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Pilze Pilze Forum Archiv 2006

Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar

Geschrieben von: Heinz Ebert
Datum: 10. Dezember 2006, 19:56 Uhr

Antwort auf: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar (Daniel Jösch)

Hallo zusammen,
zu dieser Thematik erschien in den DGfM-Mitteilungen von Heft 2 des Jahres 2000 ein sehr informativer Artikel von Rene Klaus Schumacher. Da der Artikel nicht ONLINE zu lesen ist auf der DGfM-Homepage, kopiere ich ihn hier herein in der Hoffnung, dass sich jemand dafür interessiert. Meine Bemühungen, ältere Artikel der DGfM-Mitteilungen ins Netz zu stellen, sind bisher leider fehlgeschlagen. Also hier jetzt der Zecken-Artikel.
Beste Grüße, Heinz Ebert

Der verhängnisvolle Stich der Zecke

René Klaus Schumacher

Wie oft hat man schon etwas vom "Unwesen" der Zecke erfahren. Aber wer denkt schon daran, selbst einmal Betroffener zu sein, und wenn ja, was folgt dann?

In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung von durch Zecken verursachte Erkrankungen in allen Bundesländern Deutschlands wird es für nützlich erachtet, nachfolgende Informationen in komprimierter Form - mit einer Liste von Kontaktadressen der Beratungsstellen - an alle DGfM-Mitglieder weiterzugeben, wobei nur die wichtigsten Aspekte, und hier vorrangig die der Borreliose, benannt werden können. Hauptanliegen ist es, eine Hilfestellung und Anregung zur individuellen thematischen Auseinandersetzung zu geben. Persönliche Erfahrungen, die der Autor bei der eigenen Erkrankung gemacht hat, einschließlich umfangreicher Gespräche und Recherchen, fließen hier mit ein.

Taxonomie, Lebensräume und Entwicklungszyklus von Zecken

Die in Deutschland vorkommende Zecke oder Holzbock, Ixodes ricinus LINNÉ 1758, gehört mit 4 Beinpaaren zur Ordnung der Spinnentiere (nicht zu den Insekten) und hier zur Familie der Schildzecken. Sie ist mit den Milben, Afterskorpionen, Weberknechten und Spinnen verwandt, die für auf Kleinpilze achtende Mykologen keineswegs unbekannt sind, zumal es auch hier mykophile Arten gibt.
Desweiteren ist sie gekennzeichnet durch einen kurzen, unscheinbaren Kopf mit 2 Tastern und einem breitovalen Leib. Die Frühstadien der Männchen sind schwarz und die der Weibchen rot. Das Mundwerkzeug ist zu einem gezähnten harpunenförmigen Organ umgebildet, mit dem sie sich nach dem Stich verankert und saugt. Ihr Aussehen ändert sich nach der Eiphase nur unwesentlich. Als Ektoparasit, benötigt sie Blut von Säugetieren im gesamten Entwicklungszyklus, zur Häutung im Larven- und Nymphenstadium sowie zur Eierproduktion der Weibchen. Wirte mit hoher Testosteron- und Schweißproduktion erzeugen eine erhöhte Zeckenstimulanz. Mit einem Höchstalter von bis zu 5 Jahren, ist sie befähigt, lange Zeit ohne Nahrung auszukommen. Das befruchtete Weibchen legt bis zu 3000 Eier in den Boden ab. Beide Geschlechter überwintern im Boden. Unter "normalen" mitteleuropäischen Klimabedingungen sind ab Oktober keine Zecken mehr zu finden. Kurzzeitiger Frost wird ertragen, bei Hitze werden feuchtere Habitate aufgesucht. Untersuchungen der letzten Jahre haben ergeben, daß die zunehmend milderen Winter das Erscheinen der ersten Larven schon im Januar (sonst März - Mai) ermöglichen.
Zecken sitzen einzeln oder paarweise meist an Kräutern, Gräsern, Zwergsträuchern und niedrigen Gehölzen, oft in Laub- und Bodennähe, da sie gegen Austrocknen sehr empfindlich sind. Sie reagieren auf Licht-, Temperatur-, Bewegungs- und Geruchsreize, ebenso entwickeln sie Flucht-, Totstell- und Angriffsreflexe. Sie werden abgestreift und springen ihre Opfer auch aktiv an. Die Sitzhöhe der Zecke entspricht nicht der Stichhöhe am menschlichen Körper.

