: Steinen
: Zu viele Pilze gesammelt - 400 Euro Strafe

: Ein Mann, der zu viele Pilze gesammelt hat, ist der Polizei im badischen
: Steinen (Kreis Lörrach) aufgefallen. Der Mann hatte fünf Kilogramm Pilze
: gesammelt. Die Naturschutzverordnung sieht jedoch vor, dass pro Person und
: Tag nur ein Kilogramm Pilze gesammelt werden darf.

: Der Mann müsse seine Pilze deshalb abgeben und 400 Euro bezahlen, teilte die
: Polizei mit. [...]

: Quelle: SWR.de

Hallo,

zunächst möchte ich zu diesem Artikel etwas rein sachlich bemerken:
Es ist dort von "Pilzen" die Rede, nicht etwa von "Steinpilzen". Dieser unterschied ist wichtig, den "pilze allgemein" unterliegen einer geringfügig anderen Regelung als z.B. Steinpilze oder andere in der Bundesartenschutzverordnung aufgeführten Arten.
Der Anhang 2 der Bundesartenschutzverordnung Naturschutzverordnung in BaWü sieht für einige der ansonsten als geschützte Arten ausgewiesenen Pilze eine begrenzte Sammelerlaubnis vor die wörtlich lautet:
"... in geringen Mengen (1 kg pro Person und Tag) für den eigenen Bedarf"

Für alle anderen Pilze, die also nicht in der Bundesartenschutzverordnung aufgeführten sind, gilt folgende Formulierung:
"... können ebenfalls für den eigenen Verbrauch gesammelt werden."
Hier ist also keine explizite Gewichtsbeschränkung angeführt, lediglich die Einschränkung "für den eigenen Verbrauch". Sie dürfen also nicht weitergegeben oder gar verkauft werden. Alle Pilze. Aber für den eigenen Verbrauch kann man von diesen Pilzen auch 20 Kilo sammeln, wenn sie in der eigenen Gefriertruhe landen.

Hat dieser Sammler also tatsächlich 5 Kilo gemischte Pilze, dann kann man ihm nicht an den Karren fahren und er kann mit Sicherheit erfolgreich gegen das Bussgeld klagen.
Hat er allerdings tatsächlich 5 Kilo Steinpilze, dann kann er in Ba.-Wü. wohl kaum gegen dieses Bussgeld an. Es gibt aber in anderen Bundesländern andere Regelungen, bzw. andere Auslegungen dieses Bundesnaturschutzgesetzes und möglicherweise kann derjenige gegen die baden-Württembergische Umsetzung des BNschG vorgehen.

Eine weitere juristische Ansatzstelle wäre vielleicth die Formulierung "1 Kilo pro Person und Tag". Heißt das nun explizit, dass jede Person täglich nur ein kilo Steinpilze sammeln darf, sprich dass von einer vierköpfigen Familie alle 4 Personen in den Wald müssen damit nachher 4 Kilo gesammelt werden dürfen? Oder darf der Familienvater für sich und seine insgesamt vierköpfige Familie auch alleine 4 Kilo sammeln gehen? In Thüringen beispielsweise wird Eigenbedarf als der Bedarf für 8 Leute angesehen, d.h. man kann dort ungeschoren 8 Kilo Steinpilze sammeln!

Ein anderes Thema ist natürlich die Frage nach Sinn und Unsinn einer solchen Regelung. Klar ist aber, auch wenn ein Gesetz nach Meinung mancher (oder vieler) unsinnig ist, so ist es doch gültig. Manchmal kann man sagen: leider.
Ein Kilo Steinpilze ist zu Zeiten einer Steinpilzschwemm lächerlich wenig. Derzeit grassiert in den niederen Lagen des Thüringer Waldes eine Steinpilzepedemie sonders gleichen, dass man in vielen Wäldern Steinpilzleichen zu Dutzenden von einem Standpunkt aus sehen kann, und dies obwohl täglich Leute dort sammeln gehen und teils körbeweise Steinpilze sammeln. Es ist völlig logisch für mich, dass in solchen Schwemmezeiten ein derartiges 1-Kilo-Gesetz keinerlei Akzeptanz bei den Sammlern findet.

Andererseits finde ich es befremdlich, dass man immer wieder in der Zeitung von Sammlern liest, die "seit zwei Wochen jeden Tag 150 Maronen und Steinpilze" sammeln ("Freies Wort" Meiningen, Lokalteil Ilmenau) usw. usw.. Die Lokalteile sind voll von derartigen Meldungen. Z.B. ein Riesensteinpilz mit 1,3 Kilo Gewicht wird stolz präsentiert (ebenfalls "Freies Wort", Ilmenau). Immerhin eine Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichtes um 30% .... Hätte er wohl ein Eckchen abschneiden müssen im Wald *gg*. Bei den LKW-Fahrern gibt 30% Überladung so etwa 120 Euro Bußgeld und drei Punkte ....
Da frage ich mich, warum greift da niemand ein, wenn doch so offensichtlich Gesetze übertreten werden? Das Rechtsempfinden (oder die Kenntnis der Rechtslage) ist offenkundig derart mangelhaft, dass selbst die Zeitungen keine Ahnung von der Existenz einer BArtSchutzV haben. Denn würden dieselben Zeitungen etwa auch stolze Raser mit ihrem PKW ablichten und dazu berichten, wie es demjenigen mal wieder gelungen ist ungeblitzt mit 180 km/h durch den Rennsteigtunnel zu brettern? Wohl kaum! Der Vergleich hinkt? Finde ich nicht, beides sind Ordnungswidrigkeiten die mit etwa denselben Bussgeldern bestraft werden.
Warum macht der Gesetzgeber denn nicht besser auf seine Gesetze aufmerksam? Warum greift da nicht eine Naturschutzbehörde mal ein und schreibt die entsprechenden Zeitungen mal an? Vielleicht weil die selber genau wissen wie unsinnig ein solch pauschales Verbot ist?

beste Grüße,
Andreas