bestimmt bist Du Professor weil der Beitrag einer Univorlesung gleichkommt .Gruss Hans
: Hallo zusammen,
: da haben wir es mal wieder, in schöner Regelmäßigkeit auftauchend aber immer
: wieder heiß diskutiert. Der eine findet mehr oder weniger gut erhaltene,
: mehr oder weniger seltene Pilze und verbindet dies mit einem Hinweis auf
: seine Pfanne, der andere gibt sein ABER (zu alt, zu jung, zu selten, zu
: nah an der Autobahn....) ab, was den Finder wiederum veranlaßt, sich als
: Rupfer, Allesschlucker oderwasweißichwas verunglimpft, im Mindesten aber
: moralisiert oder oberlehrerhaft behandelt zu sehen.
: Das war jetzt schön plakativ und polemisch und würde sicher auch Wogen
: schlagen, wenn ich denn so ernst gemeint hätte. Und dennoch bleibt mir ein
: fader Beigeschmack bei der Sache und hier folgt meine Meinung, unabhängig
: vom vorhergehenden Abschnitt: .
: .
: Fragt man nach dem Stellenwert, den die Pilze bei uns Menschen einnehmen, so
: kommen wir in überwiegendem Maße bei kulinarischen Aspekten an. Allenfalls
: ein paar Pflanzen und die Fische können sich einer ähnlichen Begehrtheit
: bei den Besuchern unserer Natur rühmen.
: Wollen wir doch einmal Äpfel mit Birnen vergleichen: Angler, Fischer,
: Reusensteller etc. gibt es viele - zweifellos. Was unterscheidet also das
: Mittagessen "Hecht" vom Mittagessen "Steinpilz"? Klar,
: Pilze sammeln darf jeder und (theoretisch) überall, fischen dürfen nur
: diejenigen, die dafür geprüft und lizensiert sind. Und das auch nicht
: immer und überall, denn da gibt es Schonzeiten, Mindestmaße und auch
: separat zu erwerbende Lizenzen für andere Gewässer. Kontrolliert wird das
: Ganze doch recht streng, da können die Angler unter uns bestimmt von
: berichten. Wie steht es da mit den Pilzen? In Deutschland gibt es
: neckische Paragraphen, die das regeln sollen. Das sieht dann so aus, daß
: eine Handvoll Arten als "besonders geschützt" deklariert werden,
: verbunden mit einem Sammel-, Abrupf- oder Verwüstungs(!)-Verbot.
: "Geringe Mengen" einiger dieser Arten (z.B. Steinpilz,
: Pfifferling oder auch das Schweinsohr) dürfen aber für den Eigengebrauch
: entnommen werden. Dazu heißt es in der Regel, daß sich "In der
: Verwaltungspraxis [...] hierbei etabliert (hat), dass von einem Kilogramm
: pro Person und Tag ausgegangen wird." Verstöße werden mit Bußgeldern
: geahndet. Siehe dazu z.B. dieses hier . Die Frage, ob das tatsächlich
: kontrolliert wird, stellt sich meines Wissens in Deutschland nicht. Soweit
: zum juristischen Teil, kommen wir zum biologischen...
: Fische mit Pilzen zu vergleichen mutet im ersten Augenblick abenteuerlich an.
: Und vorweg, das bleibt es auch. Dennoch ein paar Zeilen dazu: was wir zu
: uns nehmen ist hier grundverschieden. Einmal ist es ein komplettes
: Individuum, welches wir somit aus der Natur "entfernt" haben,
: das andere Mal ist es "bloß" ein Fruchtkörper, eine Art in der
: Erde steckende Banane - ißt man diese lebt das Individuum weiter, es hat
: nur seine Ausbreitungsorgane verloren (auch dieser Vergleich hinkt und ist
: biologisch nicht ganz korrekt, das soll uns aber jetzt nicht weiter
: belasten). Es wird sogar von Einigen vermutet, daß solcher Streß, dem das
: Individuum ausgesetzt wird, einen positiven Einfluß auf die Vitalität des
: Myzels hat. Das, sollte man meinen, gibt den Mycophagen recht. Sicherlich
: gehört das Absammeln von Pilzfruchtkörpern im normalen Rahmen, nicht zu
: den ernstesten Bedrohungen unserer Pilze - im Gegensatz zu den Fischen, wo
: übermäßiger Fang sehr schnell ernste Konsequenzen für ganze Populationen
: haben kann. Fische reproduzieren sich in kleiner Zahl, während ein Pilz
: auf einen Schlag Abermillionen potentieller Nachkommen als Sporen in die
: Luft bläst, die auch noch eine sehr lange Zeit überdauern können, ohne zu
: keimen. Die Fischeier wären dann schon längst vergammelt.