Erregerkeislauf

Borrelien sind (vermutlich) entwicklungsgeschichtlich uralte Organismen. Ihre Kleinheit und physiologische Angepasstheit befähigte sie, unabhängig ihres ursprünglichen Lebensraumes, zur unbeschadeten Einwanderung in viele lebende Tierorganismen. So entwickelten sich – wahrscheinlich in Form des Kommensalismus *1) – vornehmlich mehrere Mäusearten zum ständigen Borrelien-Erregerdepot, wobei die Abundanz der Borrelien im Naturherd eng mit dem Vorkommen von Mäusen verbunden ist. Die Mäuse unterliegen der ständigen Neuinfizierung, da untereinander keine Erregerübertragung erfolgt. Über diesen Kreislauf gelangt die blutsaugende und resistente Zecke als Zwischenwirt an die Borrelien, die sie in ihrem eigenen Entwicklungszyklus über die Eier zwar weitergeben kann, zumeist aber bei Blutmahlzeiten an Mäusen erneut aufnimmt usw. Im weiteren evolutiven Verlauf kam es zur verhängnisvollen Begegnung der Zecke mit der Spezies Mensch, dessen Immunsystem aber, im Gegensatz zu weiteren Groß- und Kleinsäugern, bis heute keine auseichende Abwehr entwickeln konnte. Der Holzbock wurde so zum "Sündenbock" für den Menschen.

*1 Kommensalismus: Form des Zusammenlebens von Organismen verschiedener Arten, wobei der Kommensale von der Nahrung des Wirtes profitiert, diesen aber weder schädigt (nur bei intaktem Immunsystem!) noch ihm Nutzen bringt.

Erkrankungsarten beim Menschen durch Zecken

Grundsätzlich kann in Deutschland fast ganzjährig der Stich aller drei Entwicklungsstadien beider Geschlechter zur Auslösung von infektiösen und nichtinfektiösen Erkrankungen sowie zur Überreaktion führen. Als Überträger kommen auch Stechinsekten in Frage, eine generelle Verseuchung aller potentiellen Überträger besteht nicht.
Zecken spritzen, ähnlich wie viele andere blutsaugende Parasiten, beim Stich zwei Stoffe in die Haut einschließlich kleinster Gefäße, um Schmerzreaktion und Blutgerinnung beim Wirt auszuschalten. Beim Saugakt können verschiedenartige Krankheitserreger u.a. Viren, Bakterien und Protozoen - als Einzel- und Co-Infektion - übertragen werden, die unter bestimmten Bedingungen zum Ausbruch der Früh-Sommer-Meningo-Encephalitis (FSME) sowie Borreliose, Ehrlichiose und Babesiose führen. Bei akuter Symptomatik ohne nachweisbaren Zeckenstich, aber nach direktem Kontakt mit der Krautschicht des Waldes (z.B. Sammeln von Waldfrüchten), sind an weitere Viren-Infektionen durch Mäuseurinkontakt über die Atmung und Schleimhaut zu denken. Die Borreliose s.l. ist von allen bisher bekannten Erkrankungen die weitaus häufigste.

Borreliose - Namensherleitung

Einige Formen der Krankheit sind in Europa schon seit dem letzten Jahrhundert bekannt. Unterschiedliche Krankheitsbilder verursachten stets die Diagnose mehrerer Krankheiten. Erst als in dem Ort Lyme (USA) mehrere Personen gleichzeitig erkrankten und serologische Tests entwickelt wurden, erkannte man, daß die scheinbar verschiedenen Krankheitsbilder zu einer einzigen Krankheit gehören. Erst 1981 konnte man die pathogenen Erreger nachweisen: es handelt sich dabei um schraubenförmige Vertreter der Bakteriengattung Borrelia (Borrelien) aus der Familie der Spirochaetaceae. Die häufigste von drei in Deutschland vorkommenden Arten trägt seit 1984 den Namen des Entdeckers Willy Burgdorfer Borrelia burgdorferi.

Wahrscheinlichkeit der Infektion

Das Beziehungsgefüge Maus - Erreger - Zecke - Mensch wird primär durch abiotische Faktoren bestimmt, und zusätzlich durch die epidemiologischen Begriffe Naturherd, Endemiegebiet und Hochrisikogebiet definiert. Intensive Umweltveränderungen und Reisetätigkeiten des Menschen führen zur Begünstigung und Störung dieses Beziehungsgefüges. In Deutschland existieren regionale Schwerpunkte mit sehr hoher Durchseuchungsrate. In solchen Gebieten ist nahezu jede dritte Zecke befallen. Jährlich werden Tausende Fälle pro Jahr geschätzt, mit zunehmender Tendenz. Dabei stammen beispielsweise 54 % der Borreliosefälle in Ostdeutschland aus dem Land Brandenburg.

