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Hallo Jürgen,
es ist nötig, daß man sich klarmacht, was Tiefenschärfe (allgemein!) ist. Es gibt bei deren Ermittlung sehr komplizierte Formeln, die aber den absoluten Wert der Unschärfe betrachten, nicht ihre allgemeine Abhängigkeit. Ich erlaube mir deshalb folgende Gedanken:
Unter Tiefenschärfe allgemein versteht man, wie sich die Bildweite ändern würde, wenn man das fokussierte Objekt Richtung Kamera verschöbe. Also, wieviel muß nachfokussiert werden, wenn statt des vorderen Hutrandes der Stiel des Pilzes scharf sein soll.
Die Linsenformel (1/b + 1/g = 1/f) macht lediglich eine Aussage zu den Beziehungen von Bild- (b), Gegenstands- (g) und Brennweite (f). Mehr aber nicht.
Formt man die Linsenformel um nach b/g, erhält man das Verhältnis von Bildweite zur Gegenstandsweite: b/g = m = b/f - 1
Das ist die Beziehung, auf welche Du verweist. Sie besagt weiter nichts als: der Abbildungsmaßstab ist soundso groß, wenn die Bildweite soundso groß ist und die Brennweite soundso groß. Wie sehr sich Bildweite ändert, wenn die Gegenstandsweite um einen Betrag verändert wird, sagt sie nicht. Diese Beziehung erhält man erst mit Hilfe mathematischer Ableitung der Bildweite nach der Gegenstandsweite, also db nach dg. Nur diese Ableitung sagt aus, wieviel eine Kamera nachfokussieren müßte, wenn z.B. statt des Hutrandes der Pilzstiel scharf sein soll. Also:
Die Umstellung der Linsenformel nach b ergibt
b = fg/g-f
Jetzt kommt der Knackpunkt, nämlich die Ableitung der Bildweite nach der Objektweite.
Man erhält (Zwischenschritte lasse ich hier mal weg)
db/dg = - (f/g-f)quadrat;
tatsächlich spielt die Brennweite hier eine Rolle. Aber lt. Linsenformel gilt ja (wie coco richtig anmerkte):
f = gb/g+b.
Ersetzt man also in der Ableitung die Brennweite durch ihre Größe gb/g+b, ergibt sich:
db/dg = b/g quadrat; Da aber b/g der Abbildungsmaßstab m ist, gilt also
db/dg = m quadrat
Schlußfolgerung: je größer der Abbildungsmaßstab ist, um so mehr (und zwar im Quadrat) muß bei Änderung der Objektweite nachfokussiert werden, denn um so kleiner ist die Tiefenschärfe. Ungekehrt gilt das ebenso.
Solange Du mir keinen gedanklichen oder rechnerischen Fehler in meiner Betrachtung nachweist, der mich zur falschen Schlußfolgerung führt, bin ich unbelehrbar. Falls Du es aber schaffs, schicke ich Dir zum Dank 3 Flaschen guten Rotweins.
Lieben Gruß - Eckhard
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