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Pilze Pilze Forum Archiv 2004

Re: Hab mir das gestern selbst beantwortet

Geschrieben von: Andreas
Datum: 30. Oktober 2004, 13:43 Uhr

Antwort auf: Hab mir das gestern selbst beantwortet (Manu)

Hallo Manu,

: Vielleicht ist es auch regional abhängig, ob Steinpilze auf sauren Böden oder
: auf kalkhaltigen wachsen. Wer weiss.

Jein. Innerhalb eines realtiv kleinen Gebietes wie ine Bundesland wird man da kaum ökologische Unterschiede ausmachen, allerdings wenn man ganz Europa betrachtet. Es ist ein vielbeobachtetes Phänomen, dass mediterrane verbreitete Arten, die dort auf sauren Böden wachsen, mehr und mehr Kalkanteile im Boden benötigen je weiter sie nach Norden vorstossen. Viele der schönen Röhrlinge wie Königs- oder Purpur-Röhrling sind im Mittelmeerraum Säurezeiger, im Schönbuch mehr die Neutralzeiger und kommen bis Südschweden vor, dort aber strikt auf Kalk (z.B. Gotland, pH 8,5-9!)

Zu den Steinpilzen: In der Ba.-Wü.-Flora werden genau diese Fragestellungen beantwortet, zumindest aus badenwürttembergischer Sicht. Für jede Art ist dort eine Auflistung der vorgefundenen ökologischen Bedingungen angegeben, denen teilweise 500 oder mehr Datensätze zur auswertung zugrunde lagen. Das ergibt dann schon ein recht aussagekräftiges Bild.

Falls es Dich interessiert hier 2 Auszüge aus dieser Flora, zuerst für den Fichten-Steinpilz (Boletus edulis) und dann für den Sommer-Steinpilz (Boletus reticulatus):

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Ökologie: B. edulis kommt in den meisten im Gebiet vorkommenden Waldgesellschaften vor. Angefangen von bodensauren Fichten-Tannenwäldern (46) und Fichtenforsten (55) jungen und mittleren Alters bis hin zu Buchen-Tannenwäldern (gesamt 66, davon Luzulo luzuloides-Fagetum (16), Galio odorati-Fagetum (14) und selbst Hordemylo-Fagetum (4) und Cephalanthero-Fagenion (2)) sowie Eichen-Hainbuchenwäldern (11) ist die Art kaum irgendwo nicht nachgewiesen. Seltener findet man sie dagegen außerhalb der Wälder in parkähnlichen Biotopen (4). Saurer (137) bis neutraler (44) Boden wird bevorzugt und auf basischem Untergrund (21) kommt sie nur bei entsprechender Oberflächenversauerung vor. Der Gemeine Steinpilz scheint sowohl zu trockene, als auch die nassen, moorigen Böden weitestgehend zu meiden. Sandiger als auch lehmiger Untergrund wird gleichermaßen akzeptiert und auch die Gründigkeit des Bodens scheint für ihn keine große Rolle zu spielen: Braun- und Parabraunerden (21), Rendzinen (12) und Rankerböden (8). Die Art kommt sowohl auf nacktem Erdboden als auch in den dichten Nadelstreuauflagen der Fichtenforste vor.

Mykorrhizapartner, bezogen auf die Gesamtart. Möglicherweise sind alle Kollektionen, die nicht von Picea [oder Fagus] stammen, aus der ss.str.-Art auszugrenzen.
· Picea abies (105), Abies alba (3), Pinus sylvestris (3), Koniferen allgemein (5).
· Fagus sylvatica (15), Quercus indet. (3), Laubbaum allgemein (3).