Kurzcharakteristik der Borreliose

Borreliose ist eine Multisystemerkrankung, mit Hauptsymptomen und Post-Syndromen der Haut, der Gelenke, des Herzens und der Hirnhaut. Verlaufsform und Schwere der Erkrankung hängen maßgeblich von den Eigenschaften der Krankheitserreger und des Betroffenen ab. Die serologische und klinische Symptomatik tritt somit nie einheitlich auf. Die Inkubationszeit für Bakterien im menschlichen Organismus beträgt im allgemeinen 7 bis 14 Tage. Borrelien halten sich vorwiegend in Bindegewebsfasern auf, in die sie sich, auf Grund ihrer Spiralform, regelrecht einschrauben. Der Krankheitsverlauf wird in drei - nicht immer streng voneinander abgrenzbare - Stadien eingeteilt.

Stadium I: Lokalinfektion

Nach der Borrelienübertragung (kann beim Saugakt schon nach zwei Stunden erfolgen) kommt es zunächst zu einer örtlich beschränkten Infektion der Haut. Nach etwa zehn Tagen kann man häufig eine ringförmige Rötung (= Wanderröte, Erythema migrans) beobachten, die sich langsam von der Stichstelle in die Umgebung ausdehnt - sie ist meist schmerzlos. Die Rötung verschwindet mitunter auch ohne Behandlung, kann aber auch mehrere Wochen oder Monate mit oder ohne begleitende Allgemeinsymptome wie Schweißausbrüche, Abgeschlagenheit, Grippegefühl, Muskel- und Gelenkschmerzen, Fieber und Herzklopfen bestehen bleiben. Treten diese Allgemeinsymptome bereits sehr früh auf, deuten sie darauf hin, daß die Zecke beim Stich ein Blut- oder ein Lymphgefäß getroffen hat, die Bakterien direkt über das Blut oder die Lymphflüssigkeit im ganzen Körper verteilt wurden (= Streuung des Erregers) und daß bereits das Erkrankungsstadium II erreicht ist. Die Wanderröte kann in diesen Fällen auch fehlen.

Stadium II: Erregerstreuung

Im Normalfall kommt es erst nach einer Zeit von bis zu zehn Wochen zur Streuung der Bakterien über Blut und Lymphflüssigkeit und zu den beschriebenen Allgemeinsymptomen, die eine Reaktion des Immunsystems (Borrelien-Antikörperbildung) darstellen. Erst zu diesem Zeitpunkt können durch Bluttests Antikörper im Blut festgestellt werden. In dieser Phase treten oft große Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und Schwindelattacken auf. Besonders charakteristisch sind extreme Schweißausbrüche und Momente mit unangenehmen Empfindungen durch einen schnellen und als heftig empfundenen Pulsschlag.
Nach der Erregerstreuung im ganzen Körper kommt es je nach Ort und Umfang der Entzündungen, zu unterschiedlichen Symptomen an Organen, die sich zu differenzierten Krankheitsbildern weiterentwickeln. Hierzu zählen: Entzündungen der Nerven z.B. Gesichtslähmungen, diffuse Kopf- und Zahnschmerzen, Schwindelattacken, Augenschmerzen, Sehstörungen sowie ein erhöhter Ruhepuls, Empfindungsstörungen wie "Ameisenlaufen", Hitze- oder Kältegefühle, Taubheit und Zittern. Entzündungen am Herzen z.B. anfallartige Herzrhytmusstörungen und -schmerzen. Entzündungen an Gelenken z.B. Schmerzen, die einen Bandscheibenvorfall vortäuschen. Schmerz- und Rheumamittel helfen nur bedingt.
Das Stadium II dauert unbehandelt wenige Wochen bis mehrere Monate. Die körpereigene Abwehr setzt sich verstärkt mit den Erregern auseinander und vermindert die Zahl der Borrelien drastisch. So überleben die Borrelien nur an einigen Stellen im Körper, die vom Immunsystem schlecht erreicht werden können wie z.B. im Bindegewebe. Die dort entstehenden Entzündungsprozesse kennzeichnen das Stadium III.

