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Pilze Pilze Forum Archiv 2005

Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling

Geschrieben von: Andreas
Datum: 15. März 2005, 01:35 Uhr

Antwort auf: Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling (thomas aus D)

Hallo Thomas,

ich denke, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen worden sind.
Natürlich gibt es in Deutschland mehr Fälle von Vergiftungen (ich spreche hier der Einfachheit halber mal "Vergiftungen" und "Giftigkeit") mit ungenügend gekochten Hallimasch. Der wird ja auch häufiger gesammelt und kommt in ungleich höheren Mengen vor.

Es geht meiner Meinung nach aber nicht um die rein zahlenmäßige Statistik, wie häufig eine Vergiftung ist, sondern um ihre Wahrscheinlichkeit. Und die Wahrscheinlichkeit, sich mit Grünlingen bei genügend großen, dicht aufeineranderfolgenden Mahlzeiten eine möglicherweise tödlich verlaufende Rhabdomyolyse einzuhandeln ist bei uns genauso groß wie in Frankreich oder Polen. Und sie ist genauso groß wie sich mit rohen Hallimashc Probleme zu bereiten. Nur das große Teile Deutschlands mangels genügend Grünlingsaufkommen davon kaum betroffen sein dürften. Das sieht sicherlich in Nordostdeutschland (z.B. Lausitz) aus.

: Du fällst da ja ein ganz schön hartes Urteil über die armen Leute. Aber gut,
: "nicht allzuviel Ahnung" ist ja vielleicht doch gerade noch
: milde genug. Obwohl ich nicht völlig nachvollziehen kann, worauf sich dein
: Urteil gründet. Mir ist halt folgendes aufgefallen: Ich habe mir die
: Studie aufmerksam durchgelesen, konnte aber den von Dir genannten
: Vergleich mit rohem Hallimasch so nicht finden (übersehen?). Der
: Zusammenhang zu Hallimasch taucht zweimal auf. Dabei wird eindeutig die
: Zahl der tatsächlichen Vergiftungsfälle miteinander verglichen und diese
: scheint beim Hallimasch eben viel höher zu sein.

Ja schon, aber wie gesagt, diese Schlußfolgerung ist meiner Meinung nach unzulässig. WENN man schon vergleichen will, wie "riskant" eine bestimmte Pilzart ist, dann müßte man die Anzahl der insgesamt zubereiteten Mahlzeiten ins Verhältnis setzen zur Anzahl der davon problembehafteten. Also beispielsweise bei 1 von 1000 Mahlzeiten passierte was. Und da glaube ich, dass der Grünling nicht besser wegkommt als der Hallimasch (gefühlsmäßig) - abgesehen davon, dass ein solcher Vergleich zwischen einem gastrointestinales Problem(chen) und einen in unglücklichen Fällen bis zum Tode führenden Muskelschwund eh hinkt!

: Ist es denn weniger schlimm, wenn sich jemand mit einem nicht ordnungsgemäß
: zubereiteten Pilzmenue vergiftet?

Eindeutig ja!

: Ist doch ganz einfach: In Deutschland gibt es bis heute keinen
: (nachgewiesenen) Rabdomyolysefall durch den Grünling. Bei sieben Meldungen
: an Giftinformationszentralen wurde der Grünling genannte. Sechs davon
: haben sich als unspezifisch herausgestellt. Bliebe ein möglicher
: Vergiftungsfall mit Grünlingen und dabei gab's offenbar keine
: Rabdomyolyse. Ergo scheint das Vergiftungsrisiko im Vergleich zu anderen
: Pilzarten gering.

Nein, das Vergiftungsrisiko als solches ist nicht gering. Nur die Möglichkeit der Vergiftung mangels Masse an Grünlingen. Und unsere gesellschaftliche Struktur, die Pilze kaum als tägliches Nahrungsmittel ansieht und daher viel weniger Menschen als z.B. in Polen täglich Grünlinge essen würden selbst wenn sie angeboten werden würden.

: Bezüglich "ungereimtes Geschwätz" siehe oben. Das steht einfach so
: wie Du zitierst nicht da drin!

s. oben.

