hallo, zusammen
Ich möchte mich auch wieder mal einbringen - ich denke, das geht am besten kulinarisch...
Das folgende Rezept ist mir fast heilig – so gut, sommerlich-erfrischend und lecker ist es.
Ursprünglich entstanden in einer wilden Phantasie über die Möglichkeit, Mairitterlinge zu verwerten.
Ich bin immer noch stolz darauf. Denn Gurke und Dill und der mehlige Mairitterling, der sonst kulinarisch fast nicht vernünftig zu verwerten ist, gehen eine wunderbare Symbiose ein. Ein Cocktail, so lecker wie, wie – ich weiss nicht…
Nur:
Ich habe gemerkt, dass das Rezept auch mit anderen Pilzen geht! Gut sogar!
Und das ist in einem heissen Sommer wie diesem sehr interessant. Einiges, was jetzt dann bald nach ausgiebigen Gewitterregen so spriesst, lässt sich verwerten.
Allerdings muss ich klare Warnungen aussprechen!
Mit folgenden Pilzen geht das Rezept NICHT:
Alle Arten von waldig-erdig-feuchtaromatischen Pilzen wie:
Röhrlingen, Holzritterlingen, Stockschwämmchen, Dachpilzen, Hallimasch. Ein Grenzfall ist der Perlpilz.
Ausser Mairitterlingen (unschlagbar gut!) eignen sich:
Alle milden Täublinge, (sehr, sehr, sehr fein!) witzig-frisch-aromatische Rötelritterlinge, Getropfte Schleimschirmlinge (gut!), Pfifferlinge, alle Arten von Rüblingen, Scheidenstreiflingen, Schopftintlinge, evtl. essbare Ritterlinge (noch nicht versucht).
Eine interessante Note, durch den metallischen Nachgeschmack, ergibt sich mit gut abgebrühten rauchblättrigen Schwefelköpfen, aber das dürfte Geschmacksache sein.
Hier das Rezept (ich verspreche höchste kulinarische Wonnen):
Wir geben einen Liter guten, frischen, reinen Joghurts in eine grosse Salatschüssel.
Ein guter Anfang.
Dahinein geben wir einige Löffel guten Speiseöls nach spontaner Wahl und drücken vier üppige Knoblauchzehen hinein.
Dann schneiden wir vier Scheiben Weissbrot (Kinder-Marmeladenbrot-Grösse) und befreien sie mit einem Messer peinlich sauber von der Rinde.
Die Scheiben geben wir in ein Schüsselchen und übergiessen sie mit Weisswein.
Der darf ruhig ein wenig aromatisch, sogar süsslich sein.
Wenn die Scheiben anfangen, sich so richtig sauwohl zu fühlen und sich fast den ganzen Weisswein einverleibt haben, heben wir sie rüde heraus und hacken sie mit einem Messer kreuz und quer so klein wie möglich.
Dieser nasse Brot-Sand kommt auch in den Joghurt.
Umrühren!
Ach ja, die zwei Gurken! Sie dürfen ruhig hübsch gross sein.
Die Gurken nehmen wir uns mit dem Sparschäler vor.
Das heisst: erst werden sie geschält.
Doch dann, wenn wir sie von ihrer selbstbewusst-kräftiggrünen Haut befreit haben und der feine Gurkengeruch verschwenderisch kräftig-sommerlich frisch die ganze Wohnung füllt (ein leichter Luftzug aus dem geöffneten Küchenfenster passt da wunderbar dazu) - dann, ja dann mögen wir einfach nicht mehr aufhören und schneiden das verletzlich-zartgrüne, saftige Fleisch weiter in Streifen. Die Gurke wird nach und nach dünner, fühlt sich schliesslich sinnlich-meerestierisch an und wird biegsam und sehr weich. Irgendwann geht das mit dem Schälen nicht mehr so gut, weil wir ans Mark geraten. Der Schälvorgang stockt quasi.
Riecht es nicht himmlisch frisch an so einem heissen Tag? Wer mich kennt, wird vermuten, dass ein Glas von dem guten Weisswein in Reichweite steht, und ich gebe unumwunden zu: die Vermutung stimmt!
Bei der Hitze selbstverständlich auch ein grosses Glas kühlen Wassers.
Ach ja, was das Mark angeht: bei den nächsten Schälbewegungen wird es irgendwann in Stücke brechen. Macht nichts.