Stadium III und die Spätfolgen der Erkrankung

Die im Bindegewebe überdauernden Borrelien, führen in unregelmäßigen Abständen zum Wiederaufflammen von Krankheitssymptomen. Diese können Monate bis Jahre nach Infektionsbeginn auftreten!
Typisch sind Entzündungen der Gelenke, der Muskeln sowie Knochen- und Weichteilschmerzen. Begleitsymptome sind häufig chronische Nervenentzündungen, die zu Funktionsstörungen in den Nerven führen. Später entstehen Hautveränderungen an den Händen und Füßen. Anfänglich mit blauroten Schwellungen über den Streckseiten der Gelenke, danach bekommt die Haut ein zigarettenpapierdünnes, vermehrt durchsichtiges Aussehen. Es kommen aber auch chronische Entzündungen am Herzen, am Auge und Hörstürze vor. Eine besondere Spätform ist die Neuro-Borreliose. Hierbei dringen die Borrelien in die Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (= Liquor) ein und befallen das zentrale Nervensystem, also Gehirn und Rückenmark. Dies tritt bei etwa 5 - 10 % der Fälle auf.

Die einmalige Infektion mit Borrelien schützt vor keiner weiteren, auch wenn sich Antikörper gebildet haben! Krankheitsübertragungen sind unter den Menschen nicht möglich. Seltene Ausnahmen bestehen bei der angeborenen Übertragung (Infektion in der Schwangerschaft) sowie einer Blutübertragung von frisch mit Borrelien verseuchtem Frischblut.

Die Meldepflicht dieser Erkrankung ist im § 7 Bundes-Seuchengesetz geregelt, wonach - außer der Neuro-Borreliose - keine allgemeine Meldepflicht vorgeschrieben ist. Die Bundesländer können aber per Rechtsverordnung eine solche erlassen. Zur Zeit bestehen Meldepflichten in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Thüringen.

Präventionsmaßnahmen

Beim Schutz vor einem Zeckenstich ist nur eine gewisse Risikoverminderung möglich. Die Dauer des Aufenthaltes im Freien, das Fernhalten von bestimmten Biotopen und Habitaten (hierzu würden dann auch Gärten zählen), exorbitante Vermummungstechniken und Stoffauswahlverfahren (unter Mißachtung hochleistungsfähiger Sinnesorgane der Zecke), die Unterbrechung des Erregerkreislaufes außerhalb des menschlichen Organismus sowie der Einsatz von Repellents ("insekten"-abhaltende Stoffe) auf freien Hautstellen und Stoffen sind insgesamt nicht maßgeblich und zudem wenig praktikabel, preisintensiv, kurzzeitwirksam und oft hautschädigend. Die einzigst effektiven Hinweise lauten:

- Suchen Sie die Kleidung und den Körper nach einem Aufenthalt im Freien und möglichst schon außerhalb der Wohnräume nach Zecken ab.

- Zusätzlich kann die Kleidung für einige Minuten in einen heißen Wäschetrockner (sofern vorhanden) gegeben bzw. mehrere Tage in warmen, trockenen Räumen aufbewahrt werden, um die Abtötung eventuell vorhandener Zecken zu erreichen.

Borreliose: Ein erstmaliger präventiver Impfstoff gegen alle drei in Deutschland vorkommende Erreger wird z.Z. nach neuen Prinzipien entwickelt. Hilft aber nur den Unbetroffenen.

Ehrlichiose & Babesiose: In Deutschland gibt es definitiv noch keine Impfmöglichkeit.
FSME: Eine vorbeugende Impfung ist möglich und bei Aufenthalt in Risikogebieten zu empfehlen, mit wenig Nebenwirkungen. Der Impfschutz muß alle drei bis fünf Jahre wiederholt werden. Eine passive Immunisierung, spätestens 96 Stunden nach einem Zeckenstich, ist noch möglich, aber nicht anstrebenswert. Die Impfung ist für den Aufenthalt in Deutschland wie auch im Ausland keine Kassenleistung (z.B. AOK). In bestimmten Berufsbranchen wird sie vorgeschrieben.

Verhalten nach einem Zeckenstich

Da unbekannt bleiben wird, ob eine nach dem Stich verankerte Zecke schon Erreger übertragen hat oder nicht, gilt die Regel: Um so früher die Zecke gezielt und ohne langes Händling entfernt wird, desto weniger wahrscheinlich ist die Erregerübertragung! Unsachgemäße Entfernungstechniken erhöhen zudem die Gefahr der Erregerübertragung.

