Hallo Andreas,
zunächst mal muss ich sagen, dass ich Deine Bemühungen erstaunlich finde und finde, dass Du ausgesprochen gut arbeitest. Man hat irgendiwe das Gefühl, dass Dir das Mikroskopieren auch etwas Spaß macht und nicht nur nötiges Übel zum Zweck ist.
Zu den Agrocybe, gerade in der Gruppe von A. pediades s.l. gibt es sehr uneinheitliche Meinungen. NAUTA zieht hier praktisch alles ringlose her, sogar A. splendida mit Pileozystiden! Courtecuisse (und wohl auch BON) dagegen trennt die pediades Grupe in etliche (Klein-)Arten. Ich habe die Dinger zu wenig beachtet, aber gefühlsmäßig geht mir der große Topf von NAUTA entschieden zu weit.
Hier mal der entsprechende Text inkl. Schlüssel aus der Ba.-Wü.-Flora Band 4 (hast Du die etwa nicht ?!?!):
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Familie
Bolbitiaceae Singer
Saprobionten auf Humus, pflanzlichem Detritus und Rindenschrot, seltener auf Dung oder toten Laubholzstämmen und -stümpfen.
Gekennzeichnet durch hymeniforme HDS, rost- bis erdbraunes Sporenpulver und Sporen mit Keimporus.
In Europa 3-5 Gattungen mit etwa 120 Arten, davon nach derzeitigem Kenntnisstand ca. 70 im Gebiet nachgewiesen.
1. Sporenpulver erd- bis tabakbraun, ohne rötliche Komponente 2
1* Sporenpulver heller rötlich-, rost- bis ockerbraun, mit Rotton 3
2. Hut kaum schmierig, Huttrama deutlich vorhanden, Lamellen angewachsen, Pleurocystiden vorhanden (Ausnahme A. vervacti) 1 Agrocybe
2* Hut feucht schleimig-schmierig, Huttrama häutig, kaum sichtbar, Lamellen nahezu frei, Pleurocystiden fehlend 2 Bolbitius
3. Cheilocystiden bauchig mit scharf abgesetztem, zylindrischen Hals und rundem Kopf (lecythiform). Lamellentrama mit dünner Mittelschicht, Velum meist fehlend oder nur bei sehr jungen Bcarpien sichtbar 3 Conocybe
3* Cheilocystiden flaschen-, schlauch-, spindel- oder breit sackförmig mit gerundeter Spitze, teilweise apikal etwas eingeschnürt, selten schwach bis deutlich kopfig, aber stets ohne deutlich abgesetzten Hals, Lamellentrama mit breiter Mittelschicht (Ausnahme Galerella, mit faltig-gefurchtem Hut), Velum meist vorhanden und ± dauerhaft 4
4. Hut tintlingsartig faltig gerieft-gefurcht, ohne Velum 4 Galerella
4* Hut zwar feucht bisweilen durchscheinend gerieft, jedoch nie faltig gefurcht, Velum meistens vorhanden (Stiel oder Hutrand) 5 Pholiotina
Anmerkung: Sollte eine Art aufgrund der Cystiden- und/oder Velumsituation intermediär zwischen Conocybe und Pholiotina erscheinen, ist die Lamellentrama als entscheidendes Kriterium anzusehen.
1 Agrocybe Fayod 1889
Ackerling, Erdschüppling
Kleine bis mittelgroße, relativ fleischige Blätterpilze. Hut konvex, trocken und matt bis etwas klebrig. Lamellen ausgebuchtet bis gerade angewachsen, meist breit. Stiel blaß oder weißlich, alt von der Basis aufwärts dunkel verfärbend, teils mit basalen Rhizoiden, eine Art mit Sklerotium; mit und ohne Velum, welches häutig-ringförmig ausgebildet sein kann. Sporenpulver graubraun, umbra- bis tabakbraun.
