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Pilze Pilze Forum Archiv 2006

Re: Kennt hier jemand den Monte Baldo ...

Geschrieben von: Andreas
Datum: 4. April 2006, 19:37 Uhr

Antwort auf: Kennt hier jemand den Monte Baldo ... (Hans-Jürgen)

: ... und seine Pilze? Rudi und ich planen Ende Mai eine Exkursion dorthin.
: Vielleicht hat jemand Tipps? Außer streng mykologischen Hinweisen nehmen
: wir auch gastronomische resp. kulinarische OffTopic-Ideen gerne entgegen.

: Vielen Dank und herzliche Grüße
: Hans-Jürgen

Hallo Hans-Jürgen,

ich kenne mich in der gegen dort ein wenig aus, war auch meist um diese Zeit (Ende März-Anfang Juni) dort. Die berühmte und unbedingt er"fahrens"werte Monte-Baldo-Höhenstraße ist zu dieser Zeit gerade wieder offiziell befahrbar (was weder heißt, dass sie VOR Ende Mai nicht auch befahren werden kann auf eigenes Risiko, noch dass sie 100% schneesicher ist). Ich bin auch schon mal Mitte Mai dort gewesen und an einer Stelle mußten die bergauffahrenden Autos immer auf die tatkräftig schiebende Mithilfe anderer Autofahrer bauen um nicht steckenzubleiben. Klappt dort aber immer gut, jeder hilft halt ....

Tja, also meine wenigen Tipps:

Der Monte Brione zwischen Torbole und Riva ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Einerseits wegen dem gigantischen Ausblick über den ganzen See direkt in Nord-Süd-Richtung, andererseits wegen der vielen Orchideen die dort in den Öd- und Wiesenflächen zwischen Oliven und sonstigen Bäumen wachsen. Ich habe dort schon sämtlich in Norditalien möglichen Ophrys-Arten gefunden, also auch O. bertillonii. An Pilzen kenne ich nur den Spätherbst-Aspekt, ob es da im Frühjhar auch was hat - fraglich ... Ach ja doch: Wenn ihr den Wanderweg zum Funkturm hochgeht (immer an der Steilkante entlang), dann werdet ihr vielleicht auch an den Holzstufen Fomitopsis rosea finden. Bei mir war er jedenfalls bei allen meinen vier Besuchen dort zu finden.

Wenn ihr überhaupt an Blumen interessiert seit, dann wäre auch ein Abstecher auf den Tremalzo-Pass zu empfehlen. Da müßt ihr allerdings weit nach Westen vom gardasee wegfahren, um dann vom Hinterland aus wieder Richtung See in die Berge hoch zu fahren. Der Monte Tremalzo liegt dann wieder recht nah am See, auf 1750 Meter NN oder so. Es geht von dort aus eine steinige "Straße" zum Gardsasee hinunter, aber der Weg ist sehr ausgesetzt, etwas so breit wie ein Auto und alle Wanderer und Mountainbiker regen sich fürchterlich auf - obwohl die Straße nicht gesperrt ist. Wenn ihr also den Kitzel eines "Klettersteigs für PKW" unbedingt braucht und Euch verbale Anmache wie "Klar dass die Deutschen da mit dem Auto rumfahren müssen" nicht stört, dann los! In früheren Zeiten (vor-Mountainbike-Ära) war das recht normal, dass man da mit dem Auto rumgekurvt ist und ich bin die Strecke drei Mal gefahren. Beim zweiten mal habe ich mich dort auf den Bergwegen verirrt und bin (zum Glück!!) wo völlig anderes rausgekommen. Also aufpassen, man kann sich dort auch mit dem Auto verirren und nicht jeden Weg dort den man vorwärts gefahren ist kommt man auch rückwärts wieder zurück .... . Und schwindelfrei sollte man auch etwas sein. Die Fahrt für die rund 15 Kilometer hinab an den See dauert etwa ein Stunde.

Auch die Monte Baldo-Hochstraße ist ein unbedingter Genuss. Sie geht bis an die 2000 Meter hoch, ihr werdet dort vermutlich noch Frühlingsflora vorfinden, also z.B. Krokusse und Troddelblumen neben abschmelzenden Schneeresten im Schatten, dagegen schon Pfingstrosen an den Südhängen (es gibt zwei Arten, davon eine endemisch am Monte Baldo). Ob ihr dort Pilze finden werdet - hmm, es wird wohl eher mühsam werden. Aber gerade an den abschmelzenden Rändern der Schneeflächen gibt es mehrere Peziza-Arten, weiter zum Tal hinunter dann eine entsprechende Frühjahrs-Flora (auch auf Pilze bezogen) wie etwa bei uns. Also Morcheln, Psathyrellen, Tintling, Helmlinge und so Zeugs. Interessant war für mich auch die vielen Stengellosen Primeln, die dort freudig mit "unserer" Wiesen- und Wald-Schlüsselblume Bastarde bildeten. Auch violette Primelarten kommen dort im alpinen Bereich vor. Alpenveilchen zum Teil in Mengen, so wie bei uns Buschwindröschen ....

Von der Monte Baldo-Hochstraße aus eine der kleinen Nebenstrecken an den Gardasee hinunterzufahren, z.B. nach Malcesine, ist auch oft sehr eindrucksvoll. Einerseits wegen der tollen Ausblicke, andererseits wegen der oft sehr steilen Wegführung.

Und noch ein "Geheim"-Tipp: Von Nago aus in Richtung Monte Baldo hochzufahren ist ebenfalls sehr eindrucksvoll, die Straße ist aber schwierig zu finden. Sie ist eine Sackgasse und endet bei irgendeiner Hütte glaube ich. Ich habe diese Straße drei Mal befahren und immer wieder angehalten um nach Pilzen (Herbst) bzw. Blumen zu suchen. Wie weit die Straße eigentlich hinaufführt weiß ich gar nicht, ich konnte beide Male im Frühjahr (Ende März, Mitte Mai) nur bis zur Schneegrenze hochfahren, etwa bis 1300 oder 1400 Meter damals.

Was Pilze betrifft, so werdet ihr vermutlich am ehesten (sofern die Witterung mitmacht) interessante operculate Ascomyceten finden können. "Richtige" Pilze kommen dort noch ausschließlicher im Herbst als bei uns.

An kulinarischen Köstlichkeiten kann ich Euch leider keine konkreten Tipps geben, doch gibt es in den Bergdörfern (also außerhalb dem direkten Einzugsgebiet des Gardasee) etliche Gasthöfe mit einheimische Küche. Da kann man vermutlich selten daneben liegen, meine spärlichen Erfahrungen waren jedenfalls immer gut.

Neidvolle Grüße und viel Spaß,
Andreas

Beiträge in diesem Thread

Kennt hier jemand den Monte Baldo ... -- Hans-Jürgen -- 4. April 2006, 14:20 Uhr
Re: Kennt hier jemand den Monte Baldo ... -- Andreas -- 4. April 2006, 19:37 Uhr
Kennt hier jemand den Monte Baldo ... -- Hans-Jürgen -- 4. April 2006, 21:03 Uhr

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