Nachtrag Erfurter Pilztreffen: Laufkäfer-Kernkeule
Aufgrund des großen Interesses für diese ungewöhnliche Pilzart sende ich hier meinen Arbeitsbericht zur Laufkäfer-Kernkeule:
Name heutzutage, seit dem Jahr 2007:
Ophiocordyceps entomorrhiza (Dicks. : Fr.) G.H. Sung, J.M. Sung, J.M. Sung, Hywel-Jones & Spatafora
[= Cordyceps entomorrhiza (Dicks. : Fr.) Fr.; = Cordyceps cinerea (Tul. & C. Tul.) Sacc.]
und ihr Parasit Polycephalomyces ramosus (Peck) Mains
Fund: Holger Magdanz, 12.07.09, auf toter Larve eines Laufkäfers, diese auf dem Waldboden eines Kalk-Laubwaldes, bei Gügleben (Thüringen), MTB 5132/2; Herbar B. Oertel, Alfter, Nr. 12070901 [an den Stielen dieser Fruchtkörper befanden sich seitlich die weißen kopfigen Fruchtkörperchen des Parasiten Polycephalomyces ramosus (Peck) Mains („Pilz auf Pilz“), siehe unten]
Eigene Beschreibung:
Kopf subglobos, 5.5 mm hoch und 4 mm breit; deutlich vom Stiel abgesetzt; Grundfarbe cremefarben und mit graubraunen Perithecien-Höfen; Gesamteindruck folglich bräunlichgrau; Perithecien stark hervorgehoben, Oberfläche des Kopfes daher sehr warzig erscheinend; aus den Ostiola treten jeweils einzelne weiße Fäden aus
St. 90 mm lang/ 1-1,2 mm dick; schwarz, oben jedoch hellgrau
Asci am frischen Pilz ca. 5,5 µm dick; am Apex mit einem Gattungs-typischen leeren Raum mit einer feinen Struktur in der Mitte (s. Foto)
Ascosporen nach der Fragmentierung mehr oder weniger schlank-zylindrisch bzw. stäbchenförmig, oder mit ganz leicht dünner werdenden Enden; einzellig; am frischen Pilz in der Nähe an den beiden Sporen-Element-Enden exakt mit je einem deutlichen Öltropfen (gut zu sehen bei schiefer Beleuchtung oder im DIC; s. DIC-Fotos und http://de.wikipedia.org/wiki/Differentialinterferenzkontrast); Größe der Einzelelemente nach der Fragmentierung 6,8-8,7/1,2-1,7 µm
Parasit: Im unteren Bereich des Stieles fanden sich weißliche Seitenästchen mit kleinen Köpfen (diese waren bei Ankunft zuhause schon abgefallen und verlorengegangen): Laut Literatur (s. unten) sind das die kopfigen Fruchtkörper des Hyperparasiten Polycephalomyces ramosus (Peck) Mains.
Larve: 24/4,5 mm, mit 6 Beinen und am Ende mit zwei kleinen Fortsätzen; der Pilz entspringt dem Kopf.
Ich komme also zum gleichen Ergebnis wie Lothar Krieglsteiner.
Die Gattungen Cordyceps, Elaphocordyceps, Metacordyceps und Ophiocordyceps weisen zusammen ca. 15-20 Arten in Mitteleuropa auf (ehemalige Gattung Cordyceps); diese Artenzahl wird oft völlig falsch wiedergegeben bzw. unterschätzt.
Lit.: Ghyselinck, D., Les Cordyceps de Belgique, in: http://home.scarlet.be/daniel.ghyselinck3/Cordyceps.htm
Hansen & Knudsen (2000), Nordic Macromycetes, Band 1, 233
Kobayasi, Y. (1941), The genus Cordyceps and ist allies, Tokyo Bunrika Daigaku, Sect. B, Band 5, 53-260 (S. 173)
Mains (1958), Mycologia 50, 212
Munk (1957), S. 78, als Cordyceps cinerea (Beschreibung völlig unzureichend)
Petch, T. (1938), British Hypocreales, Trans. Brit. Mycol. Soc. 21, 297
Winter (1887), S. 149, als Cordyceps cinerea http://bibdigital.rjb.csic.es/spa/Libro.php?Libro=988
Abb. zu entomorrhiza:
Enderle (2004), 107
Ryman/Holmasen 662
Bull. trim. Soc. Mycol. France 119(1/2), 128-129, 2003
ferner diverse Abb. im Internet in „Bilder-Google“ unter Cordyceps entomorrhiza
Ergänzungen aus der Literatur:
Nach Eckblad (1967), Nytt Mag. Bot. 14, 73, 1967 findet sich der Pilz möglicherweise nur in Kalkgegenden, was die relativ wenigen Funde in Mitteleuropa erklären würde; Wachstum von Juli bis September (nach Ghyselinck Juni bis Oktober), und der Laufkäfer ist im allg. Carabus nemoralis Müll. [s. Bilder-Google http://images.google.de/ und speziell dort das absolut passende Bild der Larve von Carabus nemoralis http://ftp.funet.fi/pub/sci/bio/life/insecta/coleoptera/carabidae/carabinae/carabus/nemoralis-3lU.jpg]
Sowohl Larven als auch Imagines (adulte Stadien) werden von der Ophiocordyceps befallen; in der Lit. werden aber noch weitere Laufkäfer-Arten genannt. Nach Ghyselinck werden die lebenden Tiere von den Ascosporen (oder Konidien der Nebenfruchtform) befallen und dann nach einigen Tagen vom Pilz getötet. Erst bei geeigneten Wetterbedingungen bilden sich später die Fruchtkörper der Hauptfruchtform oder der Nebenfruchtform (s. unten).
Der Pilz wird immer mal wieder von einem Hyphomyceten parasitisert (Hyperparasit, d.h. Pilz auf Pilz): Polycephalomyces ramosus (Peck) Mains
Lit. und Abb.: Seifert (1985), A monograph of Stilbella, Stud. Mycol. 27, 172 [online im Internet: http://www.cbs.knaw.nl/publications/27/fulltext/ und dann search „Polycephalomyces“ und dann „Polycephalomyces Y. Kobayasi“]; Abb.: Siehe auch Mycobank, http://www.mycobank.org/MycoTaxo.aspx]. Dieser Hyphomycet bildet zwei verschiedene Konidientypen aus.
Schöne Abb. zur Gattung siehe ferner bei Bilder-Google unter Polycephalomyces, z.B. http://www.nahuby.sk/images/fotosutaz/2008/12/24/martin_burian_141076.jpg oder http://blog-imgs-26.fc2.com/i/g/n/ignatius/kame80801fs.jpg
In Thüringen nicht beobachtet:
Nebenfruchtform (Anamorphe): Hirsutella eleutheratorum (Nees : Fr.) Petch
Lit.: Kobayasi, Y. (1941), The genus Cordyceps and ist allies, Tokyo Bunrika Daigaku, Sect. B, Band 5, 53-260 (S. 173)
Lindau (1922), Die mikroskopischen Pilze, Band 2(2), S. 246
Petch (1933), Notes on entomogenous fungi, Trans. Brit. Mycol. Soc. 18, 48-75
Die Anamorphe entspringt nicht den Pilzfruchtkörpern der Hauptfruchtform (Teleomorphe), sondern sie wächst direkt auf den Käfern oder Käferlarven; außerdem bildet sie nur winzige Säulchen-Fruchtkörper ohne Kopf.
Bernd Oertel, 15.07.2009
Ascus oberer Teil
Ascosporen im DIC
