Hallo, zusammen
Für mich stellt sich die Frage, wieweit es "wichtig" ist, ob die Sache mit dem Mond bewiesen werden kann oder nicht.
Ich denke, wir schaffen uns unsere eigenen Realitäten, was die Wahrnehmung der Welt angeht.
Sie haben so lange Bestand, bis sie uns jemand "wegnimmt".
Gutes Beispiel ist (wie weiter unten aufgeführt) die klassische Physik; Quantenmechanik und Relativitätstheorie lassen frühere, unumstössliche Tatsachen lediglich als Sonderfall eines grösseren Gesamtzusammenhanges zu.
Was hat das mit dem Schwammerlsucher zu tun?
Ich denke, es geht nicht darum, ob etwas "wahr" ist oder nicht, sondern ob das Konzept HILFREICH ist.
Beim Tragen eines Pilzkorbes komme ich mit der klassischen Mechanik noch zurecht.
Insofern ist das Konzept hilfreich.
Wenn nun jemand sich zum "Experten" in Sachen Mondphasen mausert, und mit jahrelangem, persönlichem Einsatz und riesiger Begeisterung ein Mondphasen-Konzept in Bezug auf Pilzwachstum erstellt, also sich eine ganz persönliche, für ihn unumstössliche Welt erschafft, was könnte daran hilfreich sein?
Ich denke, er hat etwas davon.
Möglicherweise die anderen auch, denn für unseren Mann ist seine persönliche Mondphasen-Mechanik einfach auch ein Angelpunkt, um den sich auch für ihn die ganze Mykologie dreht.
Er wird neben Mondphasen-Experte wahrscheinlich auch ein guter Pilzexperte sein, denn er hat sich ja zwansläufig bei seinen intensiven Studien auch mit den Pilzen im Detail befasst, sonst hätte er seine Theorie nicht erstellen können.
Ist er nun zwansläufig für einen anderen Menschen, der seine Theorien anzweifelt ("hättest halt mal Deine Statistiken ein wenig objektiver und weniger verbohrt führen sollen") ein schlechter Mykologe?
Falls dieser andere nun seinerseits nicht verbohrt ist, muss er anerkennen, dass unser Mondphasen-Mann (oder Mondphasen-Frau) eine ganze Menge von Pilzen versteht, auch wenn er selbst dessen Mondphasen-Theorie Unsinn findet.
Ich möchte also sagen, dass jede persönliche Realität (und ich bin überzeugt, dass wir alle bis zu einem gewissen Grad in einer sehr persönlichen, nicht objektiven Realität leben), etwas Hilfreiches haben kann.
Ich möchte als Illustration ein Beispiel aus der Luftfahrt geben:
Die Gebrüder Montgolfier haben bekanntlich den Heissluftballon erfunden.
Sie hatten eine Papierfabrik und begannen, diese riesigen, bunt verzierten Säcke zu bauen, um sie fliegen zu lassen.
Sie entzündeten Feuerchen darunter, schauten zu, wie sich die Säcke blähten und versuchten ihre Versuche zu optimieren, so dass die Säcke möglichst hoch aufstiegen.
Sie belegten ihre Feuerchen mit unterschiedlichem Brennmaterial.
Als sie nun mal zufällig Wollfäden und nasses Stroh auflegten, schoss der Ballon in ungeahnte Höhen.
Die Gebrüder bauten nun viele Jahre Ballone, immer grössere, auch Bemannte, mit denen sie grosse Strecken zurücklegten, mit dem Feuerplatz an Bord, und - sie heizten immer noch mit Feuerchen, auf die sie Wollfäden und nasses Stroh auflegten!
Sie perfektionierten diese Technik in immer ausgefeiltere Theorien über den Feuchtigkeitsgrad des Strohs und die Menge der Wollfäden.
Sie haben tatsächlich, so genial sie als Pioniere waren, nie begriffen, dass sie den HEISSLUFT-Ballon erfunden hatten, sondern sie glaubten, mit einem speziellen Gas zu experimentieren! !
Was hat das mit unserer Vollmond-Theorie zu tun?
Vielleicht war es wichtig, dass sie an das Gas glaubten.
Hätte jemand gleich bewiesen, dass Stroh und Wollfäden kein brauchbares Gas abgeben, hätten sie ihre Ballon-Versuche vielleicht eingestellt.
Insofern war ihre persönliche Realität, so idiotisch sie aus heutiger Sicht anmuten mag, sehr, sehr hilfreich im gegebenen Kontext.
Darum möchte ich über niemanden, der an den Vollmond glaubt, einfach lächeln.
Vielleicht befasst er sich ja mit mehr Hingabe mit den Pilzen als ich...
Lieben Gruss, Harald Andres
: Hallo Jochen,
: Ja das wird oft behauptet, ich selber hab noch nie darauf geachtet.
: Allerdings weiss ich, dass es bei manchen Zimmerleuten und Schreinern seit
: jahrhunderten sogenanntes Mondphasenholz gibt, welches bessere
: Eigenschaften haben soll, je nachdem zu welcher zeit es geschlagen wurde.
: Eine Versuchsreihe einer forstlichen Versuchsanstalt brachte jedoch dass
: Ergebnis, dass Mondphasen keinerlei Einfluss auf Holzeigenschaften haben,
: es liessen sich keine messbaren Unterschiede in zellstruktur, wassergehalt
: etc. nachweisen. Offensichtlich existieren diese Unterschiede nur in den
: Köpfen derjenigen die daran glauben.
: Vielleicht handelt es sich dabei, wie auch beim Pilzwachstum um weitere
: typische "populäre Irrtümer", die von Generation weitergetragen
: werden und deshalb als wahr gelten ;-))
: LG Christoph