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Pilze Pilze Forum Archiv 2009

Re: Morcheln = Pionierpilze?

Geschrieben von: Andreas
Datum: 21. Januar 2009, 20:46 Uhr

Antwort auf: Morcheln = Pionierpilze? (seb)

: Hallo Ingo,

: jetzt bin ich doch nicht ins Bett sondern hängen geblieben. *hehe*

: Ich hab mal gelesen, dass Morcheln in Nordamerika auf Brandflächen gesammelt
: werden. Da hab ich mir eine Theorie zusammengedacht, dass RiMuMos zwar
: keine Brandstelle besiedeln, dass der Rindenmulch aber ein hochgestörtes
: Biotop darstellt.
: Im zweiten Jahr finde ich fast keine RiMuMos an der selben Stelle.

: Genauso hab ich schon Käppchen-Morcheln in ufernähe gefunden. Schwemmsande
: inder winterlichen Überschwemmungszone. Und wieder haben wir einen
: gestörtes Biotop.
: Dazu kommen Morchelbilder auf Waldwegen und zwischen Gartenplatten ...

: Ergo: Morcheln sind Pionierpilze die oft auf gestörten Standorten
: vorkommen???

: Gruss
: Seb

Hallo,

könnte man meinen, dem ist aber nicht so. Morcheln sind oft sehr standorttreu, solange das Biotop ihnen gleichbleibend das bietet was sie brauchen.

Und was sie brauchen ist eigentlich auch ganz gut erforscht, nämlich bestimmte Zucker, die von Bäumen über die Wurzeln in den Boden ausgeschieden werden. Also keine Mykorrhiza, denn die Pilzwurzeln verbinden sich ja nicht mit den Baumwurzeln und es ist auch keine Symbiose, denn die Morchel gibt ja nix ab was der Baum verwenden könnte.

Diese Zuckerverbindungen werden von bestimmten Baumarten im besonderen Maße abgegeben, daher findet man die Speisemorchel in erster Linie bei Eschen und Rosengewächsen (Steinobst, Schlehe, Weißdorn), nie dagegen bei Buchen weil letztere keine solchen Zucker abgeben. Die Spitzmorchel benötigt dagegen andere Zuckerverbindungen, die von Nadelbäumen abgegeben werden. Daher trifft man die vor allem unter Tanne oder Kiefer, aber auch unter Fichte an. Und daher gibt es sie auch in besonderem Maße und besonders üppig auf Rindenschrot, denn diese zerkleinerte Nadelbaumrinde gibt ofensichtlich diese Verbindungen in besonders starkem Maße ab. Natürlich nur eine gewisse Zeit, während der lebende Baum sein Leben lang diese Zucker abgibt (und damit standorttreue Morchelbiotope bildet).
Ich kenne Gebiete am Rhein, da hat schon HAAS und SCHWÖBEL in den 50er Jahren Speisemorcheln gesammelt, ebenso Wälder am Schwarzwald-Ostrand, die HAAS ebenfalls schon ab den 50er Jahren besammelt hat - und es gibt sie auch heute noch dort. Also kein Gedanke an Pionierpilz.

Auwald auf Schwemmsand ist zwar richtig, aber meiner Erfahrung nach sind es meist Biotope, die nicht regelmäßig überflutet werden und auch nie lange. Also ein normales Morchelhabitat, dass bisweilen mal ein Frühjahrshochwasser abkriegt. Morcheln auf Brandstellen ist ebenfalls richtig, das kommt gelegentlich vor. In den geschilderten Fällen in Nordamerika handelte es sich aber um großflächige Waldbrände. Bei denen wird der Boden meist gar nicht soo sehr heiß und oft bleiben auch die größeren Bäume stehen. Nur die Streu und das Unterholz verbrennen, so wie man an Straßenböschungen früher oft das Gras abgeflämt hat. Nach solchen "kalten" Waldbränden entwickelt sich auch keine Brandpilzflora, denn dazu muss der Boden richtig durchglühen. Ebenfalls entwickelt sich im Bereich der Blütenpflanzen zwar eine besondere Flora, aber eben keine typische Brandstellenentwicklung mit Pioniermoosen und erst später Besiedlung durch Blütenpflanzen, sondern eine direkte Blütenpflanzenflora.

Wer versuchen will, RiMuMos daheim zu bekommen, der muss Rindenmulch ausstreuen, vorzugsweise auf basenreichem Boden (zu sauer scheint die Zuckerverbindungen entweder unzugänglich zu machen oder umzuwandeln), und zwar sollte der Mulch im Herbst ausgelegt werden. Beimpfen mit Morchelsuspension scheint mir zwecklos, denn entweder die Morchel ist schon von vornherein im Mulch drin (was angenommen wird, denn die Nebenfruchtform der Morchel soll wohl nahezu überall aus Rinde zu isolieren zu sein), oder es wird nüscht.

beste Grüße,
Andreas

Beiträge in diesem Thread

Brandstellenpilze-Theorie-Frage -- Violet -- 18. Januar 2009, 17:57 Uhr
Re: Brandstellenpilze-Theorie-Frage -- Andreas -- 18. Januar 2009, 18:10 Uhr
Re: Brandstellenpilze-Theorie-Frage -- Violet -- 18. Januar 2009, 18:27 Uhr
Re: Brandstellenpilze-Theorie-Frage -- Ingo Wagner -- 18. Januar 2009, 18:19 Uhr
Re: Brandstellenpilze-Theorie-Frage -- Violet -- 18. Januar 2009, 18:32 Uhr
Morcheln = Pionierpilze? -- seb -- 20. Januar 2009, 23:21 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Mycelio -- 21. Januar 2009, 01:54 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Violet -- 21. Januar 2009, 19:29 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Mycelio -- 21. Januar 2009, 20:10 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Violet -- 21. Januar 2009, 20:20 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Mycelio -- 21. Januar 2009, 21:24 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Andreas -- 21. Januar 2009, 20:46 Uhr
Nebenfruchtform -- rudi -- 21. Januar 2009, 21:38 Uhr
Re: Nebenfruchtform -- Andreas -- 22. Januar 2009, 00:51 Uhr
Re: Nebenfruchtform -- Mycelio -- 22. Januar 2009, 02:01 Uhr
Re: Nebenfruchtform -- Andreas -- 22. Januar 2009, 07:04 Uhr
Re: Nebenfruchtform -- Mycelio -- 22. Januar 2009, 14:25 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- seb -- 21. Januar 2009, 23:22 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Andreas -- 22. Januar 2009, 00:58 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Mycelio -- 22. Januar 2009, 02:26 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? -- Andreas -- 22. Januar 2009, 07:00 Uhr
Re: Morcheln = Pionierpilze? Plzpatent: Bekloppt! -- seb -- 22. Januar 2009, 22:09 Uhr
nicht vorschnell urteilen... -- Mycelio -- 23. Januar 2009, 11:26 Uhr

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