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Pilze Pilze Forum Archiv 2005

Neues von der Zeckenfront!

Geschrieben von: mischi
Datum: 11. April 2005, 19:06 Uhr


Hallo zusammen,

Habe von Pamela Rösch (Jonen CH) den Hinweis auf einen Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung (30.3.05) über neue Kenntnisse bei der Übertragung von Borrelien durch Zecken bekommen.
Sie hat mich gebeten ihn hier einzustellen. Es zeigt sich halt immer wieder, dass dort wo hartnäckig genug geforscht und unermüdlich Daten gesammelt werden es neue Erkenntnisse geben kann, tröstlich für so manche Sysifusarbeit an der wir manchmal dran sind, gell....

Was meint ihr dazu? Michel

Schützende Zeckenstiche 30. März2005, Neue Zürcher Zeitung
Ein neuer Ansatz zur Prävention der Lyme-Borreliose
Von den diversen Krankheitserregern, die Zecken beim Blutsaugen übertragen, ist Borrelia burgdorferi ein besonders unangenehmer. Die aus einer Infektion resultierende Lyme-Borreliose ist schwierig zu diagnostizieren und führt unbehandelt häufig zu chronischen Gelenkerkrankungen und Störungen im Zentralnervensystem. Da je nach Region jede zehnte, manchmal sogar jede vierte Zecke Träger von Borrelien sein kann, ist das Infektionsrisiko in typischen Endemiegebieten hoch. Ein Impfstoff gegen die bakterielle Erkrankung wurde vor einigen Jahren in den USA entwickelt, musste jedoch wegen gravierender Nebenwirkungen bereits nach kurzer Zeit wieder vom Markt genommen werden. Die einzige Möglichkeit der Vorbeugung besteht derzeit darin, sich mit einem Repellent vor den Zecken zu schützen - einem umständlichen und in Risikogebieten selten eingesetzten Verfahren.
Weniger Krankheitsfälle als erwartet
Eine Gruppe amerikanischer Forscher hat nun Hinweise darauf gefunden, dass es auch einen anderen Ansatz zur Krankheitsprävention geben könnte. Ausgangspunkt dafür war die Beobachtung, dass in Gebieten mit einer grossen Zeckenpopulation und einem häufigen Befall der Zecken mit Borrelien die tatsächliche Häufigkeit einer Lyme-Borreliose beim Menschen weit unter der statistisch zu erwartenden Erkrankungsrate liegt. Auf Block Island beispielsweise, einem bekannten Borreliose-Gebiet im Nordosten der USA, müssten jährlich sechs von hundert Personen erkranken - tatsächlich tun dies aber nur 1,8 Prozent. Um herauszufinden, ob es Faktoren gibt, die vor einer Borreliose schützen, beobachteten die Wissenschafter alle 1700 Bewohner des Eilands über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Anzahl der Zeckenbisse wurde akribisch notiert; und nach jedem Zeckenbiss wurde die betreffende Person untersucht, ob Borrelien übertragen worden waren und ob sich das Frühstadium der Lyme-Erkrankung entwickelt hatte.
Die Ergebnisse waren frappierend: Je häufiger ein Einwohner von Block Island von Zecken «heimgesucht» worden war, desto seltener entwickelte er die Symptome einer Borreliose: Personen mit mindestens drei Zeckenbissen pro Jahr erkrankten fünfmal seltener als Personen mit zwei Zeckenbissen. Umgekehrt fanden die Forscher bei Einwohnern, die nur einmal pro Jahr eine Zecke auf ihrem Körper entdeckt hatten, dreimal so häufig die Zeichen einer Borreliose wie bei Personen mit zwei Zeckenbissen.
Schon seit längerem wird aufgrund von Tierexperimenten vermutet, dass blutsaugende Zecken vom Immunsystem in der Haut als fremd erkannt werden und dort die Bildung von Abwehrkräften induzieren. Dabei scheinen die Abwehrreaktionen sowohl durch sogenannte IgE-Antikörper (wie sie auch bei einer Bienenstichallergie gebildet werden) als auch durch spezialisierte Lymphozyten vermittelt zu werden. Der Patient bemerkt diese körpereigenen Abwehrmassnahmen am Juckreiz und an der Schwellung an der Bissstelle.
Tatsächlich hatten auf Block Island - und damit klärt sich das vermeintliche Paradoxon - Personen mit vielen Zeckenkontakten besonders heftige Hautreaktionen nach dem Stich. Denkbar ist also, dass diese Menschen eine festsitzende Zecke rascher bemerkten und den Parasiten früher entfernten als Individuen ohne diese Warnzeichen. Da die Übertragung der Bakterien erst nach etwa 48 Stunden beginnt, kann die rasche Entfernung der Zecke eine Erkrankung verhindern.
Heftige Hautreaktionen
Eine andere Erklärung für den zunehmenden Schutz gegen die Lyme-Borreliose mit der Anzahl der Zeckenkontakte bezieht die Abwehrkräfte direkt ein. Die im Blut zirkulierenden Antikörper und Immunzellen gegen Zeckenkomponenten könnten - quasi als Nebeneffekt - den in der Speicheldrüse des Parasiten wartenden Borrelien schaden. Schliesslich ist aber auch möglich, dass die Zecken durch die starke Entzündungsreaktion der Haut ihrerseits irritiert werden und loslassen, bevor sie die Krankheitserreger übertragen haben.
Die Studie von Block Island zeigt also einen neuen Weg auf, wie künftig der Lyme-Borreliose vorgebeugt werden könnte. Gelänge es nämlich, die körpereigenen Abwehrkräfte so zu stimulieren, dass den Zecken nach dem Anbeissen der «Appetit vergeht» oder der Gebissene durch heftigen Juckreiz alarmiert wird, dann wäre die Entwicklung eines Anti-Zecken-Impfstoffs denkbar. Dieser würde dann zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die unappetitlichen Parasiten würden sich erst gar nicht festsetzen, und die Borrelien hätten keine Chance, den Menschen zu infizieren.
Hermann Feldmeier
Quelle: Emerging Infectious Diseases 11, 37-41 (2005).

Beiträge in diesem Thread

Neues von der Zeckenfront! -- mischi -- 11. April 2005, 19:06 Uhr
Danke -- Birgit -- 12. April 2005, 10:58 Uhr

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