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Pilze Pilze Forum Archiv 2005

Re: und noch etwas (Ablenkungsmanöver?)

Geschrieben von: Bernhard Schülke
Datum: 9. September 2005, 21:15 Uhr

Antwort auf: und noch etwas (Matts & Elli)

Hallo Ihr beiden,

im Wald meines Heimatortes Schöneck war ich letztes Jahr. Es sah dort aus wie im Krieg. Soweit ich weiß, hat dort Hessen-Forst, ein "neuzeitliches" hessisches Forstwirschaftsunternehmen, gewütet und verwüstet.

Zum Kölner Zeitungsartikel (ich beziehe mich stets auf den Artikel im Kölner Stadt-Anzeiger): Vielleicht plagt diesem Förster sein schlechtes Gewissen, dass er ´mal (projektiv) Dampf ablassen muß.

Ich lasse gerade einen Artikel gegenlesen, den ich vielleicht in der nächsten Ausgabe unserer "Vereinsnachrichten... " bringen werden. Lest bitte selbst:

"Bemerkung zu dem Zeitungsartikelzitat: Kriminelle (gewerbsmäßige) Pilzsammlerei ist natürlich verfolgenswert. Auch hat der Förster mit seiner Kritik an überzogenen Verhaltensweisen natürlich recht, wenn sie denn so zutreffen.

In dem Artikel sehe ich aber auch die Gefahr eines großen Ablenkungsmanövers. Man muß einfach wissen, dass beim wirtschaftlichen Handeln der Forstbetriebe die Zerstörung des Waldes bewußt in Kauf genommen wird. Die schwersten Arbeitsmaschinen führen zu einer immensen Bodenverdichtung und Waldzerstörung ohnesgleichen. Um derartige Schäden zu verursachen, müssen sich normale Speisepilzsammler (mein gesamter persönlicher Bekanntenkreis) schon sehr, sehr mächtig ins Zeug legen (Ironie!). Und mit althergebrachten Gerätschaften und Methoden lassen sich keine üppigen Gewinne erzielen: Die im Staatsforst Darmstadt betriebenen personalwirtschaftlichen Pferdegespanne sind im Vergleich zu teuer. Ich bin gespannt, wie lange dieser Förster noch durchhält.

Was Hessen-Forst insgesamt angeht, muß man anerkennen, dass dieser Laden sehr gute Marketing-Fachleute hat (kein Kompliment). Es wird subtil gelogen, so dass es kaum auffällt: Ich meine explizit den Gebrauch des Wortes "nachhaltig". Für mich ist dieser Begriff positiv, weil ökologisch besetzt. Hessen-Forst vergewaltigt dieses Wort hingegen. Man spricht von Nachhaltigkeit, meint aber bestenfalls Wirtschaftlichkeit. Nachhaltig oder Nachhaltigkeit klingt halt viel, viel schöner. Meine Beschwer konkret dargestellt: In der Frankfurter Rundschau schrieb Hessen-Forst vor ein paar Monaten, man betriebe die Holzwirschaft nachhaltig und würde nur die alten Bäume fällen, die zwischen 80 und 140 Jahre alte sind. Die Bäume würden nur sukzessive in Raten gefällt, auf (vollständige) Waldabholzungen würde man vollständig verzichten. Was ist bloß faul an diesen Sätzen?