Nachfolgend wichtige Erste-Hilfe-Hinweise:

- Vermeiden Sie alle Maßnahmen, die die Zecke dazu veranlassen könnte, mit Krankheitserregern verseuchte Sekrete abzusondern.

- Benutzen Sie am besten ein scharfes, sauberes Messer, zum Abschaben der Zecke (Überraschungseffekt). Zeckenzangen sind in der Regel zu grob und Pinzetten verlangen einen sicheren und schnellen Gebrauch.

- Lassen Sie sich von einer anderen Person helfen. Somit vermeiden Sie Aufregung und unnötige akrobatische Übungen.

- Vermeiden Sie stets die Quetschung und Erhitzung des Zeckenleibes bzw. die Behandlung mit Öl oder anderen Stoffen.

- Waschen Sie nach bekannter Regel Ihre Hände sowie Gemüse und Obst (Waldfrüchte).

- Die Untersuchung der Zecke auf Krankheitserreger in einem Labor ist nicht unbedingt erforderlich, da sich daraus keine therapeutischen Konsequenzen ergeben. Zur Unterstützung der Grundlagenforschung wäre es dennoch wünschenswert.

- Beobachten Sie nach dem Stich die unmittelbare Umgebung der Einstichstelle (Rötung) und Ihren allgemeinen Gesundheitszustand. Mögliche Reste des Stechapparates verursachen in der Regel keine weiteren Infektionen und werden vom Körper abgestoßen.

- Verlangen Sie Ihre persönlichen Krankenunterlagen und geben sie diese nur als Kopie an die Ärzte.

- Befragen Sie den Arzt vor der Behandlung über Umfang und Erfahrung mit zeckenbedingten Erkrankungen in seiner bisherigen Praxis.

- Informieren Sie sich am besten beim Gesundheitsamt des jeweiligen Landkreises bzw. bei einer Selbsthilfegruppe über spezialisierte Ärzte. Die Beratung ersetzt jedoch keine ärztliche Behandlung. Krankenkassen sind bisher in den seltensten Fällen über solche Spezialisierungen informiert, zudem sind sie aus Gründen des freien Wettbewerbs verpflichtet, keinen Arzt zu bevorzugen.

Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten

Borreliose: Die Gesamtdiagnose besteht aus der Anamnese sowie der Feststellung der momentanen klinischen und serologischen Symptome. Nach der Inkubationszeit können Borrelien-Erreger und Borrelien-Antikörper nachgewiesen werden. Aufgrund der Schwierigkeiten des Erregernachweises kommt der Antikörperuntersuchung größere Bedeutung zu. Der Antikörpernachweis im Blut ohne klinische Symptomatik kann auch auf einen vergangenen Erregerkontakt hinweisen. Negative wie auch falsch positive Befunde, durch vielfältig mögliche Nebenreaktionen verursacht, kommen vor. Ein Wiederholungstest nach wenigen Wochen, mit Hinzunahme eines zweiten Labors kann hilfreich sein. Testkombinationen aus Immun-Fluoreszenztest und Westernblot, ergänzt durch PCR und Erregerkulturen aus Punktaten (wird in den Kliniken unterschiedlich gehandhabt), sind z.Z. die aussagefähigsten Diagnoseverfahren.

Die Therapie in Deutschland erfolgt ambulant, teilstationär oder stationär, bei einer Behandlungsdauer von (nur) 14 - 21 fortlaufenden Kalendertagen, die sich im Stadium III um weitere Wochen ausweiten und alternative Therapieformen beinhalten kann. Eine bundesweit einheitliche Therapieverordnung gibt es nicht.
Wie alle anderen bakteriellen Infektionskrankheiten, wird Borreliose mit Antibiotika behandelt. Die Definition des gezielten Einsatzes, im Sinne einer bakteriologischen Sanierung unter gleichzeitiger Schonung des menschlichen Organismus, ist Gegenstand vielfältiger und kontroverser Diskussionen. Da die Vermehrung von Borrelien im Gegensatz zu anderen Bakterien nur sehr langsam abläuft, können unter Umständen ruhende Bakterien die Therapie überleben und später (noch nach Jahren) zu einem Wiederauftreten von Krankheitssymptomen führen. In jedem Fall muß aber ein hoher Wirkspiegel im Blut und im Gewebe erreicht werden.
Auftretende Begleiterscheinungen (z.B. Herxheimer, Störungen der Darm- und Hautflora, Vitalstoffmangel) können während und nach der Antibiotikabehandlung mit anderen Medikamenten, einschließlich einer zeitlich begrenzten Nahrungsumstellung und -ergänzung gelindert bzw. normalisiert werden. Insgesamt sind die Folgen der Antibiotikaeinsätze weitaus geringer als die der Krankheit. Nach Therapie"abschluß" sollten frühestens nach 6 Monaten Blut- und allgemeine Kontrolluntersuchungen erfolgen, wobei der Patient weiterhin auf jegliche Symptome achtet und diese dem Arzt mitteilt.

