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Hallo Hermann,
Wer nur an ein paar leicht kenntlichen Arten für den Kochtopf interessiert ist braucht natürlich kein gutes Buch und dieses Buch ist für diesen Personenkreis sicher eine Zumutung.
Als Quereinsteiger in die Mykologie (bin eigentlich Entomologe = Insektenforscher) habe ich mich immer über die didaktisch katastrophale Qualität nahezu sämtlicher Pilzbücher gewundert. Bei der riesigen Artenzahl, die ja von keinem Buch abgedeckt werden kann, sowie den oft subtilen und zugleich häufig variablen Unterscheidungsmerkmalen sind Bücher á la Dähncke oder Laux m.E. ganz ungeeignet, um sich effizient Kenntnisse anzueignen. Zwar sind gute Abbildungen zur Bestimmung von Pilzen außerordentlich hilfreich. Der Anfänger, der ja noch keinen guten Überblick hat, tut sich aber sicher schwer, wenn er einen Pilz nur nach der Bilderbuchmethode richtig bestimmen möchte. Bekanntlich heißen die Blätterpilze so, weil man so viel blättern muss ;-)
Das Buch von Frau Lüder sticht doch gerade durch das tolle didaktische Konzept aus der Masse der Pilzbücher hervor! Das ziemlich überladene Layout ist das Einzige, was mir an dem Buch nicht so gut gefällt. Die gelungene Darstellung der für die Bestimmung wichtigen Merkmale, insbesondere die Gegenüberstellung von Zeichnungen und Fotos bzw. bei den Sporen lichtmikroskopischer und rasterelektronenmikroskopischer Aufnahmen sind didaktisch einfach genial. Dazu die vielen praktischen Tips, die gelungene Darstellung der Lebensräume von Pilzen und und und ... Hier wird nicht die falsche Illusion erweckt, Pilze bestimmen sei ja ganz einfach und jeder könne das mühelos lernen. Als Biologe und - bei Insekten - selbst taxonomisch tätig kann ich sagen: Pilze bestimmen ist richtig schwer! Dank Frau Lüder werden sich von jetzt an viele Anfänger leichter tun, einen Zugang zu diesem interessanten Gebiet zu finden. Und wenn es nur die Erkenntnis ist, dass es bei vielen Pilzen unsinnig ist, sie nur nach der Bildermuchmethode bestimmen zu wollen. Dass es am Anfang eine hohe Hürde darstellt, sich mit den vielen neuen Begriffen und Untersuchungstechniken zu befassen ist ja nicht überraschend. Auch Auto fahren oder eine Fremdsprache lernen kostet einige Mühe und Zeit. Bestimmungsschlüssel dienen ja nur dazu, durch den Wust von Merkmalen einen Pfad zu bahnen, auf dem man schneller zum Ziel kommt. (O.k., in der Praxis funktioniert das oft nicht so gut, aber es gibt halt gute Schlüssel und schlechte, manche Pilze sind zu jung oder zu alt oder irgendwie atypisch oder sonstwas...) Der Anfänger, der sich nicht scheut, Pilze mit Schlüsseln zu bestimmen, wird schneller einen guten Überblick über die Pilze haben als ein Schlüssel-Verweigerer. Mein Fazit: der "Grundkurs Pilzbestimmung" setzt neue Massstäbe und leistet genau was der Titel verspricht. Er eignet sich als "Bibel" jeden Anfängers!
LG
Dieter
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