: Hallo Christoph,

: verkrüppelt ist dieser Pilz nicht; die Art ist eben so. Die Sporen sind
: täublingsartig: Das Ornament färbt in Melzers Reagenz. Wahrscheinlich
: daher der deutsche Name. Wie die Wissenschaft dazu steht, also ob es sich
: um eine wirklich und echt täublingsverwandte Art handelt, fast einen
: unterirdischen Täubling, das würde mich auch interessieren. Jedenfalls
: kommt mir die Art putzig vor, so wie in der Evolution halb stehen
: geblieben mit angedeutetem Stiel und angedeuteten Lamellen. Das
: Schnabeltier unter den Pilzen.

: Jochen.

Hallo Jochen,

ja, das ist eine echte Russulales, ohne wenn und aber.
Die Infrastruktur der Ordnung Russulales und der Familie Russulaceae ist aber derzeit noch nicht abschließend molekulargenetisch untersucht. Jedenfalls sind mir keine publizierten Ergebnisse bekannt. Ob Macowanites also eines Tages zu Russula gehören wird und Arcangeliella zu Lactarius - ob überhaupt Russula und Lactarius zwei trennbare Gattungen sind - das wird die Zukunft weisen. Ich für meinen Teil würde es am logischsten finden, wenn alles in einem großen Topf (der dann wohl Russula heißen würde) geworfen würde. Die Realität wird vermutlich eher so aussehen, das die Gattungen Lactarius und Russula weiter zersplittert werden und vermutlich die secotioiden Gattungen eigenständig bleiben.

Secotioid nennt man diese Wuchsform, also unterirdische Vertreter von Lamellenpilzgattungen. Das gibt es allenthalben: bei Entoloma (= Richoniella), Agaricus (= Endoptychum), Cortinarius (= Thaxterogaster etc.), Coprinus, Conocybe, Laccaria, um nur die zu nennen die mir grad spontan einfallen. Mal sind die Lamellen und der Stiel nur wenig rückgebildet und noch gut zu erkennen, mal sind sie völlig verlorengegangen und der Pilz strukturell kaum von anderen Hypogäen zu unterscheiden. Der große Unterschied zu "normalen" Blätterpilzen ist der Mechanismus der Sporenverbreitung. Bei normalen Blätterpilzen und Röhrlingen werden Ballistosporen gebildet, also die Spore wird mittels Buller'schem Tropfen aktiv von den Sterigmen weggeschnalzt. Bei secotioiden Gattungen erfolgt kein Abschleudern der Sporen, sondern das Hymenium zerfällt einfach und die Sporen werden durch Wind oder Tiere verschleppt. Secotioide Pilze sind also Blätterpilze mit Bauchpilz-Sporenbildung.

Dazu ist übrigens mein Gedanke, dass wohl alle Bauchpilzgattungen, also die Gasteromycetes im Ganzen, eine künstliche Gruppe darstellen und die einzelnen gattungen alle irgendwo ihren Platz im Agaricales-System finden werden.
Sicher ist das z.B. schon für folgende:
Rhizopogon (Wurzeltrüffeln) - Boletaceae (Röhrlingsverwandte), nahe verwandt mit Suillus (Schmierröhrlinge)
Scleroderma (Kartoffelboviste) - Boletaceae (Röhrlingsverwandte)
Chamonixia (Blaunuss) - Boletaceae (Röhrlingsverwandte), nahe bei Gyroporus (?)
Lycoperdon (Stäublinge) - Agaricaceae, in der Nähe von Lepiota (Schirmlinge)

Auch bei den hypogäischen Ascomyceten gab es mit den Gattungen Geopora (unterirdisch) und Sepultaria (halb bis völlig oberirdisch) schon zwei gattunfen die vereint wurden trotz unterschiedlichem Wuchsverhalten.

Spannend! In Australien gibt es übrugens viel viel mehr von diesen Pilzen. Vermutlich sind dort rud ein Drittel aller Pilzarten solche unterirdisch wachsenden secotioiden Pilze ....