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Pilze Pilze Forum Archiv 2009

Re: Melzers vers. Lugol, bzw. generell dazu...

Geschrieben von: Andreas
Datum: 30. November 2009, 09:30 Uhr

Antwort auf: Melzers vers. Lugol, bzw. generell dazu... (harald andres schmid)

Hallo Harald,

: Das ist jetzt spannend.
: Im Kurs bei Walter Pätzold habe ich diese Diskussion das erste Mal miterlebt.
: Ich war sehr überrascht.
: In der Schweiz wird nach meiner bisherigen Erfahrung
: bevorzugt Melzers verwendet.

Sicherlich nicht von denen, die sich speziell den Inoperculaten widmen.

: Wenn ich richtig informiert bin, wurden auch in "Pilze der Schweiz"
: die Analysen auch mit Melzers erstellt.
: Was nun?
: Was heißt in der Praxis "falsche Resultate"?
: Wenn ich einen Schlüssel anwende, wäre ja der Idealfall,
: dass der Schreiber des Schlüssels gleich "vorgegangen" ist, wie
: ich.
: Dann können wir uns in den Ergebnissen treffen, bzw.
: der Schlüssel "funktioniert", unabhängig davon, ob das Resultat
: "faktisch falsch" ist oder nicht.

Ja nun, dann "musst" Du natürlich auch Melzers verwenden, wenn Du Deine Kollektion mit PdS bestimmen willst. Sonst kriegst Du zwar korrekt ermittelte, aber (für diesen Schlüssel) falsche Ergebnisse.
Ich will keinesfalls PdS schlecht reden. Aber immerhin ist es mittlerweile auch schon fast 30 Jahre alt. Bestimmst Du heute noch mit dem MOSER? Bestimmt hin und wieder, aber bist Du überrascht zu hören, dass es in der Gattung x oder y heute andere, bessere Schlüssel/Bearbeitungen und auch Methoden gibt? Wohl nicht. Warum sollte das bei den Ascomyceten anders sein?

: Wenn ich nun - in einem angenommenen Extremfall - bei "Pilze der
: Schweiz"
: Lugol statt Melzers verwende, und die Ergebnisse dazu führen,
: dass der Schlüssel nicht mehr funktioniert,
: ist es mir eigentlich egal, ob das faktisch "falsche Resultate"
: sind,
: ich kann schlicht nicht mehr schlüsseln.

So schätze ich Dich nicht wirklich ein, dass Dir das egal ist. Schlüssel und Bearbeitungen veralten, das ist nunmal so. Warum an überholtem kleben, wenn es besseres gibt? Es ist mir natürlich klar, dass man nicht in allen Gebiten auf dem Laufenden bleiben kann. Aber dann darf man nicht den bösen Neubearbeitern die Schuld geben, sondern muss sich halt damit begnügen, dass man manches rauskriegt, bei manch anderem allerdings korrigiert werden wird.

: Anders aufgezäumt: Ich finde es etwas schwierig, wenn die Tendenz allenfalls
: dahin geht,
: von "richtigen" Annahmen auszugehen, die man als Normalsterblicher
: nicht
: nachvollziegehen kann.
: Beispiel: Gattung Xerocomus: "Sporen fein längsgestreift".
: Nur unter dem Rasterelektronenmikroskop zu sehen.
: Was nützt mir das?
: Sicher eine bahnbrechende "Wahrheit" in der Mykologie.
: Ich habe aber kein Rasterelektronenmikroskop.

Mit guter Optik ist die Streifung durchaus auch am Lichtmikroskop zu sehen. Oder wegen mir zu "erahnen". Und selbst wenn nicht, es ist ein Merkmal. Ob man es in einem Schlüssel verwenden sollte, den in erster Linie Leute benutzen, die das nie sehen können, ist natürlich fraglich.

: Da wünsche ich mir, dass die Schreiber der Schlüssel der Zukunft
: sich hoffentlich nicht an die "Wahrheit" halten, sondern an das
: was "Lang-Dumpf-Harald" auch mit seinen beschränkten Mitteln
: nachzuvolziehen
: in der Lage ist, auch wenn das faktisch, bezogen auf die jeweiligen Sporen
: "falsch" ist.
: Sonst wird es irgendwann Schlüssel geben, die "wahr" sind,
: aber keinem mehr etwas nützen.
: Was meint Ihr dazu?

