Hallo Pilzkenner und Wissensdurstige!
Mein heutiger Beitrag wird wohl ein wenig vom altbekannten Schema abweichen. Montagskino
mit Hintergrund sozusagen.
Erster Aufhänger ist mein Beitrag vom vergangenen Donnerstag. Da hatte ich versucht,
mich mit ein paar Ritterlingen anzulegen und scheinbar auch gewonnen -und mich doch verzettelt!
Einige von Euch haben den Beitrag möglicherweise gelesen, vielleicht auch nur der interessanten
Nebenhandlung wegen. Für die Leser, die nicht im Bilde sind, hier nochmal der Link zum Beitrag:
http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=108684
Es ging um die Bestimmung einer Kollektion zweier wunderschön anzuschauender Kiefern-
symbionten, mit der ich so meine Mühe hatte. Ich hatte zwei ausgewachsene Exemplare erwischt,
so dass ich anhand der erkennbaren Merkmale und der mir zur Verfügung stehenden Literatur schließlich
bei Riesenritterling (Tricholoma colossus) landete. Irreführend war vor allem die Tatsache, dass
da kein Ringrest erkennbar war, und das Fleisch deutlich rötete.
Wie aber in jeden vernünftigen Bestimmungsbuch nachzulesen ist, sollten für Bestimmungen
möglichst Fruchtkörper verschiedener Altersstadien verfügbar sein.
Bei meiner Nachlese am vergangenen Wochenende hatte ich nun das Glück, mehrere Pilze
in allen Altersstadien vor Ort anzutreffen. Insgesamt waren es etwa 20 Stück.
Nachfolgend möchte ich Euch ein paar Bilder davon hintereinanderweg zeigen:
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Ich hoffe, die Bildgröße ist ausreichend genug, um die wesentlichen Merkmale zu erkennen. Deutliche
orangerote bis kupferrote Farbtöne sowie Ringreste und teils hohle Stiele sind nun zu sehen.
Der Geruch war deutlich nach Mehl, mit einer Komponente, die an Nussöl erinnerte.
Die Hüte waren nicht schleimig, sondern fühlten sich hart-faserig an. Der Geschmack war roh
probiert mild. Es gab allerdings einen undefinierbaren, aber nicht unangenehmen Nachgeschmack.
Nach dem Abkochen probiert, war ein deutlich bitterer Nachgeschmack erkennbar.
Hinweis zur Sache: Dieser Geschmackstest diente nur zur Ergänzung. Gegessen wurden die
Pilze nicht.
Angesichts dieser Ergebnisse blieb mir nur die Erkenntnis, dass es sich bei der aufgesammelten
Art tatsächlich um den seltenen Halsbandritterling (Tricholoma focale) handeln musste.
Versucht man das allerdings mit der aktuellen Literatur festzumachen, kommt man schon etwas
ins Schleudern.
In der Schweiz scheint die Art überhaupt nicht vorzukommen. Im Band 3 Pilze der Schweiz
Gibt es da nur Querverweise, aber keine Beschreibung.
Im Bon ist neben T. focale noch T. robustum aufgeführt. T. focale soll demnach in Deutschland
verschollen sein! In den Großpilzen BW Band 3 allerdings kann man nachlesen, dass beide Arten
nicht getrennt werden dürfen, und dass immerhin 4 Funde vom Halsbandritterling in dem Bundesland
verzeichnet wurden. Vollkommen treffend erscheint mir das Porträt in R.M. Dähnckes 1200 Pilzen.
Die dort auf Seite 226 abgebildete Kollektion entspricht nahezu den von mir aufgefundenen Fruchtkörpern.
Auch die Beschreibung kommt fast genau hin.
Ich bin mir eigentlich sicher, dass die Bestimmung nun korrekt ist. Nicht umsonst hatte ich bei
Riesenritterling in der vergangenen Woche ein ungutes Gefühl. Jetzt sollte alles stimmen.
