Hallo Andreas,
der Grünling ist kein obligater Giftpilz, d.h. nicht jede
Grünlings-Mahlzeit verursacht unausweichlich Beschwerden. Ist ja auch klar, sonst wäre
er nicht ein seit Urzeiten beliebter Speisepilz.
In den beiden in der Literatur dokumentierten Fällen (in Frankreich und Polen)
wurden immer große (wirklich große: mehrere 100 g) Mengen Grünlinge an
aufeinander folgenden Tagen verzehrt, bevor die Symptome auftraten.
Meiner Meinung nach kann das bei vielen Lebensmitteln passieren wenn man
sie im Übermaß ißt. Die Dosis macht das Gift.
Also wenn ich nach dem Grünling gefragt werde, weise ich auf die genannten Studien
hin, aber unter Hinweis auf den exzessiven Konsum und die Seltenheit der
Erkrankung.
Gelegentliche Grünlingsmahlzeiten halte ich für ungefährlich.
Was auch noch eine große Rolle spielt ist die unterschiedliche Disposition
der jeweiligen Personen. Wieder kann ich da eine Vergiftungsserie aus
Japan anführen:
Im Jahr 2004 erkrankten Dutzende Menschen nach dem Verzehr des Ohrförmigen
Seitlings (Pleurocybella porrigens), der in Japan als guter Speisepilz gilt.
11 Patienten verstarben. Bei Nachuntersuchungen stellte sich heraus, dass
alle Betroffenen eine Nierenschwäche hatten (Dialysepatienten) und
offenbar die Fähigkeit verloren hatten, einen im Pilz vorhandenen Giftstoff
zu metabolisieren.
Im Tierversuch (Injektion von Pilzextrakt) wirken die Seitlinge
in großen Mengen auf Mäuse tödlich.
Ein ähnlicher Mechanismus könnte beim Grünling wirken: Große Mengen können
von einigen Personen nicht rechtzeitig entgiftet werden und führen zu den
Rhabdomyolysen. Das ist aber wahrscheinlich kein exklusives Grünling-Problem.
Er kommt nur in entsprechenden Massen vor um in Unmengen gegessen werden
zu können.
Anders scheinen die japanischen Russula-Fälle gelagert zu sein. Es handelt sich
dabei um Verwechslungen mit einem Speisepilz (dem Dickblättrigen Schwärztäubling)
und somit um den einmaligen Verzehr geringer Mengen. Der fragliche Pilz ist
sicher hochgiftig.
Georg