: Diese Leute haben meines Erachtens die verfügbaren Daten zu
: Grünlingsvergiftungen zusammengetragen und damit das Risiko, dass eine
: solche Vergiftung passieren kann abgeschätzt mit allen Unsicherheiten.
: Tatsächlich hätte man anhand der Datenlage wohl auch zu einer anderen
: Einschätzung kommen können (siehe Italien und Frankreich). Insgesamt macht
: diese Stellungnahme auf mich aber den Eindruch, dass die Leute sorgfältig
: recherchiert und bewertet haben.

Vielleicht verstehe ich die Aussage dieses Textes ja auch falsch. Für mich steht da jedenfalls drin, dass das Risiko, sich in Deutschland mit Grünlingen Rhabdomyolyse einzufangen ausgesprochen gering sei. Das ist aber einfach falsch. Das Risiko ist hier genauso groß wie anderswo. Der Grünling ist in Deutschland nicht weniger giftig als in Polen.
Ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass den Leuten selbst nicht so recht wohl mit dieser Aussage war, daher vermutlich auch der eigentlich nicht so recht zu dem ach so geringen Risiko passende Schlußsatz "Die vorbeugende Empfehlung des BgVV, auf den Verzehr des Grünlings zu verzichten, hält das BfR aber aufrecht".

Im Übrigens bin ich bei all dem Gesagten davon ausgegangen, dass Rhabdomyolyse durch Grünlinge einzig und allein bei in kurzen Zeitabständen mehrmals wiederholtem Genuss auftritt. Das scheint sich herauszukristallisieren, ist aber bei weitem nicht bewiesen. Und in wie weit hier weitere gesundheitliche oder genetische Vorgaben des einzelnen Menschen eine Rolle spielen ist auch keinesfalls bekannt.
Unter diesen Voraussetzungen halte ich den Grünling für ähnlich gefährlich wie den Kahlen Krempling. Warum wird da auch nicht ähnlich vehement davor gewarnt? Nur weil Kremplinge Massenpilze sind und Grünlinge nicht? Wieviele tatsächlich nachgewiesene hämolytische Vergiftungsfälle gab es denn beim Krempling? Bestimmt nicht wesentlich viel mehr als beim Grünling Rhabdomyolysen.

: Vielleicht konnte ich Dich noch zu einem milderen Urteil umstimmen.

Nicht wirklich. Ich halte dieses Statement für verharmlosend aufgrund des geringen Grünlingsverzehrs in der BRD und den damit auch wenig wahrscheinlichen Vergiftungsfällen. Aber es geht für mich aus dem Text nicht hervor, dass das Risiko nur aufgrund der Häufigkeit der Art gering ist und nicht aufgrund der (zu vermutenden) Giftigkeit!

Übrigens, in Polen in Schlesien zwischen Zgorzelec und Breslau kommen im herbst die Grünlinge putzeimer- und selbst waschkörbeweise auf den Markt. Auch meine Ex-Schwiegermutter mochte (und mag) die "Zielonki" immer am liebsten und verarbeitete die zu allem möglichen. Polen gehört bald zum EWR (oder tut es das schon?), warum sollen nicht größere Mengen Grünlinge zumindest in die grenznahen Gebiete exportiert werden?

beste Grüße,
Andreas

Beiträge in diesem Thread

Stellungnahme des BfR zum Grünling -- DieterB -- 14. März 2005, 07:46 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- Andreas -- 14. März 2005, 08:53 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- thomas aus D -- 15. März 2005, 00:00 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- Andreas -- 15. März 2005, 01:35 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- thomas aus D -- 16. März 2005, 20:47 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- Andreas -- 16. März 2005, 21:34 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- Birgit -- 15. März 2005, 13:15 Uhr
Birgit, Du sprichst mir aus der Seele, Gruß Detlef *oT* -- Dedimyk -- 15. März 2005, 18:34 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- thomas aus D -- 16. März 2005, 21:00 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- Andreas -- 16. März 2005, 21:43 Uhr
Re: Rotkappen tödlich? -- 42 -- 17. März 2005, 09:20 Uhr
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Re: Rotkappen tödlich? -- 42 -- 17. März 2005, 13:31 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- thomas aus D -- 17. März 2005, 19:32 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- Andreas -- 17. März 2005, 23:44 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- arysch -- 14. März 2005, 19:11 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- Pio -- 16. März 2005, 11:19 Uhr
Re: Stellungnahme des BfR zum Grünling -- 42 -- 16. März 2005, 12:38 Uhr

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