: Alles in allem kann man also durchaus behaupten, daß eine Schutzwürdigkeit
: bei den Fischen viel schneller ins Auge springt als bei den Pilzen. Doch:
: während man über die Bedürftnisse unserer Fische allgemein schon sehr gut
: Bescheid weiß und auch effektive Schutzmaßnahmen treffen kann, die
: durchaus erfolgsversprechend sind (Aufzuchtstationen, Renaturierung von
: Flußsystemen, Fischtreppen etc.), steht man diesbezüglich bei den Pilzen
: noch am Anfang. Pilze reagieren auf dermaßen viele Einflüsse, daß ein
: effektiver Schutz wie bei den Fischen kaum möglich ist. Temperatur,
: Feuchtigkeit von Luft und Boden, geeignetes Substrat (Art, Alter,
: Zersetzungsgrad etc.), Konkurrenz durch andere Pilze, Lichtverhältnisse,
: chemische Einflüsse (Kalk im Boden, Basenversorgung und Boden-pH,
: Stickstoffmenge, Düngemittel, Schadstoffe in Luft, Boden und Wasser (z.B.
: Schwefeldioxid aus Abgasen, welches Schweflige Säure mit Wasser bildet und
: als "Saurer Regen" wieder auf die Erde fällt), Vorhandensein
: geeigneter Pflanzenpartner bei Mykorrhizapilzen bzw. geeigneter Wirte bei
: Parasiten und Parasitoiden und so weiter und so fort.
: Wenn man sich all das vor Augen führt, sollte man schon ein wenig ins Staunen
: geraten, daß "dieser Pilz jetzt gerade da wächst". Und damit
: gebe ich Bert, Harald, Piwo, Karlheinz etc. recht. Gegen einen maßvollen
: Gebrauch unserer Pilze gibt es sicherlich nichts einzuwenden, speziell
: nicht bei den häufigeren, anspruchslosen Arten. Doch sollte man das ganze
: nicht als selbstverständlich hinnehmen und Arten, von denen man weiß, das
: sie bestimmte Ansprüche haben und nicht überall häufig vorkommen bzw.
: vielerorts zurückgehen auch mal dort lassen wo sie sind. In der Regel gibt
: es genug für die Pfanne, auch ohne Eichhasen, Märzschnecklinge oder
: Böhmische Verpeln - der zeitweilige Massenpilz Schopftintling ist jedem
: der zuvor genannten Pilze bestimmt ebenbürtig bis überlegen. Im Grunde
: muten wird unserer Pilzflora schon einiges zu, ohne es zu wollen. Da
: sollten wir - auch wenn das vielleicht idiologisch verbrämt sein mag -
: nicht auch noch ständig an unser leibliches Wohl denken, sobald wir an
: Pilze denken. Und schließlich kann ich auch nicht einfach an den Schönberg
: (bei Freiburg i. Br.) gehen und mir einen Orchideenstrauß pflücken, weil
: die dort "sowieso so häufig" sind (ja, ich weiß: Polemik!!). Die
: dort aktiven "Ranger" hätten mir schon längst das Fell über die
: Ohren gezogen - es wird Zeit, daß sie es mit den unverbesserlichen
: Sammlern von den dort ebenfalls wachsenden Königsröhrlingen auch tun.
: Im übrigen finde ich keineswegs, daß hier im Forum viel gemaßregelt wird -
: von einem rauhen Umgangston ganz zu schweigen. Ein Forum ist zum
: Diskutieren da, da kann es auch schon mal lauter werden. Auf den Urahnen
: aller Web-Diskussionsforen, z.B. dem Forum Romanum, wird wahrscheinlich
: auch die ein oder andere hitzige Debatte geführt worden sein, vielleicht
: ist auch am Tag eine Tomate geflogen, doch hinterher saß man doch wieder
: zusammen und hat miteinander ein Gläschen getrunken. Und wirklich unfaire
: Beiträge muß man hier schon mit dem Mikroskop suchen. :)
: In diesem Sinne allen viele Grüße und eine gute Nacht,
: Eric
: PS: wenn ich bei den Fischen was Falsches geschrieben haben sollte, so
: verbessert mich bitte. Das ist nicht wirklich mein Metier. ;)