Hyphen in der Regel mit Schnallen. Huthaut aus birn-, blasenförmigen bis kugelig Zellen. Lamellentrama regläür. Mit Cheilo- und fast stets mit Pleurozystiden. Sporen eiförmig, elliptisch, glatt, meist mit (kleinem bis großem) Keimporus.
Von den Strophariaceae durch die Huthautstruktur, von den übrigen Bolbitiaceae durch das dunklere, nicht rostfarbene Sporenpulver zu trennen.
Weltweit bis zu 48, in Europa bis zu 18, in Baden-Württemberg 11 Arten. Bodensaprobionten, selten an Holz.
1. Stiel beringt (Ring teils am Hutrand haftend) 2
1* Stiel ohne Ring, allenfalls mit angedeuteter Ringzone 6
2. Hut frisch bzw. feucht + einheitlich schokolade- bis leberbraun 5 A. erebia
2* Hut weißlich bis ockerbraun, wenn mit dunkelbrauner Mitte, dann Rand deutlich aufhellend 3
3. Keimporus der Sporen kaum sichtbar. Wachstum * dichtbüschelig, vorzugwesie auf Populus- und Salix-Arten 2 A. cylindracea
3* Keimporus deutlich, Wachstum * einzeln und in der Regel auf dem Erdboden (A. praecox teils kleinbüschelig bzw. selten an morschen Holzresten) 4
4. Sporen ca. 11-15 x 6-8 µ, Porus relativ klein, Pleurocystiden spärlich bis fehlend; Cheilocystiden teils rundlich gestielt, Hut dickfleischig, nicht hygrophan, Geruch nicht mehlartig, Ring wattig-fetzig, oft größtenteils am Hutrand hängenbleibend 3 A. dura
4* Sporen 11 µm kaum überschreitend, mit großem Porus; Cheilo- und Pleurocystiden zahlreich, * utriform; Hut ziemlich hygrophan, Geruch mehlartig, Ring häutig und stabil 5
5. Fleischige Art von sehr variabler Größe, Stiel mindestens 5 mm dick, Ring hängend, Geruch und Geschmack deutlich mehlartig, an trockenen Standorten, Sporen elliptisch, Q = 1,5-1,7 8 A. praecox
5* Ziemlich dünnfleischige und zierliche Art an sumpfigen Standorten, auf feuchten Wiesen, Stiel 2-3 mm dick, Ring aufsteigend, Sporen breit elliptisch, Q ca 1,3-1,4
4 A. elatella
6. Pleurocystiden fingerartig verzweigt (wie große Basidien mit kräftigen Sterigmen), Stiel gänzlich stark bereift, mit dickem Myzelballen bzw. mit dunklem Sklerotium
1 A. arvalis
6* Pleurocystiden fehlend oder unverzweigt, ohne Sklerotium 7
7. Auf morschem Laubholz, Hut stark hygrophan, feucht schwarz- bis dunkel rotbraun, Stiel ganz bereift 6 A. firma
7* Auf dem Erdboden, Hut kaum hygrophan, + ockergelblich, Stiel nicht oder nur apikal bereift 8
8. Sporen bis 9 µm lang, Porus klein oder undeutlich 9
8* Sporen größer als 10 µm, Porus deutlich 10
9. Winzige Art, Hut bis 1,5 cm breit, Stiel ockergelblich; Geruch mehlartig, Cystiden 40-60 x 9-10 µm 9 A. pusiola
9* Kräftigere Art mit ziemlich gedrungenem Habitus, Hut 1,5-4 cm, Stiel weißlich, Geruch nicht mehlartig, Cystiden bis 40 µm lang 12 A. vervacti
10. Pileocystiden bzw. cystidenartige Elemente vorhanden 11
10* Pileocystiden fehlend, Stiel nicht auf voller Länge bereift 7 A. pediades agg.
