Hallo in die Runde,

auf einem meiner vielen Ausflüge quer durch NRW gab es einen kleinen, rein optisch als Octospora oder Lamprospora anzusprechenden Becherling, der in einem von mir noch nicht wirklich bestimmten Moos wuchs. Eines konnte ich mit Sicherheit vorhersagen: Die kleinen Apothezien passten nicht zur sonst üblichen Octospora humosa, einem häufigen Moosbecherling bei Polytrichum, Sternmoos.

Also einfach eingepackt und zuhause ging dann wie fast jeden abend eine 2-3stündige "Mikroskopiertortur" los, darunter, und das hat mich wie jedes mal am meisten fasziniert, eben auch diese kleine bodenbewohnende Pyronemataceae.

Wie dem auch sei, der erste Blick unters Mikroskop offenbarte nichts besonderes, aber auf dem zweiten Blick wurde mir bewusst, dass die Sporenschläuche gar nicht 8 Sporen enthielten, wie sonst ja üblich oder zumindest "Standard", sondern nur 4! Sollte dies etwa die Art mit dem widersprüchlichen Namen "Octospora tetraspora" sein? Also direkt nachgeschaut und gesehen: NEIN, es ist nicht O. tetraspora. Denn die breitelliptischen Sporen mit dem deutlichen Ornament passten zu dieser Art nicht. Nur ein Blick in den Schlüssel von "Atlante Fotografico degli Ascomiceti d'Italia" von Medardi (siehe Literaturhinweise), und schon war hier alles klar: Das Sporenornament, die Sporenform sowie die Eigenschaft der Sporenschläuche, im jungen Zustand doch 8 Sporen auszubilden, letztlich aber nur 4 reifen zu lassen, ließ nur einen Schluss zu: Octospora phagospora. Schon wieder so ein Wortspiel, welches im Grunde genommen soviel heißt wie "sporenfressender Achtsporer". Naja, ALLE Sporen frisst er ja nicht, zumal er sich ja sozusagen ins eigene Fleisch schneidet ^^

Genug geredet, ich stelle die Art kurz in Wort und Bild vor, natürlich wie immer mit den Bemerkungen und Hinweisen zur Bestimmung und zum Selbersuchen :)

Octospora phagospora

Octospora phagospora, Mikromerkmale

Beschreibung:
Fk. bestehend aus einem stiellosen Apothezium, dieses regelmäßig kreisrund linsenförmig, d.h. mit etwas konvexer Fruchtschicht (=Hymenium), blass orangebräunlich, gelborange mit etwas blasserem Rand, 0,5-1,5 mm breit.
Sporen 15-16,5 x 10,5-12 µm, breitelliptisch mit abgerundeten Enden, hyalin, mit einem großen Tropfen und manchmal einigen wesentlich kleineren; Ornament deutlich isoliert warzig, nur selten Warzen vereinzelt verbunden, bis etwa 0,6 µm abstehend, manchmal an den Polen deutlicher.
Asci zunächst achtsporig, mit uniseriaten, glatten und mit einem kleinen Tropfen versehenen Sporen, wobei jedoch nur 4 Sporen reifen, während das "Material" der übrigen Sporen offenbar zerlegt wird (Investition in die 4 anderen Sporen?), reifer Ascus regelmäßig mit 4 Sporen, diese uniseriat.
Paraphysen deutlich und massig vorhanden, die Asci überragend und dabei zur Seite gekrümmt, hyalin mit vielen, vor allem an der Spitze eingelagerten, lichtbrechenden Vakuolen (eine Art Öltropfen), apikal etwas dicker werdend, septiert.
Haare keine gefunden.

Fundort: Offermannsheide bei Kürten, Bergisches Land, ca. 130m über NN, an einem von Traktorspuren überzogenen, etwas lichten Wegrand, zwischen diversen Moosarten und in Gesellschaft einer Scutellinia (aufgrund von Unreife noch nicht bestimmt), gesellig wachsend, 9.X.2010

Bemerkungen: Diese eher seltene Octospora-Art ist bestimmbar durch die seltsame Eigenschaft, nur 4 Sporen reifen zu lassen, sodass reife Asci regelmäßig 4sporig sind. Dazu kommt das Sporenornament, in der Gattung Octospora nicht ganz so gewöhnlich, da die meisten anderen Arten glatte Sporen aufweisen. Nicht zuletzt sollte hier auch immer die Sporengröße sowie die Form der Paraphysen betrachtet werden. Das Wirtsmoos ist für die Bestimmung vieler bryophiler Pilzarten überaus relevant. Da ich mich mit Moosen eher kaum auskenne, überlasse ich den Moosspezialisten gerne das Feld ^^

LG, Kazuya