An dieser Stelle ein paar Anmerkungen zum Biotop. Es handelt sich um ein von Waldwegen
eingegrenztes Waldstück in einem reinen Kiefernwaldgebiet mit Birken als Randbewuchs
Die Abmessungen betragen ca. 80 x 300m. Und diese Ritterlinge sind da nicht die einzigen Raritäten.
Bereits bei meinem Rätsel in der Vorwoche habe ich Bilder von den dort zahlreich vorkommenden
Becherförmigen Korkstacheling (Phellodon tomentosus) gezeigt.
Bei Interesse hier nochmal der Link zum Anschauen:
http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/pconfig.pl?noframes;read=108622
Am vergangenen Wochenende hatte sich nun auch ein weiterer Vertreter aus der Stachelpilzfraktion
hervorgewagt; ein ehemaliger Massenpilz, der mittlerweile auch mehre Rote Listen bevölkert:
Ein riesiges Exemplar vom Habichtspilz (Sarcodon imbricatus), und hier sein Enkel:
Schön zu erkennen auch beim großen Habicht im Hintergrund der bei uns übliche Kiefernstangenwald.
In diesem beschaulichen Waldstück konnte ich in den vergangenen Jahren auch immer wieder
diesen berühmten Ritterlingsvertreter ausfindig machen:
Für die Grünlinge (Tricholoma equestre) scheint es in diesem Jahr aber noch zu mild zu sein.
In einem anderen Areal sah es da schon etwas besser aus. Sie werden aber im betreffenden
Waldstück bestimmt noch erscheinen. Vielleicht auch erst im November.
Das sollte es für heute erst mal gewesen sein mit den bunten Bildern.
Fallen jetzt irgendwem Gemeinsamkeiten bei den gezeigten Arten auf?
Halsbandritterling, Grünling, Korkstacheling und Habichtspilz!!!
Hat schon mal jemand hier alle vier Arten gefunden? In letzter Zeit? In einem so kleinen Waldareal?
Wenn dem so ist, kann man die Roten Listen getrost vergessen. Allerdings glaube ich nicht daran.
Zumindest der Halsbandritterling sollte mittlerweile eine ziemliche Rarität sein. Die Korkstachelinge?
Nun gut – die kann man schon mal übersehen. Und Grünlinge gibt es in Brandenburg angeblich massenhaft!
Das stimmt so aber leider nicht. Das vorgestellte Areal ist das einzige mir bekannte, wo ich immer
eine gewisse Anzahl von Grünlingen feststellen konnte. Ansonsten kommen sie eher vereinzelt vor.
Die Korkstachelinge und die Habichtspilze gibt es nur in diesem Waldstück. Und Halsbandritterlinge
habe ich in diesem Jahr dort zum ersten mal gesehen.
Und nun gibt es da noch ein winziges Problem.
Vergangene Woche sind im Wald die Bulldozer eingerückt und machen sich, keine 300m von dem
Areal entfernt, über die Kiefern her. Das Waldstück, in welchem ich noch Anfang September Steinpilz
und Muschelkrempling angetroffen habe, ist nicht mehr. Die Fotos in meinen Beiträgen aus dieser Zeit
sind nunmehr wohl eher Geschichtsdokumente aus guten Zeiten.
Dem besonderen Areal sollte allerdings in diesem Jahr keine Gefahr mehr drohen. Dort sind keine Bäume
markiert. Aber für die kommenden Jahre sehe ich da schwarz.
Meine Frage daher an dieser Stelle. Weiß vielleicht jemand eine Möglichkeit, dieses Waldstück behördlich
schützen zu lassen. Vielleicht sind ja auf diesem Wege schon Erfolge erzielt worden.
Ein Schreiben an die zuständige Naturschutzbehörde vielleicht?!
Es wäre ja echt schade, wenn dieses Biotop zerstört würde.
Ich freue mich auf jede Anregung
Einen schönen Abend noch! Ingo