Wir geben die Stücke zusammen mit den lappigen Gurkenstreifen (natürlich ohne die Schale!) in ein Löcherbecken, stellen dies in die Spüle und streuen grosszügigst Salz darüber, wenden das Ganze mit den Fingern und streuen nochmals.
Die Finger darf man nun getrost ablecken (Salz- und Elektrolytverlust bei sommerlicher Tageshitze beachten!) und mit dem kühlen Wasser nachspülen. (Die Kehle, nicht die Gurkenstreifen!).
Die Gurkenstreifen fangen nun an zu schwitzen, verlieren Saft, produzieren ein feines, zartgrünes Rinnsal in der Spüle, das wir uns – hochinteressiert an sämtlichen Begleitphänomenen unserer Kochvorgänge – selbstverständlich durch Hochheben des Löcherbeckens eingehendst betrachten.
Die Gurken schaffen das alleine, wir können sie im Moment etwas vernachlässigen; das riecht auch weiterhin sehr gut, während wir uns den Pilztrophäen zuwenden.
Die werden geduldig sauber zugerüstet und in hübsche, menschärgeredichnichtwürfelgrosse Stücke geschnitten. Ich schätze mal, so 300-400 Gramm Pilz dürfen das jetzt nach dem Rüsten schon sein.
Einen geräumigen Topf Wasser mit einem gehörigen Schluck Weissweinessig drin haben wir vorsorglich schon auf der Platte. Wenn das so richtig schön sprudelt, kommt viel Salz hinein, das schäumt wunderbar auf.
Da kommen die Pilzstücke dazu, die wir so 5-7 Minuten kochen.
So. Abschütten. Kalt überbrausen.
Was jetzt? Erst ein Schluck Weisswein. Wer sich jetzt nicht sauwohl fühlt und selig durch die Küche lächelt, macht bei dem Kochvorgang etwas falsch.
Die Gurkenstreifen fischen wir aus dem Löcherbecken und teilen sie in zwei Häufchen.
Das eine hacken wir mit einem geeigneten, scharfen Messer in klitzekleine Stückchen, desgleichen auch die Markteile.
Das andere Häufchen, bei dem die schönsten, zartesten Streifen liegen sollten, wird vorsichtiger behandelt. Wir schneiden hier etwas entzwei, teilen hier etwas in feine Längsstreifen, hacken da etwas klein oder lassen sogar ganz.
Das macht sich im fertigen Cocktail optisch sehr gut und gibt etwas Abwechslung im Biss.
Pilz und Gurke werden nur der Joghurtsauce überantwortet, in der sich – wir erinnern uns – bereits Weissbrot, Knoblauch und Öl tummeln.
Umgerührt wird nun nach Tunlichkeit und natürlich mit Freude und Kraft.
Folgt der frische Dill.
Wir schnappen uns eine Schere und ein Dillzweiglein und schnippeln drauflos.
Direkt über dem Becken mit unserer himmlischen Sauce.
Beginnend an der Spitze des Zweigleins lassen wir die Schere klappern, dann abwärts, immer schön um den Stiel herum und die kräftigeren Seitenzweige selbstverständlich verschonend.
Das ergibt einen feinen Dillfall, der sich artig und hübsch auf der Oberfläche der Sauce absetzt.
So zwei, drei Zweiglein dürfen es schon sein. Eher drei.
Folgt viel Salz, viel frisch grob gemahlener Pfeffer, die unaufgesogenen Reste des Brot-Einweich-Weines, ein vorsichtiges Drücken an einer Zitronenhälfte, ein beherzter Schuss Tabasco, ein Hauch Cayenne -.
Umrühren! Beherzt und mit Freude, wie immer.
So, jetzt kommt das Ganze in den Kühlschrank.
Da darf es bleiben. Muss es. Bis es richtig schön kalt ist.
Vorher sollte man auch nicht zu viel probieren, denn der Cocktail schmeckt so richtig schön kalt wunderbar erfrischend und wird am besten gierig aus Dessertschälchen gelöffelt.
Ein Schuss kohlensäurehaltiges Mineralwasser vor dem Servieren daruntergerührt gibt eine prickelnde Note.
Verzücktes Augenverdrehen und relativ unzivilisierte Grunzlaute sind erlaubt.
Dazu servieren wir – nichts!
Höchstens Lachsbrötchen und ein Glas Weisswein.
Viel Spass beim Probieren!