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Pilze Pilze Forum Archiv 2007

Morcheln von Amtes wegen

Geschrieben von: Ingo
Datum: 23. April 2007, 23:53 Uhr


Hallo Pilzfreunde,

im Moment ist hier ja weniger los als in den Wintermonaten – kein Wunder.
Ich möchte an dieser Stelle aber keine neue Jammerorgie bezüglich der anhaltenden
Trockenheit starten. Die ist ja nun mittlerweile im gesamten Sendegebiet angekommen.

Nein, mir haben die Funde meiner Frau keine Ruhe gelassen. So habe ich mich dann
gestern Abend nochmal auf den Weg gemacht, um ein paar Rindenmulchmorcheln
mal in Natura bewundern zu können.

Die größte Schwierigkeit bestand allerdings darin, das Amt selbst zu finden. Das mit den
Steuererklärungen hat bisher nämlich immer meine „bessere Hälfte“ erledigt.

Nachdem ich die Örtlichkeit endlich gefunden hatte, ließen die ersten Morcheln nicht mehr
lange auf sich warten.
Allerdings standen sie, bis auf ganz wenige Ausnahmen, nicht im Mulch selbst, sondern zwängten sich
durch die Ritzen zwischen den Bordsteinen durch. So kamen nochmal 36 komplett durchgetrocknete
Morcheln kamen zusammen.

Bild gefällig?

Die musste ich nun aber auch nicht mehr nachtrocknen, da sie bereits bei gröberem Druck bröselten.
Insgesamt etwa 150 g Trockenmorcheln kamen so in dieser Woche zusammen. Das ist gar nicht so schlecht
und wird eine gute Basis sein für die Flüssigwürze, die ich in diesem Jahr mal wieder kochen muss.

Nicht allein die Fressgier trieb mich an diesen Morchel-Zuchtplatz. Vielmehr wollte ich die Gelegenheit
nutzen, etwas zur Ökologie dieser Morchelform herauszufinden. Da ich ja stolzer “Pächter“ von
Brandenburgs vermutlich größter Morchelzuchtanlage bin, bot es sich an, die Formen mal einem Vergleich
zu unterziehen.

Punkt 1 – Bei dem in den Beeten befindlichen Mulch handelte es sich um Holzrindenreste, die zu etwa 90%
definitiv von Kiefern stammten. Kiefernzapfenreste in Mengen, jedoch nicht ein einziger Hinweis auf
längere Zapfen, wie man sie von der Tannenverwandtschaft kennt, ließen mich zu diesem Schluss kommen.
Der Rest des Mulches bestand aus Resten von Birkenpelle.
Eigentlich die gleiche Baummischung wie an den natürlichen Wachstumsstandorten im Wald.

Punkt 2 – die Form. Bei diesen Morcheln handelt es sich eindeutig um Spitzmorcheln. Allerdings
scheint mir die Form der Hutwaben deutlich von den Formen der Wildmorcheln abzuweichen.
Sie sind nahezu ausnahmslos engmaschiger, im Vergleich zu den anderen.
Nun könnte man ja behaupten, dass dies der Trockenheit geschuldet ist. Möglicherweise ist es so!
Allerdings waren die zwei bis drei halbfrischen Exemplare, die meine Frau unter der Woche
mitgebracht hatte, auch so engmaschig. Das hatte ich bei den Wildmorcheln so noch nie beobachtet.

Film ab:

Vielleicht ist hier ja Jemand im Forum unterwegs, der schon Ähnliches beobachten konnte.
Von anderen Pilzarten sind ja auch verschiedene Wuchsformen bekannt, ohne dass man dafür
verschiedene Arten erfunden hat. Bestes Beispiel: Moosmarone vs. Grasmarone. Ist in jedem
Fall immer Boletus badius.

Vielleicht bringen ja in Kürze molekulare Untersuchungen Licht ins Dunkel.
Aus verschiedenen Gesichtspunkten sollte allerdings zumindest die Anerkennung der Rindenmulchmorchel
als eigene Form drin sein, da diese mindestens zwei Unterschiede zur Wildform aufweist.
Erstens, ein ökologisches Merkmal – der eindeutig spätere Fruktuationszeitraum und zweitens,
ein rein biologisches Merkmal, die Unfähigkeit, Sporen auszubilden. Einen eigener Artrang
dürfte wohl nicht bestehen, da diese Morcheln irgendwo auch ihren Ursprung haben
müssen. Ich denke mal, dass sie von den Wildmorcheln abstammen, und eine Möglichkeit
zur Nährstoffaufnahme gefunden haben, welche aber zur Arterhaltung nichts weiter beiträgt.
Eine Sackgasse der Evolution halt.

Ich wäre ja persönlich dafür, diese Form als Zuchtpilz einzustufen, da sie überhaupt erst
durch die anhaltende Verbreitung der Holzhäxel ihre momentane Karriere starten konnte.

Damit verbunden, dürfen sich auch sämtliche Sammelbeschränkungen für diese Morchelform
erledigen. Schließlich könnte sich ja ei Jeder soviel Mulch in den Garten kippen, wie er möchte,
und dann mit den Resultaten anstellen, was er will - zum Beispiel auch Morcheln an das nächst
gelegene 2 – Sterne Bistro gegen Bares verhökern.

Naja - das sind aber nur meine persönlichen Ansichten zum Thema. Was an tatsächlichen Erkenntnissen
übrig bleibt, ist nur diese Eine:
Spitzmorcheln wachsen tatsächlich auch in Kiefernmulch. Nicht mehr, aber auch nicht weiniger.
Der Rest ist lautes Nachdenken.

Eine schöne Woche noch und Butter bei die Fische – äähh Regen bei die.....

Ingo

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Morcheln von Amtes wegen -- Ingo -- 23. April 2007, 23:53 Uhr
Re: Morcheln von Amtes wegen -- AK_CCM -- 24. April 2007, 01:05 Uhr
Re: Morcheln von Amtes wegen -- Ingo -- 24. April 2007, 18:15 Uhr
Hallo Ingo, oder M.fiskus Gruss Hans *oT* -- hans hurter -- 24. April 2007, 09:28 Uhr
Re: Morcheln von Amtes wegen -- Hermann -- 24. April 2007, 11:45 Uhr
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Re: Morcheln von Amtes wegen -- elfi -- 25. April 2007, 00:49 Uhr

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