenn ich den unbedarften Pilzsammler direkt mit seiner Einfalt konfrontiere, ueberraschend durch ein Kaufhausmikrophon die hyaline Sporenform von Rhytisma acerinum kritisch den elliptisch-bohnenfoermigen von Daldinia concentrica gegenueberstelle oder auch mal den Dorf-Pfarrer bei einer Firmung um das mykologische Wort bitte."

Coprinus:"Ihre pilzkundlichen Beitraege bestechen neben anderem durch fundierte geologisch-bodenkundliche, botanische und pflanzenphysiologische Hintergrund-Angaben. Ausserdem verfuegen sie ueber reiche Kenntnisse der Geschichte und der Gedanke des Artenschutzes spielt scheinbar eine grosse Rolle in ihrem Denken und Handeln. Ich habe auch gehoert, dass sie Jurist, Pilot und Anwaerter auf das Amt des Papstes sind, Operationen am offenen Herzen mit den Fuessen durchfuehren, den Turm von Babel in Gottes Namen zerstoerten, Kraft der Gedanken Berge versetzen und als Elvis reinkarnierten. Da Vergangenheit und Gegenwart so verzahnt sind wie die Mittwelt, erachte ich Verknuepfungen ueber Fakultaetsgrenzen hinweg fuer wichtig. Dem Gegenueber ist die restliche Menschheit dumm, ignorant, schlecht ausgebildet und Auswurf, den man nur ungern beachten mag. Wie gehen sie damit um?"

HG:"Lassen sie mich das mit einer witzigen Anekdote beantworten. Vor 38 Jahren hat der Arbeitskreis Pilze in Hinterfluffingen und der Verein Pilznasen Posen eine Pilzausstellung veranstaltet.
Angestrengt und ausgiebig habe ich hier Pilzkoerper mit beschrifteten Kaertchen giftig ja oder nein gekennzeichnet. Ploetzlich gesellte sich der damalige Bundespraesident mit Sohn und Hund bei und sah mir zu. Schliesslich wagte der Praesident doch die Frage, warum und wieso ich dies taete. Ich sagte ihm, dass dies eine oeffentliche Ausstellung sei, wofuer die Besucher ein Eintrittsgeld zu entrichten haetten und damit u.a. das Anrecht erwerben wuerden zu erfahren, wie die Pilze hiessen und ob diese dem Genuss zutraeglich waeren oder nicht.
Darauf meinte der Praesident nachdenklich:"Und das koennen sie so einfach?". Sein Hund machte Maennchen auf einem Bein, sein Sohn leckte meine Stiefel, waehrend ich die Frage bejahte. Darauf er wieder:" Sind sie vielleicht Jesus von Nazareth oder sowas?"
Da fiel selbst mir nichts mehr ein, was ich dem haette entgegenen koennen.

Coprinus:“Was aergert Sie?“

HG:“Sorglosigkeit und Schluderigkeit im Umgang mit gegenstaendlichem oder geistigen Eigentum anderer Leute. Deshalb sollte an dieser Stelle hinzugefuegt werden, dass Aehnlichkeiten in Inhalt und Formulierung mit Artikeln aus dem Tintling (Heft 3/2004, Seite 5, 34, 37, 46-51) keinen geistigen Diebstahl darstellen, sondern dieser geachteten und respektierten Inspirationsquelle partiell entlehnt sind.
Details und Eigenarten meiner Person sind selbstverstaendlich nicht auf den Interviewten (Tintling Heft 3/2004) uebertragbar.

Coprinus:"Herr Huhngesicht, verraten Sie uns noch Ihr Lieblingspilzrezept?"

HG:"Pilze in Glutamat"

Huhngesicht