Hallochen

Mangels aktueller Pilzbeiträge möchte ich Euch von einem sich zur Tradition entwickelnden Brauch berich- ten, der sich alljährlich am Heiligen Abend in unserer Verenaschlucht, einer durch hohe Felswände und baumbestandene Hänge eingegrenzten Landschaft, durch die sich ein mehr oder weniger plätschernder Bach sein Bett gegraben hat, abspielt. Der ca. 1,5 km lange Weg führt zu einer auch heute noch von einem Bruder bewohnten und bewirtschafteten Einsiedelei mit 2 kleinen Kapellen, alle direkt in den Fels gebaut. Sobald die Dunkelheit heranbricht, machen sich ganze Familienverbände auf, den unbeleuchteten Weg durch mitgebrachte Kerzen, die zu Hunderten auf Felsvorsprüngen, kleinen Höhlen und Nischen, entlang der Wegeingrenzungen und des Baches aufgestellt werden, in ein leuchtendes Lichtermeer zu verwandeln und dabei all derjenigen lieb gewonnenen Menschen zu gedenken, die nicht mehr unter uns weilen oder sich in einer schwierigen Lebensphase befinden.

Doch was des einen Freud ist des anderen Leid. Die Kerzenreste galt es am folgenden Tag auch wieder einzusammeln. Ein Aufruf in der Zeitung hat - im Gegensatz zu letztem Jahr - einige Freiwillige mehr auf den Plan gerufen und um 9 Uhr morgens mit Abfallsäcken bestückt die Pilgerwege ablaufen lassen. Eigentlich sollte man meinen, dass sich Bruder Johannes über diesen Einsatz gefreut hätte. Ein Dankeschön kam dem mürrischen alten Mann beim Abliefern zweier grosser gefüllter Säcke aber nicht über die Lippen. Selbst ein für ihn mitgebrachtes Lebkuchen-Päckchen konnte ihm nur ein kurzes Anheben der Mundwinkel mit kriti- schem Blick über seine Brillengläser hinweg entlocken, gekrönt von einem zufälligen Zusammentreffen dick behandschuhter Hände bei der Übergabe des Geschenkes, bevor er sich umdrehte und davon stapfte. Wenigstens hatte ich das Gefühl, ein gutes Werk getan und den Tag gut angefangen zu haben.

Bruder Johannes mit seinen Helfern, die - wie so oft - hauptsächlich aus Frauen bestanden:

Angesichts der sich von Jahr zu Jahr vergrössernden Pilgergemeinde bleibt zu hoffen, dass sich dieser schöne Brauch und der damit verbundene Sinn erhält und die Verenaschlucht speziell am Heiligen Abend wegen Massenandrangs nicht geschlossen werden muss.

Ich wünsche allen noch recht erholsame Feiertage. Grüessli vom Mäxle.