Meine Meinung ist, dass monographische Bearbeitungen in erster Linie der Kenntnis über die jeweilige Artengruppe dienen soll. Die praktische Anwendbarkeit ist hierbei erst Mal nebensächlich und wird sowieso von jedem anders beurteilt. Beispiel: ARNOLD schlüsselt seine Telamonien über die Fluoreszenz des alkoholischen Auszugs unter UV-Licht. Das gibt sehr interessante Resultate bzgl. der Gruppierung bestimmter Arten. Solche Merkmale halten viele für "nicht nachvollziehbar". Aber letztlich kann sich jeder eine entsprechende UV-Lampe besorgen und alkoholische Auszüge sind auch nicht wirklich das Problem. Wenn man denn so tief einsteigen möchte. Die meisten möchten nicht. Kann ich verstehen, aber dann bitte nicht über den Bearbeiter der Gruppe stöhnen, sondern ehrlich sagen "das ist mir zu viel, da geh ich nicht mehr mit".

Natürlich ist es wünschenswert, dass entsprechend praktikable Schlüssel zur Verfügung stehen. Alerdings muss auch klar sein: Mit je weniger Aufwand die Schlüssel versehen sein sollen, desto unsicherer werden sie. Desto mehr Arten werden nicht schlüsselbar sein oder unklar abgegrenzt. Schon die Hürde Mikroskop verdeutlicht das ja. Klar gibt es Schlüssel ohne Mikromerkmale. Aber wie "gut" sind die? Bei Röhrlingen sicher besser als bei Mollisia.

PdS-Ascomyceten ist ein guter Einstieg in das Thema - mehr aber nicht. Empfehlenswert ja, aber irgendwann wächst man drüber hinaus. Wer inoperculate Ascos machen will, der wird nicht um Zottos Bearbeitungen und Arbeitsmethodiken herumkommen. Und wird wieder vor dem selben Problem stehen: Hier Vitaltaxonomie mit bestimmten Merkmalen, die wichtig sind, aber in der bisherigen Literatur kaum beschrieben sind - dort die herkömmliche Taxonomie mit entsprechend reichhaltiger Literatur, die aber auf Vitalbearbeitung nur begrenzt anwendbar ist. Anstrengend, klar! Muss man ja auch nicht mitmachen. Wie beim Sport ;-))

beste Grüße,
Andreas

beste Grüße,
Andreas

Beiträge in diesem Thread

Weiß Gelb und Braun -- Harzpilzchen -- 29. November 2009, 21:11 Uhr
Re: Weiß Gelb und Braun -- Andreas -- 29. November 2009, 21:23 Uhr
Re: Weiß Gelb und Braun -- Harzpilzchen -- 29. November 2009, 21:31 Uhr
Re: Weiß Gelb und Braun -- Andreas -- 29. November 2009, 21:59 Uhr
Melzers vers. Lugol, bzw. generell dazu... -- harald andres schmid -- 30. November 2009, 00:59 Uhr
Re: Melzers vers. Lugol, bzw. generell dazu... -- Ingo Wagner -- 30. November 2009, 01:19 Uhr
Re: Melzers vers. Lugol, bzw. generell dazu... -- Andreas -- 30. November 2009, 09:30 Uhr
Re: Melzers vers. Lugol, bzw. generell dazu... -- harald andres schmid -- 30. November 2009, 11:12 Uhr
Re: Melzers vers. Lugol, bzw. generell dazu... -- Gernot -- 30. November 2009, 14:27 Uhr
Re: Weiß Gelb und Braun -- Ingo Wagner -- 30. November 2009, 01:01 Uhr
Re: Weiß Gelb und Braun -- Werner E. -- 29. November 2009, 21:41 Uhr
Re: Weiß Gelb und Braun -- Peter S. -- 29. November 2009, 22:07 Uhr
Re: Weiß Gelb und Braun -- Harzpilzchen -- 29. November 2009, 22:16 Uhr

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