Hallo, Frühjahrsfreunde,

ich habe mir gerade noch mal den gesamten Text zu Gemüte geführt und irgendwie das Gefühl, dass man die Fakten noch mal zusammenfassen sollte. Hier ein Versuch (Genaueres in Z. Mykol. 59-2,1993: 202-203):

Neben dem normalen Stockschwämmchen (Kuehneromyces oder Pholiota mutabilis), das von April an bis in den Spätherbst wachsen kann, gibt es eine wesentlich seltenere Art, die heute als K. (oder Ph.) lignicola bezeichnet wird. Für diese Art gibt es noch 2 relativ verbreitete Synonyme, nämlich K. vernalis und K. myriadophylla (so z. B. bei Ryman/Holmasen, "Pilze"; Moser,5. Aufl. 1983).

Der Name "Agaricus vernalis", von der der unglückliche deutsche Name "Frühjahrs-Stockschwämmchen abgeleitet ist, stammt von Peck aus Nordamerika (1872). Obwohl er der älteste Name für die Art ist, kann er nicht verwendet werden, weil Bolton schon 1788 eine andere Art so genannt hat. Peck hat unseren Pilz aber auch noch ein zweites Mal beschrieben, und zwar als Agaricus lignicola. Daher die neue Kombination K. lignicola (Peck) Redhead.

Wir (J. Christan, O. Gruber und ich) konnten 1990-1993 jeweils zwischen April und November Massenvorkommen von K. lignicola auf einer Sägemehldeponie beobachten. Anfangs dachten wir an einen Häubling (Galerina), aber die kleinen, glatten Sporen (6-7 x 3-4,5) schlossen das aus. Zu einer Ringbildung kam es bei unseren Funden nur ganz selten, obwohl am Hutrand oft Velumreste erkennbar waren. Auffallend waren die glatten Stiele. Da die Erscheinungszeit völlig identisch war mit der von K. mutabilis haben wir damals den deutschen Namen "Glattstieliges Stockschwämmchen" vorgeschlagen.

Ich weiß nicht, ob schon mal jemand K. lignicola gegessen hat (von uns jedenfalls niemand). Die Ähnlichkeit mit gefährlichen oder suspekten Galerina-Arten ist extrem hoch. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich hinter Fundmeldungen von Gifthäublingen des öfteren Glattstielige Stockschwämmchen verbergen, denn wer mikroskopiert denn schon jeden etwas abweichenden Galerina-Fund?

Alles Gute
Till