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Pilze Pilze Forum Archiv 2009
Re: Nachtrag Wissenschaftlichkeit
Geschrieben von: Stephan Weißer Antwort auf: Nachtrag Wissenschaftlichkeit (Violet)
Datum: 24. März 2009, 10:49 Uhr
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Hallo Violet! Man darf natürlich nicht erwarten, dass man nun gleich zum "Großen Pilzbestimmer" wird, wenn man sich mit umfangreichem, elaboriertem Hilfsgerät und teurer fachwissenschaftlicher Literatur ausstattet. Wer einmal an einem mikroskopischen Pilzbestimmungsseminar teilgenommen hat, weiß vermutlich wovon ich rede. Da wird schon einmal nach mehrstündigem Mikroskopieren auf einem 1000-Euro-Gerät ein orangehütiger Täubling, der auf Sulfovanillin nicht blaugrau reagiert, als Russula lepida bezeichnet. Oder ein geruchloser falbbräunlicher Trichterling geht als Clitocybe fragrans durch. Dass auch das Bestimmen nach mikroskopischen Merkmalen verblüffend schwierig ist und langjährige Erfahrung und regelmäßige Übung erfordert, kann der erahnen, der erstmals versucht hat, ein geeignetes Mikropräparat anzufertigen (der Punkt, an dem es zumindest bei mir oft scheitert). Dann kommen noch die typischen Interpretationsprobleme dazu, die man hat, wenn man alleine vor einem Mikrobild sitzt, das man in dieser Form noch nie gesehen hat. Zu erahnen, wie etwas auszusehen hat, wenn man das Ganze nur aus der Literatur kennt, ist wahrscheinlich genau so schwierig, wie einen persönlichen Erstfund eines Pilzes einzuordnen, von dem man nur Literaturbeschreibungen und ein Aquarell kennt. Dazu stellt sich immer wieder die Frage: welche Ambitionen und Zielvorstellungen habe ich? Alle in Deutschland vertretenen Pilzarten mikro- und makroskopisch auswendig zu kennen, ist sicherlich utopisch. Selbst die besten Pilzkenner haben ihre "Heim-Gattungen" und ihre "Blinden Flecken". Daher ist es absolut legitim zu sagen: bei der und der Gattung reicht mir es, wenn ich weiß, dass es ein Trichterling (oder Gabeltrichterling oder Scheintrichterling) "spec." ist. Überhaupt ist bei manchen unauffälligen Gattungen die Taxonomie überhaupt noch nicht hinreichend geklärt. Befasst man sich als Anfänger nun mit solchen Gattungen, stellt sich zumeist dass Problem, dass man bei der Bestimmungsarbeit auch mit perfektem Hilfsgerät nicht weiterkommt, weil z. B. geeignete Literatur oder ein wirklich praktikabler Bestimmungsschlüssel fehlt. Freundliche Grüße
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