Phänologie: Zwar fängt die Fruktifikationsperiode der Art bereits im Sommer an, doch handelt es sich dabei meist um wenige Exemplare. Die Hauptzeit der Art, in der sie oft regelrechte Schwemmen produziert, findet im Normalfall erst im Herbst statt und wird oft erst durch Nachtfröste beendet. Spätherbstfunde im November und Dezember sind in manchen Gegenden konstant alljährlich anzutreffen.
Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
- - - - - 18 71 133 213 152 10 2

Verbreitung in Baden-Württemberg: B. edulis ist im gesamten Gebiet häufig und kleinere Verbreitungslücken sind nur auf der mittleren Alb und in manchen Bereichen der Gäulandschaften zu erkennen. Dort findet die Art nur wenige geeignete Biotope, teils wegen des zu kalkreichen Untergrunds, teils wegen zu starker landwirtschaftlicher Nutzung des Gebiets (Nitrophierung, Waldmangel).

Vertikale Verbreitung: In allen Höhenlagen vorkommend, doch in der planaren Stufe deutlich seltener, während sie bis in hochmontane Lagen häufig ist. Lediglich ca. 7% aller Funde stammen von unterhalb von 350 m NN. B. edulis hat von allen Röhrlingsarten im Gebiet die höchstgelegenen Vorkommen.
>90-200 201-400 401-600 601-800 801-1000 >1000
17 119 305 211 62 16
Die tiefstgelegenen Fundorte stammen aus dem nördlichen Oberrheingebiet um Viernheim und Heidelberg von 90 m NN (z.B. 6417/2 Viernheim, „Riedforst“), die höchsten Funde stammen aus dem Belchengebiet von 1250 m NN (LABER & LABER 1989). Am Feldberg wurde B. edulis sogar noch auf 1340 m NN nachgewiesen (LABER, pers. Mitt.).

Erstnachweis: Bereits von KIRCHNER & EICHLER (o.c.) für fast alle Gebiete Württembergs angegeben, zumeist „häufig“ vermerkt, doch wurden die verwandten Arten dort noch nicht unterschieden.

Bestand und Gefährdung: B. edulis ist trotz teilweise anders lautender Beurteilung im Gebiet eine überall verbreitete und teilweise häufige Art, die sogar bisweilen regelrechte Schwemmen produziert. Eine merklicher Rückgang oder anderweitige Gefährdung ist nicht zu erkennen.

Allgemeine Verbreitung: Meridional bis arktisch. Vermutlich ist die Art auf Europa beschränkt, wo allgemein verbreitet und wohl überall häufig ist. In Deutschland dicht verbreitet und nirgends selten.

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Ökologie: B. reticulatus wird im Gebiet lediglich aus Buchen-Tannenwäldern (gesamt 31, davon z.B. Luzulo luzuloides-Fagetum (10) und Galio odorati-Fagetum (10)), sowie aus Eichen-Hainbuchenwäldern (4) und aus parkähnlichen Biotopen (12) gemeldet. Er ist mit Sicherheit kein Kalkzeiger, sondern verhält sich ± bodenvag: basisch (27), neutral (23) und sauer (17). Die besiedelten Böden sind stets frisch bis mäßig trocken und lehmig, seltener sandig.
Mykorrhizapartner sind im Gebiet ausschließlich Laubbäume.
· Fagus sylvatica (35), Quercus robur (12), Q. petraea (1), Q. rubra (1), Q. spec. (12), Laubbaum indet. (18)
· Picea abies (4). Diese Funde sind sehr seltene Ausnahmen und stammen wohl alle aus jungen Fichtenaufforstungen auf ehemaligem Laubwaldgebiet.

Phänologie: Der Sommer-Steinpilz trägt seinen Volksnamen nicht von ungefähr, denn er ist die am frühesten erscheinende Steinpilz-Art und oft schon in größeren Mengen ab Mai/Juni zu finden. Allerdings ist er nicht auf die Sommermonate beschränkt und kommt besonders in den wärmeren Gegenden Baden-Württembergs oft bis weit in den Oktober hinein vor.
Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

4 32 65 47 37 13 1

Verbreitung in Baden-Württemberg: B. reticulatus ist im Gebiet weit verbreitet und in den meisten Naturräumen nicht selten. Lediglich in den vorwiegend mit Nadelhölzern bestandenen Gebieten, wie z.B. am Schwarzwald-Ostrand oder in Teilen des Voralpengebiets fehlt er auf größeren Strecken.

