Hallo Juergen,
die Originalbeschreibung (Niessl, Beit. z. Kennt. Pilz. Brün. 1872: 35)habe ich nicht. Ich habe mehrere Beschreibungen (Arx & Müller), aber keine Zeit die jetzt einzuscannen. Hier mal eine Umschreibung von Höhnel, vielleicht hilft dir das weiter. Gruß Peter
106. Über Rosellinia Niesslii Auersw.
Von dieser, wie es scheint, seltenen Art wird von Niessl (Beiträge zur Kenntnis der Pilze, Brunn, 1872, p. 35) und nach ihm in den Handbüchern angegeben, daß die Perithecien oberflächlich entstehen. Dies ist auch tatsächlich oft der Fall. Man findet sie so nicht nur an der natürlichen Außenseite des Holzkörpers, sondern auch an Bruch- und Spaltstellen desselben, ja sogar am Marke der Zweige aufsitzen. Allein dies kommt auch bei anderen normalerweise eingesenkt-hervorbrechend wachsenden Pyrenomyceten vor, z. B. gerade auch bei der auf demselben Substrate — Berberis-Zweige — so häufigen Cucurhitaria Berheridis. Wenn von solchen Pilzen befallene Zweige längere Zeit bei genügender Feuchtigkeit am Boden liegen, erhält sich der normalerweise sonst absterbende Pilz am Leben, wächst weiter und bricht dann, Perithecien bildend,oft am nackten Holze oder Marke hervor, wo er dann ganz oberflächlich erscheint. Tatsächlich sind aber solche Pilze doch normalerweise eingewachsen.
Dasselbe ist nun auch hei Rosellinia Niesslii Auersw. Der Fall. An einem instruktiven, bei Seitenstetten in Niederösterreich gesammelten Exemplare dieser Art konnte mit Sicherheit festgestellt werden, daß der Pilz kein Saprophyt ist, wie nach den bisherigen Angaben wohl anzunehmen war, sondern ein Parasit, der sich normal unter dem Peridium der Zweige entwickelt und, wenn dieses festhaftet, durch Spalten in demselben hervorbricht. Bekanntlich wird aber bei Berberis das tief in der Rinde entstehende Periderm leicht und frühzeitig abgeworfen; dies ist ganz besonders dann der Fall, wenn der Zweig von einem Schmarotzerpilze befallen ist. Nach Abfall des Periderms erscheinen dann die Perithecien oberflächlich, während sie tatsächlich eingewachsen-hervorbrechend sind.
Daraus geht aber mit Sicherheit hervor, daß der Pilz nicht in die Gattung Rosellinia gehört, zu welcher er bisher ganz allgemein gestellt wurde. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wohin er eigentlich im System der Pyrenomyceten zu stellen ist. Da sind es nun drei Eigenschaften desselben, die in Berücksichtigung gezogen werden müssen. Erstens: An der Basis der Perithecien befindet sich ein mehr weniger deutliches Basalstroma. Zweitens:
Die Perithecienmembran ist fast fleischig und ursprünglich lebhaft kirschrot, sie wird erst später rotbraun oder dunkler.Drittens: Besonders an der Mündung finden sich zahlreiche kurze, steife, schwarzbraune Borsten. Da der Pilz infolge seiner anfänglich roten, fast fleischigen Perithecien offenbar eine Art Mittelstellung zwischen den Hypocreaceen und Sphaeriaceen einnimmt, so müssen seine nächst verwandten Gattungen in beiden diesen Abteilungen gesucht werden. Unter den Hypocreaceen ist er offenbar am nächsten mit Sphaeroderma verwandt, eine Gattung, von der er sich nur durch die ursprünglich eingewachsenen Perithecien unterscheidet, während unter den Sphaeriaceen die beiden
Gattungen Anthostomea und Anfhostoma in Betracht kommen. Von beiden unterscheidet er sich aber durch die Beborstung der Perithecien. Als Anthostoma kann er überdies nicht wohl aufgefaßt werden, da das Stroma doch zu undeutlich und nur als Basalstroma entwickelt ist. Alles ins Auge gefaßt, ist Sordaria Niesslii doch am nächsten mit Sphaeroderma verwandt,wo auch beborstete Arten vorkommen und deren Perithecienmembran häufig nichts weniger als typisch hypocreaceenartig entwickelt ist. Da aber sämtliche Sphaeroderma-Arten ganz oberflächliche Perithecien besitzen, kann er nicht in diese Gattung gestellt werden und wird daher am besten in eine neue zu versetzen sein, für die ich den Namen Sphaerodermella in Vorschlag bringe.
Der Pilz wird demnach Sphaerodermella Niesslii (Auersw.) v. H. zu nennen sein.
Sphaerodermella unterscheidet sich von Sphaeroderma wesentlich nur durch die ursprünglich normalerweise ganz eingewachsenen Perithecien.