Babesiose: Mit Antibiotika nicht und mit anderen Medikamenten nur schwer behandelbar, bei starken Nebenwirkungen.

Ehrlichiose: Nur im Frühstadium mit Antibiotika therapierbar, sonst nur vorsichtige Empfehlungen.

FSME: Kausalheilung derzeit nicht möglich, nur eine Behandlung der Symptome - unter den Menschen nicht übertragbar.

Umgang mit der Erkrankung

Blut- und Liquortests sind zwar wichtige Hilfsmittel in der serologischen Diagnostik, erreichen aber keine absolute Sicherheit. Die vielfältige Symptomatik, die anfangs oft anderen Krankheiten zugeordnet wird, und das häufige Fehlen "typischer" Borreliose-Symptome, erschwert eine sichere Diagnose. Die Patienten befinden sich somit oft auf der Wanderschaft von Arzt zu Arzt und von Klinik zu Klinik, um Linderung ihrer Beschwerden zu finden - zunehmende Probleme in der Familie und im Beruf kommen hinzu.
Dies unterstreicht die Wichtigkeit der Mitwirkungspflicht des Patienten sowie die Verantwortung des behandelnden Arztes bei der Aufklärung, Behandlung und dem Willen zur ständigen Fortbildung. Die Praxis zeigt, daß die Betroffenen meist nur in den ehrenamtlichen Beratungsstellen der Selbsthilfegruppen oder bei einzelnen, auf Eigeninitiative handelnden Ärzten ausreichende Aufklärung erhalten. Gesundheitspolitische Entscheidungen tun ihr Übriges. Leider gibt es auch vermehrt Rechtsstreitigkeiten, bei denen über Falschbehandlung sowie Anerkennung der Berufsunfähigkeit entschieden werden muß.

Für die kritische Durchsicht des Manuskripts und für das hohe berufliche Engagement habe ich mich bei Dr. Thomas Talaska herzlichst zu bedanken.

Kontaktadressen der Beratungsstellen nach PLZ geordnet. (Stand: 28.08.2000)
(B = Borreliose; SHG = Selbsthilfegruppe; SHV = Silbsthilfeverein; SHZ = Selbsthilfezentrum)