Vertikale Verbreitung: Die Art hat ihren Schwerpunkt in der oberen collinen bis unteren montanen Stufe zwischen 300 und 730 m NN. Ausstrahlungen in die planare Zone sind wesentlich häufiger zu beobachten als in hochmontane Lagen.
>90-200 201-400 401-600 601-800 801-1000 >1000

9 69 121 33 3 -
Der tiefste Fundpunkt befindet sich im nördlichen Oberrheingebiet bei Friedrichsfeld (6517/3) auf 90 m NN, der höchstgelegene Wuchsort liegt im Bereich des Feldbergs im Südschwarzwald auf 940 m NN (LABER, pers. Mitt.).

Erstnachweis: Der Sommer-Steinpilz wurde lange Zeit nicht als eigenständige Art erkannt und mit dem Fichten-Steinpilz vermengt. Daß die Art aber schon früher (unerkannt) im Gebiet vorgefunden wurde, läßt sich auf Angaben wie bei KIRCHNER & EICHLER (o.c.) schließen, die bei B. edulis vermerken: „vereinzelt schon im Mai und Juni ...“ und die auch Vorkommen im Laubwald angeben.

Bestand und Gefährdung: Durch die weite Verbreitung im Gebiet und das große Spektrum besiedelbarer Böden und Biotope kann sich die Art offenbar gut halten. Jedenfalls sind keine nennenswerten Rückgänge bekannt, sieht man vielleicht einmal von den am stärksten stickstoffbelasteten Gegenden wie dem Kraichgau ab. Daher kann B. reticulatus für unser Gebiet vorläufig noch als „nicht gefährdet“ gelten, doch sollte die Bestandsentwicklung gut beobachtet werden.

Allgemeine Verbreitung: Meridional bis boreal, auch austral, da nach ENGEL (1983) Vorkommen aus Australien gemeldet sein sollen. Ansonsten nur aus Europa bekannt und hier nördlich bis Mittelschweden und Südfinnland reichend, östlich noch in Oberschlesien bei Katowice nachgewiesen.

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beste Grüße,
Andreas

Beiträge in diesem Thread

Olli+Hans im Wunderwald Steini 5 Foto -- hans hurter -- 28. Oktober 2004, 18:43 Uhr
Re: Bei uns geht auch noch ein bißchen was -- Frank H. -- 28. Oktober 2004, 20:30 Uhr
super Frank freut mich ,geniesse es noch!Gruss *oT* -- hans hurter -- 29. Oktober 2004, 08:01 Uhr
Da plagt mich noch eine Frage -- Manu -- 29. Oktober 2004, 10:10 Uhr
Re: Da plagt mich noch eine Frage -- Manfred -- 29. Oktober 2004, 10:55 Uhr
Ja Manu wenn man das wüsste!!Uns sind -- hans hurter -- 29. Oktober 2004, 22:11 Uhr
Hab mir das gestern selbst beantwortet -- Manu -- 30. Oktober 2004, 10:22 Uhr
liebe Pilzexperten könntet Ihr Euch bitte -- hans hurter -- 30. Oktober 2004, 11:09 Uhr
Re: Hab mir das gestern selbst beantwortet -- Andreas -- 30. Oktober 2004, 13:43 Uhr
hallo Andreas,super Aussage und Dok!Gruss Hans *oT* -- hans hurter -- 30. Oktober 2004, 19:06 Uhr
Hans, prima bei uns lassen Steinis nach,Detlef *oT* -- Dedimyk -- 29. Oktober 2004, 12:12 Uhr

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