11. Kräftige, kompakte Art, Hut bis 10(12) cm, Sp. im Schnitt 11,5 µm lang, Pileocystiden den Lamellencystiden ähnlich, Pleurocystiden utriform und blasenförmig 10 A. putaminum
11* Schmächtige Art, Hut bis 4,5 cm, Sp. im Schnitt um 13,5 µm lang, Pileocystiden keulig bis schlauchförmig, unauffälliger als die Lamellencystiden, Pleurocystiden nur utriform bis flaschen-, aber nicht ballonförmig 11 A. splendida
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Nun der Text von Agrocybe pediades:
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1.7 Agrocybe pediades (Fries : Fries) Fayod 1889 agg.
Agaricus (Derminus) pediades Fries 1821
(inkl. Agrocybe arenaria (Peck 1912) Singer 1969)
(inkl. Agrocybe arenicola (Berkeley 1843) Singer 1936)
(inkl. Agrocybe semiorbicularis (Bulliard 1788 : St. Amans 1821) Fayod 1889)
(inkl. Agrocybe subpediades (Murrill) Watling 1977)
Halbkugeliger Ackerling
Sehr variable Art, möglicherweise sind in der Beschreibung des Aggregats mehrere Sippen zusammengefaßt (s.u.).
Morphologie: Hut (0,5)1-4(5) cm, halbkugelig, dann konvex und alt flachkonvex, Rand stets abgebogen, ocker-, orange- bis bräunlichgelb, orange-, bräunlich- bis fuchsigocker, trocken matt, feucht klebrig bis leicht schmierig. Lamellen zunächst dunkel cremefarben, dann graubeige, lehm-, erd- bis rostigbraun. Stiel 2-5(7) x 0,1-0,5 cm, etwas heller hutfarben bis diesem gleichfarben, frisch (vergänglich) bepudert. Trama oft bitterlich oder ranzig-mehlartig, Geruch von banal bis schwach mehlartig. Mikromerkmale vgl. Schlüssel bei Variabilität.
Variabilität: Es werden heute von vielen Autoren mehrere Arten unterschieden, die Verf. hier zusammen mit A. pediades behandelt. Zumindest einigen könnte ein eigenständiger (ev. infraspezifischer) Rang zukommen, vielleicht handelt es sich um Ökosippen. NAUTA (1987) kommt dagegen zu dem Schluss, dass alle o.a. Taxa (und auch A. splendida) unter A. pediades zu vereinigen sind.
Mögliche Aufgliederung der Gruppe um A. pediades (nach COURTECUISSE, ined.):
1. Flüchtiges Velum am Hutrand vorhanden, Hut etwas schmierig, Stiel an der Basis flockig, auf Sandböden A. arenaria (Peck) Singer
1* Ohne Velum 2
2. Basidien zweisporig, Schnallen stets vorhanden 3
2* Basidien viersporig und/oder ohne Schnallen 4
3. Hut 1-3 cm, Lamellen bräunlich, Stiel glatt, ohne bemerkenswerten Geruch, Sp. 10-15 x 8-10(12) µm. Cystiden lageniform mit kopfiger Spitze. (Trocken-)Rasen über Kalk und gefestigte Dünen A. semiorbicularis (Bull. : Fr.) Fayod
3* Hut 0,5-1,5 cm, Lamellen lehmfarben mit weilicher Schneide, Stiel bepudert, Geruch mehlartig, Sp. 14-17(18) x 9.5-12 µm, Cystiden lageniform. Kontinentale Trockenrasen A. stepposa Svrcek
4. Hut schmierig, 2-3 cm, schmutzigocker, Lamellen bei Reife dunkelbraun, Stiel bepudert bis flockig, Sp. 14-17 x 9-11 (bei viersporigen Basidien), Rasenflächen, nicht auf sandige Böden beschränkt A. subpediades (Murrill) Singer
4* Hut trocken 5