01067 Dresden: B.-SHG, Friedemann Weidner, Berliner Strasse 14, Tel.: 0351 - 4901803
01109 Dresden: Dr. Wilfried Krickau, Goethestraße 16, Tel.: 0351 - 8804556
03044 Cottbus: B.-Beratergruppe, Dreifertstraße 12, Tel.: 0355 - 7810
04279 Leipzig: B.-SHG, Gert Schlegel, B. Kellermann-Strasse 2/213, Tel.: 0341 - 3382155
12105 Berlin: B.-SHG Berlin-Brandenburg, Hanna Priedemuth, Reulestrasse 7, Tel.: 030 - 7065715
15295 Groß Lindow: Dr. Thomas Talaska, Rudolf-Breitscheid-Str. 10, Tel.: 033609 - 37126 o. 35504
21075 Hamburg: Borreliose-Bund, Geschäftsstelle, Grosse Strasse 205, Tel.: 040 - 790 57 88
23568 Lübeck: B.-SHG, Hanne Paul, Forstmeisterweg 116, Tel.: 0451 - 33306
25782 Schalkholz: B.-SHG Westküste-Mittel-Holstein, Brigitte Tank, Krim 36, Tel.: 04838 - 1312
34233 Fuldatal 1: B.-SHG Kassel Stadt/Land, Brigitte Ringeler-Leipholz, Weddel 24, Tel.: 0561 -817912
35510 Butzbach: B.-SHG Mittelhessen, Doris Dörr, Am Wingert 28, Tel.: 06447 - 922703
35713 Eschenburg: B.-SHG, Artur Karl, Bergstrasse 17, Tel.: 02774 - 71912
40764 Langenfeld: B.-Patienten-Initiative, Britta Lemke, Rudolf-Kronenberg-Weg 11, Tel.: 02173 - 26129
41564 Kaarst: B.-Beratung, Corry Welker-Welbergen, Düsseldorfer Strasse 5, Tel.: 02131 - 514602
45239 Essen: B.-SHG, Bettina Thamm, Unterer Pustenberg 6, Tel.: 0201 - 491643
51147 Köln: B.-Beratung, Peter Rohleder, Guntherstrasse 11, Tel.: 02203 - 69257
51379 Leverkusen: B.-SHG, Horst Bitasch, Hans-Vorster-Strasse 1, Tel.: 02171 - 42577
70195 Stuttgart: B.-SHG, Georg Jilg, Claire-Waldoff-Weg 2a, Tel.: 0711 - 2269681
72636 Frickenhausen: B.-SHG, Gerda Munz, Dr. Gminderstrasse 16, Tel.: 07022 - 43457
75323 Bad Wildbad: B.-SHG Nordschwarzwald, Vera Müller, Gerberstrasse 7, Tel.: 07081 - 78676
76199 Karlsruhe: B.-Forum, Werner Jovan, Resedenweg 40, Info-Tel.: 0171 - 6516032
76199 Karlsruhe: B.-Beratung, Karlheinz Hermann, Mo.-Fr. 17:00 - 19:00 Uhr, Tel.: 07251 - 348244
86420 Diedorf-Anhausen: B.-SHG Augsburg, Waltraud Breunig, Hopfengartenstrasse 11, Tel.: 08238 - 2901
88955 Baienfurt: B.-SHG Ravensburg, Julia Eichler, Hof 2, Tel.: 0751 - 5576972
89549 Königsbronn: B.-SHV Heidenheim/Brenz, Günther Binnewies, PF 1257, Tel.: 07328 - 919000
90419 Nürnberg: B.-SHG, Jutta Schöler, Wiesentalstrasse 23, Tel.: 0911 - 332167
(904..) Nürnberg: B.-SHG Franken, Gruppe Nürnberg, Erich Blocksdorf, Tel.: 0911 - 341346
91056 Erlangen: B.-SHG, Sabine Hofmann, Büchenbacher Anlage 5, Tel.: 09131 - 440324
91154 Roth: B.-SHG Franken, Erika Schöll, Birkacher Hauptstrasse 12, Tel.: 09176 - 1528
91154 Roth: B.-SHG Franken, Jugend- u. Kindertreff, Marianne Heim, Tel.: 09171 - 63484
91413 Neustadt: B.-SHG Franken, Gruppe Neustadt, Erika Beck, Tel.: 09161 - (1?)9574
91522 Ansbach: B.-SHG Franken, Gruppe Ansbach, Rosemarie Lange, Tel.: 0911 - 338213
93180 Deuerling: B.-Beratung Regensburg, Franz Reithner, Bergstrasse 8A, Tel.: 09404 - 3273

Weitere Beratungsstellen:

80335 München: SHZ, Bayerstr. 77a, Tel.: 089 - 53295611 (Kein Bundesverbandsmitglied!)

Schweiz:

CH-8053 Zürich: SHG Schweiz, Madeleine Horger, Witikoner Str. 335, Tel./Fax (aus D): 0041 - 13821650
CH-8400 Winterthur: Ingeborg Zimmermann, Heiligbergstrasse 33, Tel. (aus D): 0041 - 522134436

Österreich:

A-1070 Wien: SHG Zeckenopfer, Kaiserstr. 71, Tel. (aus D): 00431 - 5227070, Fax (aus D): - 522707013

Durchgesehene und benutzte Literatur:

Anonymus (1996): Bei Zeckenbissen droht Infektion. - Unser Wald 48 (3): 24.
Anonymus (1996): Blutsauger lauern im Unterholz. - Bauernzeitung 36: 65-67.
Anonymus (1997): Männlich. Neues Deutschland 52 (237): 18.
Anonymus (1998): Geschlossene und helle Kleidung schützt vor Zecken. - Märkische Oderzeitung 9 (118): 5.
Anonymus (1998): Hirnhautentzündung durch Zeckenbiß. - Neues Deutschland 53 (98): 14.
Anonymus (1999): Zeckenstiche ungefährlich? - Bleib gesund Magazin 2: 10.
Anonymus (2000): Zecken-Alarm. - SMC-Journal 8 (5): 13.
Burrascano, J. (1998): Die neue Lyme-Krankheit - Diagnostische Hinweise und Therapierichtlinien für durch Zecken übertragbare Erkrankungen. 12. Ausgabe, East Hampton, USA, 34 S.
Dierkes, S. et al. (1999): Der Gesundheits Brockhaus. F. A. Brockhaus Mannheim, 5. Auflage, 1400 S.
Dunger, W. (1983): Tiere im Boden. A. Ziemsen Verlag Wittenberg Lutherstadt, 280 S.
Ehgartner/Bartholomäus (1998: Gefährliche Blutsauger. Focus-Magazin 17: 164-166.
Einhorn, K. (2000): Persönliche Mitteilung.
Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz, 1996)
Hassler, D. (1999): Klinik und Therapie der Lyme-Borreliose. Merkblatt für Patienten und Hausärzte, 15 S.
Heir, G.M. (2000): Lyme-Borreliose und orofazialer Schmerz, 2 S.
Hoffmann-La Roche AG: Patientenratgeber Lyme-Borreliose, 22 S.
Hübner, H. (1997): Der Gemeine Holzbock lauert überall. - Neues Deutschland 52 (120): 14.
Künzer, W. (1992): Therapiefall Lyme-Borreliose. - START 3: 26 - 36.
Krickau, W. (1998): Der Holzbock ist nur Sündenbock. - Neues Deutschland 53 (120): 14.
Meinck, K./Talaska, T. (1998): Merkblatt - Durch Zecken übertragene Krankheiten im Land Brandenburg.
Peters et al. (1999): Diverse Beiträge. - Borreliose Magazin 3: 1 - 36.
Priedemuth, H. (2000): Persönliche Mitteilung.
Schicht-Tinbergen, M. (1989): Der Igel. 2. Auflage, Gustav Fischer Verlag Jena, 172 S.
Sommer, S. (1983): Plagegeister. Verlag Volk und Gesundheit Berlin, 188 S.
Stubbe, H. (1981): Buch der Hege - Band 1 Haarwild. Landwirtschaftsverlag Berlin, 567 S.
Talaska, T. (2000): Persönliche Mitteilung.
Uhlmann et al. (1983): Kleine Enzyklopädie Gesundheit. Bibliographisches Institut Leipzig, 4. Auflage, 768 S.
Verordnung über die Erweiterung der Meldepflicht für übertragbare Krankheiten (Seuchenmeldeverordnung Land Brandenburg, 1996)

Anmerkung der Redaktion:

Nachdem wir bereits im Tintling auf das Borreliose-Magazin aufmerksam gemacht haben, weisen wir noch auf einige Internet-Adressen hin.
www.borreliose.de www.lymenet.de www.baxter.de
Exemplare des Borreliose-Magazins können beim Borreliose-Bund (Hamburg, Adresse siehe oben) angefordert werden.

: Hallo zusammen,

: hatte vor ca. 4 Monaten von einem Zeckenbiss berichtet
: (diese Art von Zecke: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Adult_deer_tick.jpg
: )

: seit ich die Zecke entfernt habe, taucht der Pickel ab und zu immer wieder
: auf, wird rötlich und juckt. Sieht zwar nicht nach Wanderröte aus, finde
: ich dennoch sehr merkwürdig.

: Kennt jemand vielleicht die Symptomatik?

: Liebe Grüße,
: Daniel

Beiträge in diesem Thread

Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- Daniel Jösch -- 10. Dezember 2006, 13:56 Uhr
Zeckenstich nach 4 Mon. - Bild -- Daniel Jösch -- 10. Dezember 2006, 14:26 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. - Bild -- rudi -- 10. Dezember 2006, 21:00 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- michael schneider -- 10. Dezember 2006, 14:30 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- zuehli -- 10. Dezember 2006, 14:47 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- luemmele -- 10. Dezember 2006, 22:25 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- Heinz Ebert -- 10. Dezember 2006, 19:56 Uhr
Sehr informativ und...... -- Steininger -- 10. Dezember 2006, 21:11 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- DirkW -- 11. Dezember 2006, 10:31 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- Kattugla -- 11. Dezember 2006, 11:47 Uhr
Re: Zeckenstich nach 4 Mon. immernoch bemerkbar -- Daniel Jösch -- 11. Dezember 2006, 18:36 Uhr

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