Egal, wie die "modernsten" sehr schweren Arbeitsmaschinen eingesetzt werden, diese Art der Forstwirtschaft ist zerstörerisch - auch wenn nur ein Teil der Bäume gefällt wird. Ein alter Baum ist 200 Jahre alt oder älter. Stellen Sie sich bitte vor, man würde einen Mann im besten Mannesalter, so um die 25 Jahre alt, als Opa bezeichnen; Sie würden sicherlich zu recht sagen, wer so etwas sagt, tickt nicht ganz richtig. Verstehen Sie jetzt, warum ich Hessen-Forst so heftig angreife? Denken Sie bitte an die Hohltauben, die richtig große Höhlen in alten Bäumen zum Brüten brauchen, denken Sie bitte an die Mykorrhizapilzarten, wie zum Beispiel den Mohrenkopf, die auf wirklich alte Bäume als Symbiosepartner spezialisiert und auf diese deshalb angewiesen sind. All diese Arten werden durch vollständiges "nachhaltiges" Wirtschaften a lá Hessen-Forst vollständig ausgerottet. Und das soll nachhaltiges Wirtschaften sein? Ich meine, dass Gegenteil trifft zu. Hessen-Forst hat meiner Ansicht nach aufgrund des höchst manipulativen Sprachstils noch nicht einmal eine goldene Zitrone verdient. Die Forstwirtschaft soll sich hier bitte heftigst an der eigenen Nase anfassen. Für mich bleibt trotz der berechigten (?) Kritik des Försters ein bitterer Beigeschmack.

Der Artikel ist auch in Teilen unwahr, schlampig recherchiert oder gar nicht recherchiert. Man schreibt über ein generelles Pilzsammelverbot in der Schweiz. Das gibt es nicht! Es gibt dort sehr wohl ein absolutes Sammelverbot für bestimmte Wochen im Jahr. [nicht im Entwurf enthaltene Anmerkung: Die schweizer Pilzfreunde im Forum mögen mir das bestätigen]

Mein Fazit zu dem Artikel: Er bringt eine allgemeine Naturverfremdung zum Ausdruck. Der bildzeitungsmäßige Stil ist vollkommen überzogen. Der Gier einiger gewerblicher Pilzsammler ist die reißerische Gier des Journalisten nach Anerkennung ergegenzusetzen. Damit diskreditiert sich der Artikel aus meiner Sicht, leider."

Beiträge in diesem Thread

Pilzwahnsinn in den Eifelwäldern? -- AK_CCM -- 4. September 2005, 02:08 Uhr
Re: Pilzwahnsinn in den Eifelwäldern? -- phragmobasidie -- 4. September 2005, 09:49 Uhr
Re: Pilzwahnsinn in den Eifelwäldern? -- Andreas -- 4. September 2005, 10:30 Uhr
Re: Pilzwahnsinn in den Eifelwäldern? -- Karl-Heinz -- 4. September 2005, 10:41 Uhr
Wahrheit oder Jägerlatein? Viele Grüße von *oT* -- Matts & Elli -- 4. September 2005, 12:25 Uhr
und noch etwas -- Matts & Elli -- 4. September 2005, 13:26 Uhr
Ist eigentlich logisch Bäume+Mycel!Grüessli Hans *oT* -- hans hurter -- 4. September 2005, 14:18 Uhr
Re: Leider wohl nicht allen, viel Grüße... *oT* -- Matts & Elli -- 4. September 2005, 20:13 Uhr
Ihr sprecht ein wares Wort gelassen aus......... -- hans hurter -- 4. September 2005, 21:17 Uhr
Re: und noch etwas -- pilz-pils -- 4. September 2005, 23:12 Uhr
Re: und noch etwas (Ablenkungsmanöver?) -- Bernhard Schülke -- 9. September 2005, 21:15 Uhr
Re: Pilzwahnsinn in den Eifelwäldern? -- Thomas Pruß -- 5. September 2005, 09:23 Uhr
Re: Pilzwahnsinn in den Eifelwäldern? -- 42 -- 5. September 2005, 10:28 Uhr
Re: Bayerische Verfassung -- 42 -- 5. September 2005, 10:36 Uhr
Re: Bayerische Verfassung -- raeuberkneissl -- 10. September 2005, 14:30 Uhr
Re: Pilzwahnsinn in den Eifelwäldern? -- Matts & Elli -- 5. September 2005, 13:03 Uhr
Landesforstgesetz NRW -- hoennetaler -- 5. September 2005, 15:32 Uhr
Forstgesetze -- Thomas Pruß -- 5. September 2005, 16:26 Uhr

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