5. Hut 1-2,5 cm, konvex, blass ocker, dann bräunlich. Lamellen graulich, alt mit schokoladebraunem Ton, Stiel manchmal mit Rhizoiden oder Pseudowurzel, Geschmack unangenehm, Sp. 14-16 x 8-9 µm (bei viersporigen Basidien), Cystiden lageniformes mit verschmälerter Spitze, Sanddünen, manchmal in den Graudünen zwischen Moosen A. arenicola (Peck) Singer
5* Hut 2-5 cm, flach konvex, später nahezu verflacht, blaß ockergelb, Lames blass beige-ockerlich, Stiel manchmal wurzelnd, Geschmack mehlartig, bitterlich, Sp. 10-13 x 6-8 µm (bei viersporigen Basidien), Cystiden lageniform bis utriform, Trockenrasen, Steppen, Dünen und andere Grünflächen (ubiquist) A. pediades (Pers. : Fr.) Fayod
Im Gebiet wurden nahezu alle Funde als A. semiorbicularis gemeldet (wohl beeinflußt durch die vorgegeben Synonymie im Kartierungsprogramm), lediglich zwei als A. pediades (7416/4, Igelsberg, 13.06.1982. - 7920/2, Vilsingen, 19.08.1969, beide HAAS Tagebuchaufzeichnung).
Ökologie: Sanddünen, Dämme, Felder, Wiesen, trockene, sandige Stellen, Äcker, Weiden, Weg- und Straßenränder, auf trockenen (bis frischen), sowohl nährstoffarmen als auch mineral- bzw. N-reichen Böden. Die einzelnen Sippen zeigen eine etwas voneinander abweichende Ökologie (vgl. unter Variabilität).
Phänologie: Spätes Frühjahr bis Sommer, selten im Herbst.
Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
- - - 3 14 52 27 11 6 5 2 -
Verbreitung in Baden-Württemberg: Verbreitet in allen Landesteilen mit Ausnahme der Gäulandschaften (zerstreut) und des Odenwaldes (nur ein Fundort: 6222/1, Stellbergskopf, 190 m NN, 04.09.2000, HERRSCHAFT).
Vertikale Verbreitung: Planar bis montan.
>90-200 201-400 401-600 601-800 801-1000 >1000
18 38 62 30 11 -
Die tiefsten Fundorte befinden sich im nördlichen Oberrheingebiet auf 90 m NN, der höchste im Südschwarzwald auf 980 m NN (8214/2, Kohlwald, BAIREUTHER).
Bestand und Bedrohung: Trotz Biotopeinbußen vor allem nährstoffarmer Wiesen- und Dünenflächen ist der Rückgang der Art gering und bisher nicht bedrohlich.
Erstnachweis: Keuper-Lias-Land, 7224/1, Waldweg im Remstal, 12.11.1896, GOTTSCHICK (Aquarell Nr. 1829, als Derminus pediades)
Allgemeine Verbreitung: Fast weltweit verbreitet. Australien, Samoa, Papua. Asien (Isreal, Klein-Asien, Sibirien, Korea, Ceylon, Indien). Nord- (USA, Kanada) und Süd-Amerika. Afrika (Marokko, Azoren, Kanaren). Europa: Süd- (Spanien, Balearen, Sardinien, Italien), West- (Frankreich, Belgien, Niederlande, Großbritannien), Mittel- (Schweiz, Deutschland, Österreich, Tschechien), Nord- (Dänemark, Schweden, Hebriden, Shetland), Ost- (Polen, Estland, Rußland) und Südost-Europa (Bulgarien, Rumänien). In Deutschland nach KRIEGLSTEINER 1991 stark verbreitet (dort als Sammelart sub A. semiorbicularis).
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Soweit also das was ich von meiner Seite aus dazu sagen kann. A. splendida ist da gar nicht erst mit dabei, weil die Art ja Hutzystiden hat und daher in die verwnadtschaft von A. putaminum gehört und nicht zu A. pediades, auch wenn NAUTA das meint.
beste Grüße,
Andreas